Schramberg. Das griechische Verb „kulindeisthai“ hat der deutsch-portugiesische Künstler Boris Ferreira als Motto für seine Ausstellung im Schramberger Schloss gewählt: „hin und her rollen“, oder „sich herumtreiben“. Der Philosoph Platon verwendete das Wort verschiedentlich.
Der Bezug zu Platon kommt nicht von ungefähr: Ferreira ist promovierter Philosoph. Er ist in Heidelberg aufgewachsen, als Jugendlicher mit den Eltern nach Portugal gezogen und 1991 zum Studium zurückgekehrt. Schon als Jugendlicher habe er in Portugal Malunterricht genommen. „Ich habe zwei Sachen parallel gemacht.“
Entweder oder
Später habe er gemerkt, dass die Malerei und die Philosophie doch sehr unterschiedlich sind und beides zugleich schwierig ist. So gab Ferreira die Malerei zunächst auf. Nach einem schweren Schicksalsschlag 2004 habe er dann mit der Malerei wieder begonnen. „Ich brauchte etwas, um mit dieser Aufgewühltheit umgehen zu können.“
Nach vielen Jahren in Köln zog Ferreira 2015 nach Offenburg und arbeitet seither dort. Für Schramberg hat er eigens eine Serie von zehn großformatigen Bildern geschaffen, die meisten davon werden bei Podium Kunst auch zu sehen sein. Die Bilder hätten allerdings keinen direkten Bezug zu Schramberg, schränkt der Künstler ein. Oder doch? „Naja, es ist viel Grün drin, sie sind eher dunkel…“
Das Malen hat für Ferreira auch einen selbsttherapeutischen Effekt: „Kunst ist eine gute Weise, wenn man nicht weiß, wohin mit sich selbst“, sagt er im Gespräch. Und: „Ich male besser, wenn es mir schlecht geht.“

Zwei Stufen
Bei seiner Malerei arbeitet er in zwei Stufen: Am Anfang steht ein “wild bewegter Hintergrund“. In zwei Stunden sei er damit fertig. Dann beginnt ein mehrwöchiger Prozess, in dem er aus dem Hintergrund die Form herausarbeite. Dabei orientiere er sich am abstrakten Expressionismus, Frank Kline sei ein großes Vorbild.
Es gehe ihm darum, „vor den verwirbelten Hintergrund eine zweite Ebene zu setzen, die mit dem Hintergrund in Spannung steht“. Dabei arbeite er anders als als Philosoph: „Kunst ist nicht reflektiert, es passiert.“ Er höre beim Arbeiten Musik, trinke Kaffee.
Die Suche nach einem Gleichgewicht, aber ein Bild soll auch nicht zu ausgeglichen sein: „Es ist wie ein Mobile im Wind, wie ja auch im Leben.“
Die großen Räume im Schramberger Schloss eigneten sich sehr gut für seine Bilder, weil man sie hier auch aus großem Abstand betrachten könne. Schaut man die Bilder aus der Nähe an, entdeckt man die akribische Detailarbeit und glaubt gerne, dass Ferreira im Schnitt 22 Tage für ein Bild benötigt.

Er wolle keine Eindeutigkeiten, betont Ferreira, es sei schwer, die Sachen zu greifen, wenn sie hin und her rollen. Das betrifft auch seine Zeichnungen mit dem Serientitel „Transgender a trois“: Jeweils drei kleine, mit Bleistift gezeichnete Elemente, die vor weißem Hintergrund zu schweben scheinen.
Auf eine kuriose Weise prophetisch hat der Künstler seinen Ausstellungstitel gewählt: Beim Aufbau der Ausstellung erzählte er, die Anfahrt von Offenburg nach Schramberg sei wegen einer Straßensperre bei Hornberg schwierig gewesen. Das Navi habe ihn immer wieder an die Ausgangstelle zurückgeleitet. So ist er also hin und her gerollt….
Info: Die Ausstellung von Podium Kunst ist zu sehen ab Sonntag, 5. März, bis 23. April im Schloss. Zur Vernissage am Sonntag ab 11 Uhr spricht Susanne Ramm-Weber.