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„Schweizer Electronic AG: Management weiterhin optimistisch“, Veröffentlicht: Freitag, 7. Mai 2021, 14.03 Uhr

Schweizer Electronic AG: Management weiterhin optimistisch

Der Sulgener Leiterplattenhersteller Schweizer Electronic AG hat am Freitag seine Quartalszahlen veröffentlicht. Danach standen der Vorstandsvorsitzende Nicolas Schweizer und sein für Finanzen zuständiger Vorstandskollege Marc Bunz Vertretern von Banken, Investmentgesellschaften und der Presse Rede und Antwort.

Schweizer überließ weitgehend seinem Finanzkollegen das Feld, da es sich ja um ein Gespräch über die Einnahmensituation, einen „Earnings-Call“ handle. Er wies aber auf die starke Tendenz des Unternehmens hin, sich in Asien und besonders in China stärker zu engagieren. Auch der europäische, besonders der französische und der britische, sowie der US-Markt bekämen mehr Gewicht.

Umsatzeinbrüche 2020 coronabedingt

Bunz  betonte, schon vor Corona habe Schweizer Umsatzrückgänge zu verzeichnen gehabt. Während der Pandemie im Frühjahr 2020 aber  dramatisch eingebrochen. „Das erste Halbjahr war schlimm, das zweite besser.“  Für dieses Jahr erwarte das Unternehmen ein Umsatzwachstum von 20 bis 30 Prozent. Dann erreiche man wieder etwa das Niveau vor der Krise.

Dennoch gehe das Management weiter davon aus, dass es dieses Jahr wieder einen Verlust geben werde. Grund sind die nach wie vor hohen Anlaufkosten im neuen chinesischen Werk und die hohen „Restrukturierungskosten“ in Schramberg.

Personal: Schramberg baut ab, China baut auf

Während im chinesischen Werk in Jintan inzwischen 400 Menschen arbeiten, hatte Schweizer in den vergangenen zwei Jahren die Zahl der Mitarbeiter im  Stammwerk in Schramberg um 200 reduziert, so Schweizer. Das habe sich auf die Profitabilität im Jahr 2020 ausgewirkt – fast zehn Millionen Euro Verlust. Der größte Teil, etwa acht Millionen Euro,  seien dabei in China aufgelaufen, so Bunz. Wegen der China-Investition seien auch die Schulden gestiegen und die Eigenkapitalquote gesunken.

Marc Bunz

Im ersten Quartal 2021 seien die Zahlen nun deutlich besser. Das liege auch daran, dass in China die Autoverkäufe zugelegt haben, während sie in Europa stagnierten. Die Auftragseingänge und der Auftragsbestand sind wieder deutlich gestiegen. Es gebe einen „intakten Trend“, so Bunz.

Der chinesische Betrieb in Jintan laufe langsam an. Zunächst produziere man dort einfachere Leiterplatten, bei denen die Margen nicht so hoch seien. Außerdem leide man unter steigenden Preisen bei Zuliefererprodukten. Dennoch rechnet Bunz mit einem „Break-even-Point“ zum Ende des Jahres.

„Trotz der negativ aussehenden Ergebnisse bin ich zufrieden“, so Bunz. “Wir müssen wie bei der Pandemie eben noch ein bisschen durchhalten.“  Er rechnet mit 120 bis 130 Millionen Umsatz in diesem Jahr.

Teurer Kurzzeitchef

Auf Nachfrage meinte Schweizer, der Personallabbau sei auch über einen Sozialplan gelaufen. „Wir stellen jetzt auch wieder ein.“ Dabei insbesondere im Bereich Entwicklung und Innovationen. Auf Nachfrage der NRWZ, weshalb  man eigentlich Dr. Merte  im Herbst 2018 als Vorstandsvorsitzenden engagiert, im März 2020 aber schon wieder entlassen – und zu seinem Gehalt (für Januar und Februar 2020  141.000 Euro) obendrauf noch 700.000 Euro  für „Restansprüche“ gezahlt habe, meinte Schweizer: Merte sei „auf eigenen Wunsch“ und „im gegenseitigen Einvernehmen“ ausgeschieden. Eingestellt habe man ihn „zur Erweiterung des Vorstandes insbesondere auf der Skalierungsseite“. Weitere Details wolle man nicht mitteilen, habe man mit Dr. Merte vereinbart.

Zum seit 2017 andauernden  Prozess um das Ausscheiden seiner Schwester Dr. Maren Schweizer sagte Nicolas Schweizer, das Verfahren sei „weiter rechtshängig“. Man befinde sich „in Vergleichsverhandlungen mit Frau Dr. Schweizer“.

Neue Investoren gesucht

Bunz deutete an, dass Schweizer sowohl in Deutschland als auch in China auf der Suche nach weiteren Investoren sei. Er sprach von „Kapitalmaßnahmen“ und drei asiatischen Investoren, die sich möglicherweise in China beteiligen könnten.

Abschließend lud Nicolas Schweizer zur geplanten Hauptversammlung Ende Juni ein, die wie im vergangenen Jahr virtuell abgehalten werde. Wer  noch keine Aktie habe, sei eingeladen,  zu kaufen. Aber auch Gästekarten werde man vergeben.

