Seit sie vermehrt großmütterlichen Verpflichtungen nachkommt, weitet sich auch unversehens wieder der Horizont hin in Richtung der ursprünglichen Dinge des Lebens und wie selbige dem Wandel der Zeit unterworfen sind. Hat man die eigenen Sprösslinge noch pflichtbewusst jeden Abend bevor man sie in den Schlaf gesungen hat, gebadet, so ist das heute geradezu verpönt. Zuviel baden schadet dem Säureschutzmantel der Haut. Das ist einleuchtend, da hätte man einstens auch schon drauf kommen können, wäre man nicht unbedarft der Babywannen- und Säuglingspflegeproduktindustrie auf den fiesen Leim gegangen.
Immerhin haben die Mütter ihrer Generation die armen Würmchen – wie es zwischendurch mal propagiert wurde – zum baden nicht in engen Eimern versenkt, in denen sich weder Mutters Hände noch Kind rühren konnten und eine spätere, hochgradige Klaustrophobie so gut wie vorprogrammiert war!
Neulich nun hat sie auf dem Speicher ein schickes, pinkfarbenes Töpfchen in Gestalt eines VW-Käfers ausgegraben, glücklich einer gründlichen Desinfektion unterzogen und sodann eilends dem ‚Pipi‘ rufenden Enkel untergeschoben, in der Hoffnung, dass das Fahrzeugmodell ihn über die tussimäßige Farbgebung hinwegtrösten könne.
Er war auch durchaus angetan von Omas Topf, die jedoch nicht bedacht hatte, dass die ehemaligen Töpfcheninhaber allesamt weiblich und anatomiebedingt ohne hochgezogenen Frontspoiler ausgekommen waren. Während die Oma fröhlich VW-Motorengeräusche intonierte, nahm das Schicksal – äh, Pipi – seinen Lauf.
Nachdem Kind und Badezimmer einer gründlichen Reinigung unterzogen worden waren, beschloss die Oma schnellstmöglich ein geeigneteres Topf-Modell zu erwerben, was sie offenbar bis hinein in die nächtlichen Träume beschäftigte.Während der Tiefschlafphase betritt sie einen Laden für Kinderbedarf und erkundigt sich höflich nach geeigneten Töpfchen, woraufhin sich die Bedienung sofort einem Regal mit Plastik-Blumentöpfen zuwendet und ihr ein kleineres Modell mit sanft geschwungenem Rand warm ans Herz legt. Das sei aber doch ein Blumentopf, protestiert die Oma leicht entsetzt. Mitleidig lächelnd schüttelt die Verkäuferin den Kopf: „Nein, nein,“ spricht sie nachsichtig, „das hat man heute so!“ Sigmund – äh – Freud lässt grüßen, oder was?!