Rottweil (mm). Gut gefüllt war die Stadthalle anlässlich des Bürgerempfangs am Sonntagabend. Oberbürgermeister Ralf Broß ging in seiner Rede ausführlich auf den ThyssenKrupp-Testturm ein und ehrte dann drei engagierte Bürger: Ursula Deiber für ihren Einsatz in der Sitzwachengruppe, die Sterbende begleitet, Rainer Müller für die vielen Jahre als Feuerwehrchef und Henry Rauner, der sowohl beim Zimmertheaterverein als auch bei der Kapuzinerinitiative als „Banker im Blaumann“ die Ärmel hochkrempelte sowie die Bürgerstiftung Rottweil gegründet hat.
Solidarität mit den Opfern der Pariser Anschläge: Broß drückte sie aus, die Stadt habe am Rathaus Trauerbeflaggung gehisst. „Wir wollen in Rottweil eine tolerante Stadt sein, offen für Neues und für neue Mitbürger!“ appellierte er. „Deshalb betrachte ich es als schönes Zeichen, dass heute Abend viele Bürger meiner Einladung gefolgt sind, die im letzten Jahr die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten haben.“

In den Mittelpunkt seiner Ansprache stellte Broß jedoch den ThyssenKrupp-Testturm: „Er ist mehr als pure Ingenieurskunst und mehr als nur Architektur“, das Ergebnis eines Diskurses zwischen Kunst und Technik, der in die mittelalterliche Stadtsilhouette eingebunden werde. Die Stararchitekten Jahn und Strobel „reihen sich in eine lange Liste von Turmbaumeistern ein, die jeweils in ihrer Zeit Maßstäbe setzten“.
Broß betonte die große Begeisterung in der Bürgerschaft für das Projekt. „Wir haben den steten Rückenwind gespürt, das war kein laues Lüftchen.“
Nun müsse man sich Gedanken machen, wie man den frischen Wind für die Stadt nützen könne, man erarbeite mit ThyssenKrupp bereits Konzepte, wie man Besucher vom Berner Feld in die Stadt locken könne, „wir werden in die touristische Infrastruktur und in das Stadtmarketing investieren müssen,“ der Turm sei eine Steilvorlage für die wirtschaftliche Entwicklung.
Die geplante Sanierung der historischen Innenstadt – hier ist Broß zuversichtlich, dass Zuschüsse aus dem Landessanierungsprogramm fließen werden – sei der Punkt, wo man sich fragen müsse, wieviel Moderne man zulasse, um die Stadt zukunftsfähig zu machen.„Ich denke, wir müssen auch in diesem Fall mutiger werden!“
Für den Bau der neuen Justizvollzugsanstalt brach Broß eine Lanze, ebenso wie für neue Baugebiete, nach denen weiterhin große Nachfrage herrsche. Investieren will man im laufenden Jahr in die Eichendorffschule und das DHG, in die Göllsdorfer Halle, das Parkhaus an der Bahnhofstraße und das Feuerwehrhaus. „Wir sind schuldenfrei!“

Bürgermedaillen verliehen
Ursula Deiber, Rainer Müller und Henry Rauner sind nun Träger der Rottweiler Bürgermedaille. Broß lobte das Engagement Deibers in der Begleitung Sterbender „unabhängig von Alter, Krankheit, Religion oder Staatsangehörigkeit“, das dringend nötig sei: „Immer mehr Menschen sterben vereinsamt!“
Müllers „Einsatz mit Feuereifer“ für die Stadt in oft schwierigen Einsätzen, für den er die Medaille bereits bei seiner Abschiedsfeier am Donnerstag erhalten hatte, fand ebenfalls das Lob von Broß.
Ebenso das Engagement Henry Rauners für das Zimmertheater, den Kapuziner und die Bürgerstiftung. Er habe „stets die Ziele mit außerordentlichem persönlichen Eifer verfolgt.“ Im Anschluss durften sich alle drei Geehrten in das goldene Buch der Stadt eintragen.
