Sonntag, 10. Dezember 2023
6.5 C
Rottweil

„Schau-Spielereien“: Klaus Andreae schreibt über 35 Jahre Theaterwerkstatt

Für NRWZ.de+ Abonnenten: 

Schramberg.  Klaus Andreae, einer der Gründer der Schramberger Theaterwerkstatt hat ein Buch verfasst zur Geschichte dieser Schramberger Institution: „Schau-Spielereien“. Im Gespräch mit der NRWZ erzählt Andreae über die Geschichte der Theaterwerkstatt und ihre Bedeutung für Schramberg.

Worum geht es Ihnen in dem Buch?

Ich habe versucht, die vielen Inszenierungen Revue passieren zu lassen. Im Buch finden sich viele Bilder, weil ich denke, Theater sind Bilder. Mein Anliegen war es einfach, die Geschichte einer verrückten Truppe zu erzählen. Am Anfang waren wir typische Laienschauspieler. Eine Gruppe, die seit 1985 gewachsen ist und sich im Laufe dieser Zeit zu einer semiprofessionellen Truppe entwickelt hat.

Das haben Sie aus berufenem Munde?

Unser guter, leider inzwischen verstorbener, Freund Felix Huby hat das mal so ausgedrückt: ‚Ihr seid für ein Laientheater eine fast professionelle Gruppe.‘

Der Anlass für das Buch war, dass es die Theaterwerkstatt seit vielen Jahren gibt. Wie hat das damals begonnen?

Entstanden ist die Theaterwerkstatt im Freundeskreis. Wir waren bei einer Geburtstagsfeier und im Laufe des weinseligen Abends haben das Ehepaar Frommer und ich festgestellt, dass wir in Tschechisch-Deutsch reden können, das war urkomisch. Freunde haben uns gesagt: ‚Mensch, ihr müsstet sowas mal im Rahmen einer Lesung machen.‘ Und dann kam Harald Frommer auf die Idee, das mit dem ‚Heiratsantrag‘ von Tschechow zu versuchen.

Und aus der Lesung wurde Theater?

Richtig, das kam so gut an, dass alle gesagt haben, wir müssten das unbedingt spielen. Wir wollten es probieren und sind auf die Stadt zugegangen und konnten dann hier im Foyer des Schlosses vor dem Eingang vor der Haupteingangstüre spielen.

Die erste Spielstätte im Schloss…

Die Rückwand der Spielstätte bildete die schöne Eingangstür, zwei tapezierten Wände deuteten einen Raum an. Wir haben dann am gleichen Spielort noch zwei Komödien von Curt Goetz gespielt und daraus hat sich das Ganze entwickelt.

Es blieb aber nicht bei Komödien?

Schon die dritte Inszenierung war „Biedermann und die Brandstifter“. Dafür haben wir das Ganze umgedreht. Wir haben das Publikum Richtung Treppe gesetzt, die Treppe wurde überbaut. So entstand eine kleine Bühne, gespielt haben wir dann auch zwischen den beiden Säulen.

Ihr habt ja verschiedene Spielstätten gehabt außer im Schloss. Wo wart Ihr noch?

Irgendwann haben wir uns überlegt, wir brauchen einen größeren Raum, wir wollen eine Bühne haben mit Vorhang und ordentliche Bestuhlung. Michael Melvin hat mir eine Halle in der Majolika gezeigt und mit mir überlegt, ob diese geeignet sei. Ich hab‘ mir überlegt: Wenn wir aus einem Drittel der Fläche ein Lokal machen und zwei Drittel zu einem Saal, dann wäre dies optimal.

Sie haben dann auch rasch jemanden für das Lokal gefunden.

In der Zeit gab es in der Geißhaldenstraße ein Szenenlokal, das Alexini. Der Wirt Sini hatte immer Krach mit seiner ganzen Nachbarschaft, weil natürlich Lärm entsteht, wenn die Leute heimfahren, Autotüren zuschlagen und so weiter. Ich habe ihm vorgeschlagen, mach‘ doch du in diesem Drittel dein Lokal auf, und wir machen auf der anderen Seite einen Theaterraum draus.

Und so kam es dann ja auch.

