Als ich noch unterrichtete war das eine Unterrichtseinheit im Fach Deutsch. Politische Reden wurden dabei mit den Schülern zerpflückt, vorzugsweise von Goebbels und andere Nazigrössen. Wir erinnern uns: Kristallnacht, gesundes Volksempfinden, Euthanasie, Arbeit macht frei, Volkssturm und dergleichen mehr.
Ja, gibt`s denn so was noch? Na klar, nur die Themen haben sich geändert. Die ganze Werbung lebt von Manipulation, vor allem in Verbindung mit Bildern. Da wird vorgegaukelt, versprochen und gelogen, dass sich die Balken biegen. Eigentlich wissen wir das ja, wir haben uns halt dran gewöhnt. Zur Zeit ist alles „Wohlfühl“ oder „Öko“ und auch die Politik lebt davon, oft in Verbindung mit „Sicherheit“ und „Arbeitsplätze“, gerade weil die Wirklichkeit anders aussieht.
Und woran erkennt man Manipulation? Ist nicht ganz einfach, aber eine verlässliche Methode ist: Bekomme ich verständliche, klare und nachprüfbare Sachinformationen? Je mehr Geschwafel und Versprechnungen mit gut klingenden Mode- und Schlagwörtern, um so grösser die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um Manipulation handelt.
Ohne das jemandem von vornherein zu unterstellen frage ich mich, wenn mich an allen Rottweiler Ecken 19 Stadträte von enormen Plakaten anstrahlen: Was soll das ? Warum „meine“ Stadträte? „Ja für JVA Rottweil“ – sage ich auch und alle, die ich von der Bürgerinitiative gut kenne, ebenfalls. Ansonsten keine Sachinformationen. Wozu das ganze Tamtam? Wer bezahlt das eigentlich? Warum? Was wird da verschwiegen?
Mann/Frau weiss ja, dass das Modewort „Öko“ immer da eingesetzt wird, wo etwas als positiv, unbedenklich, sauber und harmlos dargestellt werden soll. Deshalb war ich erst mal sprachlos, als mir Alfons Bürk vor Wochen erklärte, dass im Esch ein „Ökogefängnis“ gebaut werden soll.
Stellen Sie sich vor, einer , der Rottweil von früher her kennt, kommt auf dem Neckartalradweg zu einer Riesenbaustelle am Rande der Naturschutzgebiete ins Esch, sieht zahllose, tonnenschwere Maschinen und die enormen Erdumwälzungen dort und fragt entsetzt: „Was um Gottes Willen ist denn hier los?“ Er bekommt zur Antwort: „Hier wird ein Ökogefängnis gebaut.“
Entweder er fühlt sich total verarscht (Verzeihung), oder er glaubt, dass die Rottweiler nicht mehr alle Tassen im Schrank haben. Oder er hat Humor und erwidert: „Ach so, und ich dachte schon es wird ein Ökoflugplatz oder ein Ökoschlachthof.“
Facit: Gut gegen Manipulation ist immer das Vertrauen in die eigenen Augen und Ohren und vor allem in den eigenen Kopf. Immanuel Kant, der grosse deutsche Philosoph der Aufklärung, hat uns ein wunderbares Erbe hinterlassen, das immer noch hochaktuell ist:“Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.“
Wolfgang Blässing, Rottweil