Umrahmt wurde die Feier von der Stadtkapelle, die neben dem fulminanten „Königsmarsch“ von Richard Strauß auch das ruhigere „Shirim“ von Piet Swerts intonierten, eingebaut dort eine kleine Andeutung auf die schrecklichen Vorgänge in Paris, nämlich das jiddische Lied vom Kälbchen, das zur Schlachtbank geführt wird, weil es doch keine Schwalbe werden konnte.
Im Wortlaut: Die Rede von Oberbürgermeister Ralf Broß
Neujahrsansprache von Oberbürgermeister Ralf Broß
anlässlich des Bürgerempfangs der Stadt Rottweil
am 11. Januar 2015 in der Stadthalle RottweilLiebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
liebe Gäste,ich heiße Sie zum diesjährigen Bürgerempfang in unserer Stadthalle herzlich willkommen und ich freue mich sehr darüber, dass wir bei diesem Empfang zu Beginn des neuen Jahres wieder verdiente Bürger mit der Verleihung der Bürgermedaille ehren dürfen. Es sind insgesamt drei Personen, die in diesem Jahr ausgezeichnet werden.
Normalerweise erfährt die Öffentlichkeit erst beim Bürgerempfang die Namen der zu Ehrenden. In diesem Jahr gibt es eine Ausnahme von der Regel. Bereits am vergangenen Donnerstag durfte ich eine der Bürgermedaillen an den ehemaligen Stadtbrandmeister Rainer Müller übereichen. Sie haben es sicherlich alle mitbekommen. Der Grund lag nun nicht darin, dass es diese Person besonders eilig gehabt hätte mit der Verleihung. Mit Blick auf sein Ehrenamt und seine Profession wäre dies allerdings gut möglich gewesen. Bei einem Stadtbrandmeister weiß man ja nie, wann der Funk runter geht, wie lange er sich im Einsatz befindet und ob er es rechtzeitig zum Bürgerempfang schafft.
Der wahre Grund für die vorgezogene Verleihung lag jedoch in der offiziellen Verabschiedung von Herrn Müller aus dem aktiven Dienst bei der Freiwilligen Feuerwehr Rottweil. Eine Verabschiedung, die im Kreise der Feuerwehrkameraden feierlich begangen und zum Anlass genommen wurde, die Bürgermedaille bereits am Donnerstagabend zu überreichen.
Wenn nun heute Abend der Funk runter geht, dann können Sie sich, lieber Herr Müller, ruhig zurücklehnen. Schließlich befinden Sie sich seit 3 Tagen im Ruhestand.
Damit ist ein Teil des Geheimnisses über die diesjährigen Bürgermedaillen gelüftet. Zwei weitere darf ich heute Abend überreichen. Dazu nachher mehr.
Beim heutigen Jahresbeginn werden wir wieder von der Stadtkapelle Rottweil unter der Leitung von Clemens Berger begleitet, die hier in der Stadthalle immer wieder vor vollem Haus Konzerte gibt. Ich danke der Stadtkapelle für die mittlerweile traditionelle musikalische Umrahmung. Herzlichen Dank!
Ich freue mich sehr darüber, dass das Interesse am Bürgerempfang zu Beginn des neuen Jahres wieder so groß ist. Und besonders freut es mich, dass Sie alle in so großer Vielfalt mit uns gemeinsam das bürgerliche Engagement und den Start in das neue Jahr feiern: Vertreter aus Politik, Verbänden und Wirtschaft, aus Kirchen und Glaubensgemeinschaften, die Mitglieder des Gemeinderates, der Ortschaftsräte und weiterer politischer Gremien, die Vertreter von kulturellen, sozialen und Bildungseinrichtungen und aus Vereinen, aus Verwaltung und städtischer Einrichtungen, der Medien und die Träger der Bürgermedaille der vergangenen Jahren. Sie alle prägen unsere Stadt und unsere Bürgergesellschaft, Sie alle füllen unsere Gesellschaft mit Leben.
