In der Zeit, als es noch keinen elektrischen Strom gab, dienten die aufgewickelten Kerzenstränge, Wachsstöcke genannt, als Lichtquelle. Darüber würde man heute kaum noch sprechen, wenn sich die Wachsstöcke nicht zu einem beliebten religiösen und weltlichen Geschenk entwickelt hätten. Das Heimathaus in Tennebronn zeigt solche Wachsstöcke. Darüber berichtet Alfred Moosmann in einem Gastbeitrag für die NRWZ:

Johannes Schön aus St. Georgen sammelt die kunstvollen Objekte seit vielen Jahren und zeigte und erklärte sie am vergangenen Sonntag im Tennenbronner Heimathaus. Die Besucher konnten zudem auf Texttafeln Wissen über die zahlreichen Formen und Verziertechniken erlangen.
Licht in dunkler Jahreszeit
Gegenüber einer normalen Kerze hatte der Wachsstock wesentliche Vorteile: Man brauchte keinen Kerzenhalter, konnte ihn gut in die Tasche stecken und er hatte eine lange Brenndauer. Wachsstöcke leuchteten daheim und im Gotteshaus.

Bei den Frühmessen oder abendlichen Rosenkränzen stellte man sie auf den Betstuhl und im Schein des Kerzenlichtes war es möglich, im Gebetbuch zu lesen. In der kalten Jahreszeit konnte man zudem an der warmen Flamme die oft blaugefrorenen Finger etwas aufwärmen.
Religiöses Brauchtum in katholischen Gebieten
Maria Lichtmess, der 2. Februar, war in früheren Zeiten ein sehr bedeutungsvoller Tag. Das Fest ist seit dem 5. Jahrhundert bekannt und beschließt nach 40 Tagen die Weihnachtszeit.
Mit einer Lichterprozession wurden Wachsstöcke und Kerzen geweiht, welche die Gläubigen von der Geburt bis zum Tod als Tauf-, Kommunion-, Braut- und Sterbekerze begleiteten. Aber auch in Gefahren wurden Kerzen angezündet, zum Beispiel bei Gewitter oder Krankheit.

Liebesgabe, Glücksbringer und Souvenir
In der bäuerlichen Welt hatte Maria Lichtmess eine ganz andere Bedeutung. Die Mägde und Knechte erhielten ihren Jahreslohn und der Bauer teilte ihnen mit, ob sie weiter bei ihm arbeiten konnten. Wachsstöcke spielten dabei eine Rolle als Geschenk für gute Dienste.
So manche Magd erhielt auch vom Knecht ein Wachsstöckerl zum Dank, dass sie ihm das ganze Jahr hindurch den Strohsack aufschüttelte oder das Bett machte. Je größer die Liebe war, desto prachtvoller war der Wachsstock. Verheiratete Frauen stellten die bunt verzierten Wachsstöcke im Herrgottswinkel oder im Aussteuerschrank aus. Angezündet wurden sie nie.
Die meisten Wachsstöcke waren mit religiösen Motiven verziert und wurden auch zur Weihe auf eine Wallfahrt mitgenommen. Es gab aber auch ganz weltlichen Zierrat, zum Beispiel Ornamente und Blumen oder sogar ein Eisernes Kreuz für einen Kriegsteilnehmer.
n der Blütezeit um 1900 wurden Wachsstöcke zu allen möglichen Anlässen geschenkt, als Dank und zur Erinnerung, zur Hochzeit und Taufe oder zu Weihnachten mit Christkind verziert. Außerdem gab es Wallfahrtsandenken in der Form von Wachsstöcken. Das älteste Sammlerstück von Johannes Schön trägt die Aufschrift: “Zur Erinnerung an den 29. Juli 1872”.
Info: Die Ausstellung ist am Sonntag, den 3. Dezember im Tennenbronner Heimathaus ein zweites Mal zu sehen.