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„Leserbrief: „Wer demonstriert, mahnt, kettet, klepft, spaziert hier eigentlich? Und wofür beziehungsweise wogegen?““, Veröffentlicht: Samstag, 22. Januar 2022, 9.40 Uhr

Leserbrief: „Wer demonstriert, mahnt, kettet, klepft, spaziert hier eigentlich? Und wofür beziehungsweise wogegen?“

(Meinung). Wer demonstriert, mahnt, kettet, klepft, spaziert gegen oder wofür oder/und mit wem? Welche Gemeinsamkeiten gibt es? Und welche Uneinigkeiten, welche Lager? Dieser Leserbrief soll zur Versachlichung beitragen, „so objektiv ich es kann“, wie sein Verfasser einleitend erklärt.

Welche Gemeinsamkeiten gibt es?

  1. Wir wollen alle, dass aus einer Pandemie (sofern sie das überhaupt /noch ist) eine Endemie wird.
  2. Wir haben alle die Nase voll von irgendwelchen Einschränkungen. 
  3. Wir wollen alle den Schutz nach Art. 2 Abs. 2 des Grundgesetzes. 
  4. Wir respektieren alle den 1947 verabschiedeten Nürnberger Kodex, als Reaktion auf die NS-Verbrechen. Dieser verbietet medizinische Experimente, denen die Versuchsperson nicht „freiwillig“ zugestimmt hat, das heißt unbeeinflusst von jedweder „Form der Überredung oder des Zwanges“. 
  5. Wir wissen alle, dass es noch keinen einzigen Impfstoff gegen SARS-CoV-2 gibt, welcher eine endgültige Zulassung hat* und keinen, welchen ein Hersteller auf eigenes Haftungsrisiko verkaufen würde**.

Welche Uneinigkeiten herrschen?

  1. Die Resolution des Europarates vom 27. Januar 2021, „dass niemand diskriminiert werden darf, weil er nicht geimpft worden ist“, ist vielen Bürgern und Politikern (welche diese Resolution mit beschlossen hatten!) völlig egal. 
  2. Die einen meinen „Solidarität“ dient vorrangig zum Schutz vulnerabler Gruppen. Die anderen verlangen auch „Solidarität“ gegenüber vernichteten Existenzen beziehunhgsweise der drohenden Existenzvernichtung von Familien,  Dienstleistern, Gastronomen u.v.m.. Einig sollte man sein, dass Solidarität keine Einbahnstraße ist. Doch es scheint, dass Solidarität in der Zwischenzeit nicht mehr ein Miteinander beschreibt, sondern eher ein Kampfbegriff wurde. 
  3. Die einen meinen, Spaziergänger unterstützen Rechtsradikale und Nazis. Der „neue“ Spaziergänger Albrecht und sein Umfeld meinen das nicht.

Welche eindeutigen „Lager“ gibt es?

  1. Die Mahnwache im Gedenken der Toten, welche an oder mit Corona gestorben sind. Aus dieser Gruppe werden Anti-Nazi-Schilder gezeigt!? Sind das alle Befürworter für eine Impfpflicht?
  2. Die Klepfer – für beziehungsweise gegen was oder wen klepfen diese „koordiniert“ montags 18 Uhr? Sind das Narren? Ist das Fasnet? Ist Klepfen jetzt politisch motiviert? 
  3. Die zukünftige Menschenkette: „Wir zeigen Gesicht – aber mit Maske.“ … „Rottweil sage damit Ja zum Impfen statt Schimpfen, zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit und zu einem solidarischen Miteinander im Kampf gegen Corona.“ … „Zeichen des Widerstands gegen die Spaziergänger.“ Wer ist dabei „Rottweil“ und wer sind die Rottweiler bei den Spaziergängern? „Ja zum Impfen statt Schimpfen, zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit und zu einem solidarischen Miteinander im Kampf gegen Corona“, kann ich als Spaziergänger ebenfalls unterstreichen. Darin liegt kein Widerspruch! Die Fragen sind lediglich: Wen impfen? Unter Zwang impfen, oder nicht? Sind die in der Menschenkette alle Befürworter für einen Impfzwang? 
  4. Die Spaziergänger – wer sind die? Sind das zu großen Teilen Rechtsradikale und Nazis? Sicher gibt es eine Minderheit von Trittbrettfahrern aller Couleur, auch mit rechter Gesinnung. Doch solange diese die Spaziergänge nicht für eigene Zwecke missbrauchen, spricht in einer Demokratie nichts dagegen, wenn diese als nach außen neutrale Bürger gegen einen Impfzwang mit demonstrieren.

