Leserbrief zum geplanten Gefängnis: Ich sage JA zum Neubau einer JVA in Rottweil oder im Umkreis von Rottweil. Und es ist auch richtig, den dort Inhaftierten und dem Personal im Inneren der Gefängnisbauten Rahmenbedingungen zu verschaffen, die eine positive Lebens- und Arbeitsqualität ermöglichen.
Aber ich werde NEIN sagen zum Standort Esch. Hier geht es primär um die Außengestaltung, also um die aus Sicherheitsgründen und auch im Interesse der Bevölkerung notwendige Gefängnismauer. Diese wird entlang des Weges zur Neckarburg etwa 500 m lang und 5,50 m hoch sein.
Bei der von der Stadt Rottweil am 10.09.2015 initiierten Veranstaltung am Esch hat einer der Sprecher und zugleich Esch-Befürworter gesagt: „Bei einem Bau des Gefängnisses auf dem Esch wird als Ausgleichsmaßnahme der Radfahrweg entlang des Neckars ausgebaut. Dann müssen die Radfahr-Touristen auf dem Weg zur Neckarburg nicht an der Gefängnismauer entlang fahren“!!
Vor kurzem hatte OB Broß gesagt, dass er an der Gefängnismauer der neuen Haftanstalt in Offenburg entlang gelaufen sei und ihm dabei nichts Besonderes aufgefallen sei, was gegen ein Gefängnis im Esch sprechen würde.
Daraufhin habe ich die neue JVA in Offenburg von außen (im Inneren nicht möglich) besichtigt. Als ersten Eindruck sieht man die lange und hohe Gefängnismauer, die einen fast erschlägt. Ich bin daran entlang gelaufen, 400 m entlang einer 5.50 m hohen Mauer und habe mir dabei vorgestellt, wie eine solche Mauer landschaftsverträglich (!) am Standort Esch am Weg zur Neckarburg wirken könnte. Einfach unvorstellbar und fürchterlich.
Anders ist die örtliche Lage der Haftanstalt in Offenburg. Die JVA liegt in einem Interkommunalen Gewerbegebiet. Dieses ist umgeben von Straßen: im Westen von der Autobahn A 5, im Norden von der Umgehungsstraße Südring und im Osten von der B 3 und B33 sowie einem Industriegebiet. Die JVA grenzt im Westen unmittelbar an den neuen Flugplatz von Offenburg an. Die verkehrliche Anbindung aber auch die übrige Erschließung der JVA ist an diesem Standort in dem Gewerbegebiet ideal.
Alternativstandort INKOM Zimmern o.R.
Hauptargument für eine JVA Rottweil ist die Sicherung des Justizstandortes Rottweil. Die JVA muss aber deshalb nicht zwingend in Rottweil errichtet werden. Sie könnte auch in einem Gebiet liegen, das zum Einzugsbereich von Rottweil gehört.
Die Stadt Rottweil und die Gemeinde Zimmern o.R. betreiben gemeinsam das Interkommunale Industrie- und Gewerbegebiet INKOM Zimmern o.R. – Rottweil. Ähnlich den Verhältnissen in Offenburg sind auch hier die verkehrlichen Anbindungen gegeben. Im Norden befindet sich die Ortsverbindungsstraße Zimmern – Flözlingen und im Osten grenzt das Gewerbegebiet an die Autobahn A 81. Westlich und östlich des Gewerbegebietes INKOM befinden sich ausreichende Freiflächen, die zur Erweiterung des Gewerbegebietes genutzt werden könnten, um dort eine JVA zu errichten.
Auch die äußere Erschließung dieses Standortes mit Straßen usw. ist hier – im Gegensatz zum Standort Esch – problemlos und kostengünstig möglich. Die von Architekt Josef Hohensinn vorgestellte Konzeption einer modernen Haftanstalt: „freundlich, lichtdurchflutet und Offenheit vermittelnd“ könnte auch hier beim Gewerbegebiet INKOM realisiert werden.