Und hier der Quartalsbericht im Wortlaut:

Der Auftragseingang im ersten Quartal 2021 überstieg das Vergleichsquartal des Vorjahres um +98 Prozent und betrug 44,2 Millionen Euro (Q1 2020: 22,3 Millionen Euro). Die sich bereits seit Oktober des Vorjahres abzeichnende Erholung der Konjunktur war auch im Verlauf des ersten Quartals ungebrochen. Der Auftragsbestand betrug Ende des Quartals 2021 125,7 Millionen Euro (31.12.2020: 109,2 Millionen Euro).

Der Umsatz der Schweizer Electronic AG: Geschäftsentwicklung Gruppe belief sich im ersten Quartal 2021 auf 29,3 Millionen Euro (Q1 2020: 27,4 Millionen Euro). Dies entspricht einer Erhöhung um +6,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal, welches noch keine spürbaren Auswirkungen der Pandemie aufwies. Mit Automotive-Kunden wurden 23 Millionen Euro (Q1 2020: 19,1 Millionen Euro) umgesetzt, was einer Erhöhung zum Vorjahresquartal um +20,3 Prozent entspricht. Damit erhöhte sich der Umsatzanteil der wichtigsten Kundengruppe Automotive im ersten Quartal auf 78,5 Prozent des Umsatzes (Q1 2020: 69,7 Prozent), der Umsatzanteil von Industriekunden belief sich auf 16,9 Prozent (Q1 2020: 22,6 Prozent).

Eine Million Euro Verlust

Das Bruttoergebnis betrug im ersten Quartal -1 Million Euro (Q1 2020: +2 Millionen Mio. Euro), was einer negativen Bruttomarge von -3,3 Prozent entspricht (Q1 2020: +7,3 Prozent). Hier wirkten sich im Vergleich zum Vorjahresquartal die gestiegenen Aufbaukosten des Werkes in China mit -3,3 Millionen Euro negativ auf das Bruttoergebnis aus. Das Bruttoergebnis der Gruppe ohne China belief sich auf +2,9 Millionen Euro, was einer Steigerung von +2 Millionen EUR entspricht. Zu dieser Entwicklung trugen entscheidend die im Vorjahr durchgeführten Kostensenkungsmaßnahmen und die somit reduzierte Gewinnschwelle am Standort Schramberg bei.

Das Ergebnis vor Abschreibungen, Zinsen und Steuern (EBITDA) betrug -1,8 Millionen Euro (Q1 2020: -1,6 Millionen Euro), wodurch die EBITDA-Quote sich moderat auf -6,2 Prozent (Q1 2020: -5,7 Prozent) erhöhte. Die Gruppe ohne China erzielte ein EBITDA in Höhe von +2,1 Millionen Euro. Dies entspricht einer operativen Ergebnisverbesserung in Höhe von +1,4 Millionen Euro unter Herausrechnung der Sonderaufwendungen in Höhe von 1,1 Millionen Euro, welche das Ergebnis im ersten Quartal des Vorjahres belasteten.

Prognose bestätigt

Das Management bestätigt die im Rahmen der Veröffentlichung der Geschäftszahlen 2020 abgegebene Prognose. Im Rahmen dieser Erwartung wird eine Umsatzsteigerung im Jahr 2021 von zwischen 20 und 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr prognostiziert. Dieser Umsatzanstieg, der die allgemeine Marktentwicklung deutlich überschreitet, basiert im Schwerpunkt auf Umsätzen aus dem neuen Werk in China. Des Weiteren bestätigt der Vorstand die Erwartung für das EBITDA mit einer Quote zwischen 0 und -6 Prozent.

Marc Bunz, Finanzvorstand der Schweizer Electronic AG, zum aktuellen Marktumfeld: „Die Knappheit elektronischer Komponenten begrenzt das Umsatzwachstum unserer Kunden und somit auch das Wachstumspotenzial unserer Leiterplattenerlöse. Zusätzlich zeigen sich auch bei leiterplattenspezifischen Zuliefermaterialen, wie Laminate, zunehmende Engpässe, die sich sowohl auf Verfügbarkeit und Lieferzeiten als auch auf die Preise auswirken. Viele der wichtigsten Rohmaterialien wie Palladium, Aluminium oder Glasfaser zeigten steigende Notierungen. Wir rechnen damit, dass sich diese Situation auch in den nächsten Quartalen nicht verbessert, sondern eher noch weiter steigende Rohmaterialpreise zu erwarten sind. Trotz des zunehmenden Drucks auf die Umsätze und die Margensituation arbeitet das Management intensiv daran, die negativen Einflussfaktoren durch Gegensteuerungsmaßnahmen zu minimieren, um die Prognose erreichen zu können. Einen wesentlichen Anteil daran hat das Werk in China, welches Schritt für Schritt sein Technologie-Know-how verbessert und damit Aufträge produzieren kann, die eine bessere Ergebnismarge versprechen.“

 

 

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