Unsere Gesellschaft wird getragen von demokratischen Werten, von Meinungsfreiheit und Toleranz. Was es bedeutet, wenn diese demokratischen Werte missachtet werden, das erlebten wir in diesen Tagen in Paris. Wir alle sind noch schockiert von den schrecklichen und feigen Anschlägen auf die Pressefreiheit und das Satiremagazin „Charlie Hebdo“, denen viele unschuldige Menschen zum Opfer fielen. Diese Anschläge machen uns nicht nur betroffen. Sie zielen auch ab auf unser Selbstverständnis, wie Toleranz und Meinungsfreiheit in einer Gesellschaft und in unserer Stadt gelebt werden. Deshalb sollten wir unsere Solidarität bekunden mit den Opfern. Fern vom Trauermarsch in Paris, der heute Nachmittag auch unter Beteiligung unserer Bundeskanzlerin stattgefunden hat, können wir dies dadurch tun, dass wir an unserem Rathaus Trauerbeflaggung hissen – so wie in dieser Woche geschehen – oder dadurch, dass ich heute Abend im Rahmen unseres Bürgerempfangs diese Solidarität zum Ausdruck bringe. Denn wir alle sind davon betroffen.
Wir alle sind Charlie – Nous sommes Charlie!
Meine Damen und Herren,
wir wollen in Rottweil eine tolerante Stadt sein, offen für Neues und offen für neue Mitbürger. Deshalb betrachte ich es als ein schönes Zeichen, dass heute Abend viele Bürger unserer Stadt meiner Einladung gefolgt sind, die im letzten Jahr die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten haben im Rahmen einer Einbürgerungsfeier durch das Landratsamt.Die Einbürgerung ist mehr als nur eine Urkunde und ein deutscher Personalausweis. Sie ist das Bekenntnis zu einer neuen Heimat und zu einem Wir-Gefühl. Das möchte ich Ihnen mit meiner Einladung heute Abend vermitteln, dieses Wir-Gefühl in unserer gemeinsamen Heimat Rottweil.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, seien Sie alle herzlich willkommen.Meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich hoffe, Sie alle können auf ein gutes und erfolgreiches Jahr 2014 zurückblicken, weil Ihre Wünsche und Erwartungen in Erfüllung gegangen sind, auf die Sie im Beruf oder im Privatleben hingearbeitet oder für die Sie sich ehrenamtlich engagiert haben.Sie haben in den letzten Wochen sicherlich den einen oder anderen Jahresrückblick im Fernsehen gesehen oder in den Zeitungen gelesen und waren vielleicht erstaunt darüber, wie ereignisreich und gefüllt das vergangene Jahr war.
Wenn Sie im Internet nach den Highlights des vergangenen Jahres recherchieren, dann erfahren Sie, dass „Hoffnung“ öfters gesucht wird als „Angst“, „Fakten“ öfters als „Fiktion“.
Wir suchen nach Dingen, die uns faszinieren und nach großartigen Momenten.
Wir suchen, um zu verstehen.Wir suchen, um uns zu erinnern und wir suchen nach Momenten, die uns begeistern.
Auch in unserer Stadt gab es diese großartigen Momente, an die wir uns erinnern, die uns im letzten Jahr so richtig begeistert haben. Hierzu gehört sicherlich der Rottweiler Testturm von ThyssenKrupp, der weltweit in aller Munde war.Auf dieses Leuchtturmprojekt werde ich später noch ausführlicher eingehen.
