In den Händen meiner Frau sah ich eine Gartenzeitschrift Mit wie viel Mühe, Liebe und Geld wird da der eigene kleine Garten gehegt und gepflegt – und draußen vor der Tür geht die Natur vor die Hunde – so auch im „Esch“ vor den Toren Rottweils?
Bei der Bürgerversammlung am 21.5. in Rottweil sagte ein Bürger: „Die Stadt Rottweil hat für das Großgefängnis keinen geeigneten Standort angeboten – und das Esch ist von allen Standorten der ungeeigneteste!“ Dieser Meinung schließe ich mich an.
Es war meines Erachtens ein Versäumnis der Landesregierung beim Suchlauf von Anfang an zu erklären, dass für das Großgefängnis eine Versiegelung bisher unbebauter Flächen nicht in Frage kommt – und erst recht nicht in einem so sensiblen Gebiet wie dem Esch. Oberste Priorität muss eine Konversionsfläche haben!
Den Suchlauf hätte die Landesregierung auch aktiv gestalten können; nicht nur was wird angeboten, sondern wo gibt es im Suchdreieck geeignete Flächen, z. B. Industriebrachen. Dann müsste nach einem transparenten Kriterienkatalog das zum Wohle der Allgemeinheit am besten geeignete Areal gewählt werden. Ich habe Bedenken, dass ein Bürgerentscheid hierfür das geeignete Instrument ist – für das Esch ist ein solcher auch nicht vorgesehen.
OB Broß gab bei der Bürgerversammlung am 20.05. in Villingendorf zu bedenken, dass es beim Bau des Großgefängnisses um das „Allgemeinwohl“ gehe. Auch da stimme ich zu. Das heißt, dass Einzelinteressen, auch die der Stadt Rottweil, zurückgestellt werden müssen. Diese Aussage von OB Broß kam im Zusammenhang, als die Villingendorfer Gemeinderätin Frau Weisser in die Diskussion einbrachte, dass es in Tuningen ein nach Ansicht vieler sehr geeigneten Standort gibt.
OB Broß widersprach dem nicht, sondern sagte „Mit einem Standort Tuningen könnten wir leben!“ Bei der Frage des Gemeinwohls darf Solidarität unter den Gemeinden erwartet werden. Hier ein einmaliges Kleinod – dort eine sanierungsbedürftige Industriebrache. Ein geschicktes Handeln der Landesregierung könnte hier vielleicht noch einiges bewegen. Ich kann verstehen, dass die Landesregierung einen Zeitplan für die Entscheidung aufstellt – aber für eine sinnvolle Lösung dürfte sie sich nicht selbst unter Zeitdruck setzen.
Die Verwaltung der Stadt Rottweil hat im Verfahren um das Esch geschickt gehandelt; bei den Pro-Argumenten hat sie alles nur Erdenkliche vorgebracht. Sicher ist der wirtschaftliche Aspekt für die Stadt Rottweil von Bedeutung, aber eine Finanzierung der Schulen mit den Finanzzuweisungen im Zusammenhang mit dem Großgefängnis zu bringen, halte ich für eine ungute Argumentation; für dieses berechtigte Anliegen müssen andere Lösungen gefunden werden.
Auch das Thema „wohnortnahe Unterbringung der Gefängnisinsassen“ und „Fahrtaufwand zwischen dem Gefängnis zu den Gerichten“ wurde sehr einseitig dargestellt. Nur ein sehr kleiner Teil der Insassen käme aus der Umgebung von Rottweil; nur die Straftaten würden in Rottweil vor Gericht verhandelt, bei denen die Straftat im Gerichtsbezirk Rottweil begangen wurden. Eine Straftat, die z. B. in Konstanz begangen wurde, wird auch dort verhandelt – mit dem Gefängnisort hat das nichts zu tun.
Staatsrätin Frau Erler hat in der Bürgerversammlung am 21.5. klar darauf hingewiesen, dass zuerst die erforderlichen Daten dafür zusammengestellt werden müssen. Auch die Frage, ob Rottweil bei einer möglichen Justizreform der Landgerichtsitz erhalten bliebe, ist „Kaffeesatzleserei“. Selbstverständlich kann man dies als einen Gesichtspunkt anführen, aber eine Aussage, wie „wenn Rottweil nicht das Großgefängnis bekommt, ist das Landgericht gefährdet“ halte ich für eine tendenziöse Meinungsmache.
Noch ein Wort zu den Entscheidungen des Gemeinderates. Bürgermeister Guhl sprach von „einer grundlegend veränderten Situation“. Wenn ich als Gemeinderat im Jahre 2009 argumentiert habe: „Ich werde Rottweils wichtigstes Naherholungsziel Esch nicht opfern!“, kann ich nicht nachvollziehen, was sich grundlegend geändert habe.
Helmut Michael Kreiter, Rottweil