Ich habe für die gesamte Einrichtung dieser KulturSzene, wie wir das dann genannt haben, Sponsoren gefunden, für die Elektrik, die Bühne wurde gebaut und die Vorhänge gestiftet. Aber auch die Klimatisierung, ein Riesenproblem bei so einem großen Raum, wurde kostenlos eingebaut. Hier haben wir dann lange Zeit gespielt.

In den letzten Jahren aber seid Ihr nach Heiligenbronn gewechselt. Warum?

Wir haben entdeckt, dass man in Heiligenbronn im Elisabetha-Glöckler-Saal wunderbar Theater spielen kann. Große Bühne, professionelle Beleuchtungstechnik und optimale Hintergrundräume. Das war dann unsere neue Heimat.

In der Majolika ist seither das Subiaco Kino: Wie kam es dazu?

Zunächst: Ohne die Theaterwerkstatt hätte es die Kulturszene nicht gegeben und gäbe es heute nicht das Subiaco Kino. Irgendwann war damals klar, der Raum sollte öfters genutzt werden. Es waren auch alle möglichen Veranstaltungen drin, Fasnetsfeten und Konzerte, aber eben und nur sporadisch. Dann kam der damalige Pfarrer Graff aus Alpirsbach, der das Subiaco in Alpirsbach eingerichtet hat, auf Melvin zu und fragte: ‘Können wir da nicht im Kino draus machen?‘

Jetzt ist dieses Buch erschienen und Sie möchten es bei einer Lesung vorstellen?

Ich will eine Autorenlesung am 15. März dank Unterstützung der Stadt im Schloss machen, also an unserer ersten Wirkungsstätte. Ich hoffe auf viele Theaterfreundinnen und -freunde, die uns ja immer treu waren. Ich habe Anselm Pfaff als Klavierspieler gewonnen, der wird das Ganze musikalisch begleiten. Ich zitiere aus diesem Buch, stelle die einzelnen Inszenierungen vor und erzähle auch, was das so noch alles an kleinen Schmankerln passiert ist.

Das Ganze hat aber noch einen besonderen Grund?

Ja, mit diesem Buch will ich mein Engagement in der Theaterwerkstatt beenden. Ich werde im Oktober 84 und da kann man den jugendlichen Liebhaber nimmer geben.

Oooch?

Und außerdem muss ich gestehen, Texte auswendig lernen, ist schwieriger geworden.

Wie stufen Sie die Bedeutung der Theaterwerkstatt ein?

Die Theaterwerkstatt ist mit Sicherheit ein kulturhistorisches Ereignis für diese Stadt. Ich weiß nicht, ob es überhaupt eine Stadt von der Größe Schrambergs gibt, die so eine Theatertruppe aufweisen kann.

Die Schrambergerinnen und Schramberg haben das aber auch gewürdigt.

Stimmt. Wir hatten ja fast immer ausverkaufte Vorstellungen gehabt. Der Höhepunkt war natürlich jetzt am Schluss das Stück „Die Unruh des Herrn Junghans“ über die Gründerzeit der Firma Junghans. Wir hatten sieben Vorstellungen mit fast 1000 Besuchen und alles in der Szene 64, an der Wirkungsstätte die Familie Junghans vor 150 Jahren. Toll.

Die Fragen stellte Martin Himmelheber. (Transparenzhinweis: Ich bin seit 2005 immer mal wieder in kleinen Rollen in der Theaterwerkstatt dabei. Begonnen hatte es mit dem „Besuch der alten Dame“. Klaus Andreae rief mich an und erzählte, sie suchten noch Mitspieler. Das Stück habe 21 Rollen. Ich habe ihm erklärt, dass ich noch nie Theater gespielt habe und keine Ahnung hätte wie das geht. Klaus: „Das ist egal, wir besetzen die Rollen so, dass es für Euch einfach wird. Ein Rechtsanwalt spielt den Notar, ein Pfarrer den Pfarrer. Und jetzt suchen wir noch einen schmierigen Journalisten!“ Klar, da war ich sofort dabei….)

Info: Klaus Andreae liest aus „Schau-Spielereien“ am 15. März ab 19 Uhr im Foyer des Schramberger Schlosses. Hier kann das Buch auch erworben werden.

Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

Kommentare zu diesem Beitrag

Hier können Sie mitdiskutieren.