Rottweil. Vom 24. bis 26. September erwartet Rottweil wieder acht Autorinnen und Autoren aus Deutschland und der Schweiz. Lesungen an Schulen und öffentlichen Orten sowie das gegenseitige Kennenlernen bilden den Kern des Literaturfestivals. Statt der meist kleinen Räumlichkeiten in der Innenstadt wird dieses Jahr das Gelände der Kunststiftung Hauser auf der Saline genutzt. Das teilte die Stadtverwaltung am Dienstag mit.
Seit über 35 Jahren führt das Deutsch-Schweizer Autorentreffen in Rottweil – im jährlichen Wechsel mit den Literaturtagen in Rottweils Partnerstadt Brugg – Schreibende und Lesende beider Länder zusammen. Ein ganzes Wochenende ist Zeit, um sich gegenseitig kennenzulernen – das gilt sowohl für die acht Autorinnen und Autoren, die jeweils zur Hälfte aus Deutschland und der Schweiz stammen, als auch für die Literaturbegeisterten. Normalerweise führt ein literarischer Spaziergang am Samstag von Lesung zu Lesung durch die Innenstadt. Die dabei aufgesuchten Räume sind zwar abwechslungsreich und gemütlich, aber unter Coronabedingungen definitiv zu eng. Daher hat sich das Kulturamt als Veranstalter entschieden, dieses Jahr auf das Gelände der Kunststiftung Hauser auszuweichen, das zwar an der Peripherie liegt, aber mit der Werkstatthalle von Erich Hauser ebenfalls einen atmosphärisch dichten Rahmen bietet. Gleichzeitig ist gesichert, dass auch ein zahlreicheres Lesungspublikum Platz findet. Bei schönem Wetter können die Pausen zu einem Spaziergang durch den beeindruckenden Skulpturenpark genutzt werden.
Am Freitag, 24. September um 15 Uhr werden die Autorinnen und Autoren offiziell von Oberbürgermeister Ralf Broß im Sitzungssaal des Neuen Rathauses empfangen. Vormittags haben einige der Autorinnen und Autoren bereits Lesungen an Rottweiler Schulen absolviert. Eine Themenführung gibt den Gästen, passend zum Stadtjubiläum, einen Einblick in 1250 Jahre Rottweiler Geschichte.


Die öffentlichen Lesungen am Samstag, 25. September finden von 14 bis 19.30 Uhr in der Kunststiftung Hauser statt. Anschließend gibt es die Gelegenheit, bei Bewirtung und einem kleinen Imbiss zwanglos miteinander ins Gespräch zu kommen. Abschluss und oft auch Höhepunkt des Autorentreffens ist die Sonntagsmatinee. Am 26.09. um 11 Uhr werden von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern kurze Texte über Rottweil bzw. das Autorentreffen präsentiert, die im Anschluss in einer kleinen Anthologie veröffentlicht werden.
In diesem Jahr werden aus der Schweiz zu Gast sein: Michael Hugentobler, Simone Lappert, Daniel Mezger und Silvia Tschui. Aus Deutschland werden erwartet: Nora Gomringer (die im Übrigen auch Schweizerin ist), Heinrich Steinfest, Jan Wagner und Iris Wolff.
Die erste Doppellesung am Samstag bestreiten Daniel Mezger und Heinrich Steinfest. Mezger, vom Schauspiel her kommend, machte sich nach seinem Studium am Schweizerischen Literaturinstitut einen Namen als Theater- und Romanautor. Er stellt seinen 2019 erschienenen Roman „Alles außer ich“ vor. Darin setzt er sich mit Fragen nach Identität und den eigenen Wurzeln auseinander, und wie die Beschäftigung mit Familie und Herkunft Last, aber auch Befreiung bedeuten kann.
Albury, Wien, Stuttgart – das sind die Lebensstationen des erklärten Nesthockers Heinrich Steinfest. Den vielfach preisgekrönten und unglaublich produktiven Autor auf seine zahlreichen Kriminalromane – die bekanntesten sind diejenigen um den einarmigen Detektiv Cheng – zu reduzieren, würde eindeutig zu kurz greifen. In Rottweil liest er aus seinem aktuellen Buch „Amsterdamer Novelle“, doch auch ein neuer „Cheng“-Roman ist dieses Jahr erschienen.