    Sollte man sich durch Abwesenheit bei Spaziergängen von einer rechten Minderheit distanzieren? Ich sage dazu aus folgenden Gründen nein: Man würde dieser Minderheit das Feld überlassen. Das wäre völlig falsch! Wer sich von einer rechten Minderheit distanzieren will, dürfte mit derselben Logik auch kein bedeutendes Fußballspiel mehr besuchen.

    Sind Spaziergänger „Gegner gegen die Impfpflicht“ oder Impfgegner. Beide werden wohl dabei sein, doch nach meiner Beobachtung sind es mehr Impfpflichtgegner. Viele gehen auch speziell gegen das Impfen von Kindern und Jugendlichen auf die Straße. Wieder andere, gegen unverhältnismäßige, unangemessene und unwirksame Maßnahmen aus Coronaverordnungen, Allgemeinverfügungen und dem Infektionsschutzgesetz. Die Spaziergänger sind ganz einfach Bürger wie du und ich, ein Spiegel dieser Gesellschaft, für welchen sich die „anderen“ ebenfalls halten und es auch sind.

    Bleibt zum Schluss, warum werden die Spaziergänge nicht als Demonstration angemeldet? Eine Demonstration in dieser Größenordnung würde nicht genehmigt werden. Ja, ich weiß, „Genehmigung“ ist das falsche Wort. Doch die nach Anmeldung erteilen Auflagen, entsprechen de facto einer „Genehmigung“, einer Beschränkung und wären zumindest für eine Privatperson als Anmelder ein unkalkulierbares Risiko. Durch den § 830 BGB, über dessen Anwendung letztlich ein Richter entscheidet, kann eine solche Demonstration die Vernichtung der Existenz einer verantwortlichen Person bedeuten.

    Parteien und Vereine haben es da einfacher und das Risiko ist nahe null. Doch sollte das eine solche Organisation anmelden, wäre in der derzeitigen Stimmung die Stigmatisierung perfekt und die Demonstrationsinhalte gingen verloren. Die jetzt aus meiner Sicht breite gesellschaftliche Aufstellung wäre nicht mehr vorhanden – zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung und/oder medialen Aufbereitung. Viele Anträge solcher Demonstrationen wurden zudem deutschlandweit abgelehnt beziehungsweise Demos verboten.

Dieter E. Albrecht

*Anm. der Red.: Eine bedingte Marktzulassung ermöglicht in der EU ein beschleunigtes Zulassungsverfahren für Arzneimittel. Die Zulassung wird erteilt, sobald ausreichende Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit der Impfstoffe aus den klinischen Studien vorliegen. Quelle.

**Anm. der Red.: Wer haftet, wenn es zu gesundheitlichen Schäden durch die Impfung kommt? Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes wurde in § 60 IfSG klargestellt, dass für alle gesundheitlichen Schäden, die im Zusammenhang mit Schutzimpfungen eingetreten sind, die auf Grundlage der Coronavirus-Impfverordnung seit 27. Dezember 2020 vorgenommen wurden, bundeseinheitlich ein Anspruch auf Entschädigung besteht. Dieser Anspruch besteht unabhängig von den öffentlichen Empfehlungen der Landesbehörden. Quelle.

 

 

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