Lassen Sie mich zunächst andere Themen beleuchten, denn zu den großartigen Momenten gehören auch lokale Ereignisse, die in der medialen Wahrnehmung zwar nicht auf den vordersten Plätzen rangieren, für unsere Bürgergesellschaft und für die Entwicklung unserer Stadt jedoch wichtige Etappen waren, um sie lebendig und lebenswert zu halten.Es geht voran in Rottweil, auch wenn wir uns seit vergangenem Jahr mehr denn je im Kreis drehen: Mit der Fertigstellung des sog. „Heimburger Kreisels“, der Sanierung des Kreisels in der Oberndorferstraße und dem Bau eines neuen Kreisverkehrs im Zuge der Nordumfahrung haben die beteiligten Baulastträger einiges Geld in die Hand genommen, um den Verkehr rollen zu lassen. Allen anwesenden Beteiligten einen herzlichen Dank, dass diese Straßenbauprojekte, auf die wir lange gewartet und hingearbeitet haben, jetzt finanziert und durchgeführt werden konnten.
Während der Bauzeit gab es einige Kritik aufgrund des Umleitungsverkehrs und der verkehrlichen Mehrbelastung von Straßenzügen. Uns allen war diese zeitlich begrenzte Mehrbelastung bewusst. Wir wollten seitens der Stadt jedoch nicht das Risiko eingehen, Beteiligungen des Bundes, des Landes und auch des Kreises zu schieben, um die Maßnahmen zeitlich zu strecken. Zu groß wäre die Gefahr gewesen, dass der jeweilige Fremdfinanzierungsanteil für andere Projekte eingesetzt worden wäre und wir wieder Jahre auf eine Realisierungszusage hätten warten müssen. Insofern werbe ich an dieser Stelle nochmals für Ihr Verständnis und unser Vorgehen.
Unser Vorgehen bei der Ausbildungsmesse „starter“ knüpfte am Erfolg der vergangenen Jahre an und bei der Umsetzung des Tourismusleitbildes machen wir unter anderem mit der Rottweiler Wanderoffensive und mit einer Tourismus-App gute Fortschritte. Die Info-Broschüre für Menschen mit Behinderungen wurde neu aufgelegt und die Stadt förderte zusammen mit der Elternstiftung Baden-Württemberg die Integrationsarbeit an den Schulen. Das Kinder- und Jugendreferat feierte sein 25jähriges Bestehen und auch zwei Städtepartnerschaften luden zum Feiern ein: 40 Jahre Städtefreundschaft mit Imst und 25 Jahre mit L´Aquila. Wir haben die Kleinkinderbetreuung weiter ausgebaut und können weiterhin über Bedarf Krippenplätze anbieten. Und die Planung für die Mehrzweckhalle in Göllsdorf konnte nach langer Diskussion im Ortschaftsrat nun endlich fixiert werden.
Der Gemeinderat hat im letzten Jahr auch ein Einzelhandelskonzept beschlossen. Im Kern geht es dabei vereinfacht darum, den vorhandenen Einzelhandel in der Innenstadt dadurch zu stärken, dass keine weiteren Konkurrenzstandorte an anderer Stelle oder auf der grünen Wiese zugelassen werden. Wir wissen, dass das Einkaufsverhalten von Kunden Veränderungen unterliegt. Nicht nur in Rottweil, sondern generell. Stichpunkte sind Internethandel, Konkurrenz auf der grünen Wiese, Rückgang des inhabergeführten Einzelhandels, Zunahme von Franchise-Konzepten. Wir wollen ein Ausbluten der Innenstadt vermeiden.
Dazu passt, dass wir einen Großteil des historischen Stadtkerns in diesem Jahr in ein städtebauliches Sanierungsprogramm einbringen wollen. Wir haben uns für das aktuelle Landessanierungsprogramm beworben. Unser Ziel ist es, die historische Bausubstanz aufzuwerten, zu modernisieren und gleichzeitig unser städtebauliches Erbe zu bewahren. Hierzu gab es bereits eine erste informative Auftaktveranstaltung.
