Rottweil (gg). Ein umfassendes Aufgebot an Einsatzkräften hat am Freitagabend vergangener Woche eine Gruppe von Mitgliedern des Motorradclubs Red Devils aus Rottweil-Mitte vertrieben. Die Einsatzleitung der Polizei war nach NRWZ-Informationen von weit mehr Rockern ausgegangen, als sie dann tatsächlich antraf. Mit 60 Beamten rückten sie gegen neun, nennen wir sie: Kuttenträger an. Polizeiliche Bilanz: eine Anzeige wegen Beleidigung. Waffen wurden nicht gefunden. Die Clubmitglieder wollen nun für ihre Rechte kämpfen, wie sie online ankündigen.
Freitagabend in der Rottweiler Innenstadt, in der Flöttlinstorstraße: Polizei rückt an, und zwar mit massivem Aufgebot. Es sollen sieben Mannschaftswagen der Bereitschaftspolizei aus Göppingen sein, ein Zivilfahrzeug der zuständigen Sonderkommission „Leder“ und damit mehr als 60 Beamte. Verwundert macht ein Nachbar ein Bild, einer der Wirte dort bekommt es zugespielt, postet es auf Facebook, schreibt, dass der Einsatz nichts mit seinem Pub zu tun hat und sagt ansonsten: „Kein Kommentar“.
Die Polizei berichtet anschließend nicht öffentlich über den Einsatz. Der Polizeibericht anderntags erzählt von einem Taschendiebstahl in Oberndorf und einem Kleinstunfall mit anschließender Fahrerflucht in Rottweil. Kein Wort über den Anti-Rocker-Einsatz. Auch in den Tagen danach nicht.
Es gibt schließlich nicht viel zu vermelden: Die nach Angaben der Red Devils gut 60 Beamten trafen auf ein vergleichsweise überschaubares Häufchen von neun Kuttenträgern. Diese nennen die Aktion jetzt auch eine „maßlos übertriebene Kontrolle.“ Eine, die ergab: keine Waffen, keine Ordnungswidrigkeiten, keine öffentlichkeitswirksame Bilanz. Nur eine Beleidigung, ausgesprochen von einem der Rocker gegen einen Beamten.
„Es waren weniger Motorradclub-Mitglieder, als erwartet“, bestätigt Peter Mehler vom Polizeipräsidium Tuttlingen auf Nachfrage der NRWZ. Seine Kollegen hätten Erkenntnisse gehabt, dass eine Rockergruppe durch die Kneipen der Rottweiler Innenstadt ziehen würde, berichtet der Pressemann der Polizei. Sie hätten eine Machtdemonstration der MCs erwartet, „die wollten wir verhindern.“
In der Flöttlinstorstraße lief dann auch das volle Programm, das gehört laut Mehler zum Standard, da macht die Polizei keinen Unterschied, ob sie eine große oder eine eher kleine Gruppe kontrolliert. Inklusive Leibesvisitationen und Duchsuchungen. Aber eben ohne Fund.
Gegen alle neun Red Devils wurden Platzverweise ausgesprochen. „Es bestand Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“, begründet dies Polizeisprecher Mehler.
„Uns wurde vom Revierleiter der Rottweiler Polizei gesagt, dass die Stadt und Polizei Rottweil es nicht mehr zulassen, dass mehrere Personen mit Kutten in die Stadt gehen, was trinken“, berichten die Red Devils der NRWZ.
Die Polizei beruft sich auf das Landes-Polizeigesetz. Dort steht:
Die Polizei hat die Aufgabe, von dem einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Sie hat insbesondere die verfassungsmäßige Ordnung und die ungehinderte Ausübung der staatsbürgerlichen Rechte zu gewährleisten.
Die Red Devils sehen das anders. Die Maßnahme sei erfolgt, „ohne dass es ein Gesetz in Baden-Württemberg gibt, das es uns, dem Red-Devils-Motorradclub verbietet“, in die Stadt zu gehen und einen zu trinken. Von wegen „Machtdemonstration“: „Jeder Fastnachtsverein war eine eine größere Machtdemonstration an diesem Wochenende“, verhöhnen die Rocker nun die Beamten.
Sie hätten sich gefühlt wie in einem Antiterror-Einsatz – mit Maschinenpistolen und Großaufgebot. „Dies ist gegen unsere Menschenrechte und wir lassen uns von niemanden, auch nicht der ‚Staatsmacht‘, einschüchtern, und werden für unsere Rechte KÄMPFEN“, kündigen die Devils an.
Genau das wird die Polizei wieder in Alarmbereitschaft versetzen.
„… ich lade mir lieber 20 Rocker zum Kaffee ein als einen Minister“ – die Diskussion auf Facebook läuft:
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