Dieser Standort bietet sich direkt an und es wäre deshalb zwingend erforderlich, hierüber nähere Untersuchungen für einen JVA-Neubau durchzuführen. Gewinner könnten beide Vertragspartner des INKOM sein. Die Stadt Rottweil hätte den Justizstandort Rottweil gesichert. Die Gemeinde Zimmern o.R. könnte sich über ca. 300.000 Euro jährliche Mehreinnahmen freuen, es sei denn, dass der beiderseitige Vertrag eine Aufteilung dieser Einnahme vorsieht. Zugleich würden 200 Arbeitsplätze in Rottweil/Zimmern o.R. geschaffen.
In dem großen Industrie- und Gewerbegebiet INKOM haben sich inzwischen viele industrielle und handwerkliche Firmen aus vielerlei Branchen angesiedelt. Im Hinblick auf die angestrebte Resozialisierung der Häftlinge und der notwendigen Eingliederung auch in die Arbeitswelt sind hier direkt vor den Gefängnistoren sehr gute Möglichkeiten gegeben.
Die entsprechend vorbereiteten Häftlinge könnten hier auf kurzen Wegen einen für die Eingliederung notwendigen Arbeitsplatz bei aufgeschlossenen Firmenchefs und Betriebsleitern finden. Dieter E. Albrecht hat vor kurzem in der Presse über eine solch geglückte Resozialisierung eines Häftlings durch die Bereitstellung eines Arbeitsplatzes in seinem Albrecht-Notdienstteam berichtet.
Plan B der Landesregierung
Staatsrätin Frau Erler, die Stadtverwaltung und auch ein Teil des Gemeinderates werden nicht müde zu erklären, dass es bei einem NEIN zum Standort Esch keine Alternativen und somit auch keinen Plan B gäbe. Das ist reine Panikmache. Es ist naiv zu glauben, dass die Landesregierung nicht vorausdenkt. Sei es, dass das auch von der Stadt eingeforderte Gutachten über den Standort Stallberg mit nachvollziehbaren Aussagen zur Bebaubarkeit und den Gründungsmehrkosten endlich in Auftrag gegeben bzw. vorgelegt wird. Oder aber, dass ein neuer geeigneter Standort, z.B. das Industrie- und Gewerbegebiet INKOM in Zimmern o.R. in den Fokus rückt und ernsthaft untersucht wird.
Gemeinderatswahl 2009
In der Sitzung am 19.03.2009 war sich der Gemeinderat über sämtliche Fraktionen hinweg einig, dass das Esch für den Neubau der JVA nicht zur Verfügung gestellt wird. So wurde von heutigen JVA-Befürwortern im Esch seinerzeit von Stadträten gesagt: Posselt: “Rottweils wichtigstes Naherholungsgebiet mit dem Esch darf nicht geopfert werden“; Schellenberg: „Standort Esch ist vom Tisch“; Sauter: „Der Standort Esch kommt nicht in Frage, weil die Bürgerschaft von Rottweil mehrheitlich dagegen ist“. Umsomehr verwundert, dass dieselben Personen samt den Fraktionen das vorgenannte Opfer „Esch“ jetzt einfordern. Auf wiederholte Anfragen von Bürgern, womit dieser Meinungsumschwung begründet wird, gab es seither keine Antwort.
Zum Bürgerentscheid
Am kommenden Sonntag ist also im Rahmen des Bürgerentscheides die Frage zu beantworten: „Soll auf dem Rottweiler Standort „Esch“ bei der Neckarburg eine Justizvollzugsanstalt (JVA) errichtet werden?“
Liebe Bürgerinnen und Bürger von Rottweil, nehmen Sie an der Wahl teil, denn mit Ihrer Antwort entscheiden auch Sie über den Erhalt oder die Zerstörung des Naherholungsgebietes Neckarburg.
Werner Fischer, Rottweil