Im nächsten Block werden Jan Wagner und Iris Wolff zu hören sein. Der Lyriker, Übersetzer und Essayist Jan Wagner gewann für seinen Gedichtband „Regentonnenvariationen“ 2015 den Preis der Leipziger Buchmesse, 2017 wurde er mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet. In Rottweil werden unter anderem Kostproben aus seinem Lyrikband „Die Live Butterfly Show“ zu hören sein.
Die in Hermannstadt (Rumänien) geborene Autorin Iris Wolff war mit ihrem 2020 erschienenen Roman „Die Unschärfe der Welt“ für zahlreiche Preise nominiert, unter anderem für den Deutschen Buchpreis. Darin erzählt sie die bewegte Geschichte einer Familie aus dem Banat, deren Bande so eng geknüpft sind, dass sie selbst über Grenzen hinweg nicht zerreißen.
Es folgt eine Doppellesung von Simone Lappert und Michael Hugentobler. Simone Lappert studierte Literarisches Schreiben und stand bereits mit ihrem Erstling „Wurfschatten“ auf der Shortlist des „aspekte“-Preises. In Rottweil stellt sie ihren aktuellen Roman „Der Sprung“ vor, der für den Schweizer Buchpreis nominiert war. Ein lebenspraller Roman, der mit Esprit, Sinnlichkeit und Humor vom fragilen Gleichgewicht unserer Gegenwart erzählt. Michael Hugentobler fand Stoff für seine Bücher auf seinen Reisen, die ihn 13 Jahre lang um die ganze Welt führten. So basiert auch sein aktueller Roman „Feuerland“ auf einer Geschichte, die ihm an einem Lagerfeuer am südlichsten Zipfel Patagoniens zugetragen wurde. Er verfolgt darin die verschlungenen Wege eines Wörterbuchs, in dem ein britischer Missionar die Sprache eines aussterbenden patagonischen Stammes dokumentierte.
Den Abschluss machen Silvia Tschui und Nora Gomringer. Die Grafikerin, Journalistin und Autorin Silvia Tschui sorgte bereits mit ihrem ersten Roman „Jakobs Ross“ für Furore, der momentan verfilmt wird. Aktuell erschienen ist „Der Wod“, in dem eindrucksvoll die Geschichte einer schweizerisch-deutschen Familie über Epochen und Ländergrenzen hinweg erzählt wird. Mit einem Auszug war sie 2019 für den Ingeborg-Bachmann-Preis nominiert, vorgeschlagen übrigens von Nora Gomringer, die direkt im Anschluss auftritt. Die schweizerisch-deutsche Autorin, Performerin und Dozentin leitet seit 2010 das Internationale Künstlerhaus Villa Concordia in Bamberg als Direktorin. Die absolut vielseitige Künstlerin ist mit Lyrik und Spoken Word auf der Bühne ein echtes Erlebnis. Zuletzt erschienen ihre Texte im Band „Gottesanbieterin“ (2020).
Die Rottweiler Buchhandlungen bieten an ihren Büchertischen die Möglichkeit, die Werke der Autorinnen und Autoren zu erwerben und vor Ort signieren zu lassen. Im Anschluss an die Lesungen gibt es die Gelegenheit, miteinander und mit den Autorinnen und Autoren ins Gespräch zu kommen und den Abend gemütlich ausklingen zu lassen. Für Bewirtung vor Ort sorgt der Gesangverein Epfendorf.
Am Sonntag versammelt die traditionelle Matinee nochmals alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die sich mit kurzen, meist vor Ort entstandenen Texten aus Rottweil verabschieden.
Das Deutsch-Schweizer Autorentreffen wird 2021 gefördert im Rahmen von „Neustart Kultur“ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien durch den Deutschen Literaturfonds e.V.
INFO:
Das Autorentreffen findet am Samstag, 25.09. und Sonntag, 26.09. in der Kunststiftung Hauser, Saline 36 in Rottweil statt. Die aktuell geltenden Coronaregeln sind zu beachten. Nach jetzigem Stand ist ein 3G-Nachweis erforderlich. Ein Testbus wird voraussichtlich vor Ort sein. In Innenräumen herrscht Maskenpflicht, auch am Platz. Kontaktdaten werden erfasst.
Der Eintritt zu allen Lesungen ist frei.
Der Programmflyer zum Autorentreffen liegt in den städtischen Einrichtungen und den Buchhandlungen kostenlos aus. Unter www.autorentreffen.de steht der Flyer zum Download zur Verfügung, außerdem finden sich dort aktuelle Informationen, beispielsweise zu den Coronaregeln.