Ebenfalls eine Auftaktveranstaltung hat der Gemeinderat im letzten Jahr erlebt. Das lag nun nicht am Sanierungsprogramm, sondern an der Gemeinderatswahl. Diese sorgte 2014 vereinzelt für Überraschungen und für neue Gesichter im Gremium. Dieses hat sich im Sommer neu konstituiert und ich kann nach rund einem halben
Jahr Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat feststellen, dass dieser ganz im Sinne von Manfred Rommel arbeitet, das heißt: „Die einen waren dafür. Die anderen dagegen, sonst waren wir uns einig.“
Mit sehr großer Mehrheit einig war sich der Rottweiler Gemeinderat bei einem Thema, das ich eingangs bereits erwähnt habe. Der Testturm für Hochgeschwindigkeitsaufzüge von ThyssenKrupp hat für viele Schlagzeilen in den Medien gesorgt und uns eine internationale Resonanz beschert.
Neben dem Schwarzwälder Boten und der NRWZ haben über den Turm berichtet: DIE ZEIT, die WELT, Süddeutsche Zeitung, BILD, SWR-Fernsehen und Hörfunk, alle großen Zeitungen in Baden-Württemberg darunter Stuttgarter Zeitung, Südwestpresse, Schwäbische Zeitung und Südkurier. Darüber hinaus zahlreiche Medien in Nordrhein-Westfalen, dem Heimatland von ThyssenKrupp, und sogar im „Neuen Deutschland“ war die Grundsteinlegung eine Meldung wert! International fanden sich Artikel im Online-Teil der Financial Times oder in Blättern wie dem englischsprachigen „The National“ mit Sitz in Abu Dhabi.
Der Turm hat uns und die gesamte Bürgerschaft wie kein anderes Projekt in den vergangenen Jahren beschäftigt. „Mit diesem Bauwerk ist es wohl gelungen, einmal wieder zu zeigen, dass man technisch Notwendiges gleichzeitig auch schön gestalten kann, so dass es den Menschen zur Freude wird und ihnen auch unmittelbar dient.“
Diese Beschreibung stammt von Fritz Leonhardt. Prof. Fritz Leonhardt war einer der bedeutendsten Bauingenieure in Deutschland. In der Fachwelt wurde der Stuttgarter Ingenieur durch den Bau von zahlreichen Brücken, Hochhäusern und Funktürmen bekannt. Berühmt wurde er durch den Bau des Stuttgarter Fernsehturms.
Fritz Leonhardt kennt den Testturm von ThyssenKrupp nicht. Er ist 1999 im Alter von 90 Jahre gestorben. Sein Zitat über das „gelungene Bauwerk“ bezieht sich auf den Stuttgarter Fernsehturm. Auch wenn er sich derzeit noch im Bau befindet, verknüpft der Testturm das technisch Notwendige mit schöner Gestaltung, so wie Leonhardt dies formuliert hat. Heute würden wir eher von einer „Konstruktion im Spannungsfeld von Technik, Natur und Ästhetik“2 sprechen.
Der deutsch-amerikanische Stararchitekt Helmut Jahn und der Stuttgarter Architekturprofessor Werner Sobek schaffen auf der einen Seite ein Bauwerk, das den Ansprüchen an Materialität, Funktionalität und Sicherheit gerecht wird. Der Turm stellt eine Kombination dar von Bauwerk und Design. Er ist mehr als pure Ingenieurskunst und mehr als nur Architektur. Die Architekten prägten hierfür schon vor vielen Jahren den Begriff des „Archi-Neering“ und meinten eben diese Kombination von Architektur und Ingenieurwesen. Er ist das Ergebnis eines „Diskurs zwischen Kunst und Technik.“
Die Architekten stellen auf der anderen Seite mit der individuellen Turm-Architektur eine Verbindung zu unserer Stadt her. Die Stadtsilhouette wird in die Turmarchitektur eingebunden, sie wird Bestandteil des Bauwerks und umgekehrt wird der Turm Bestandteil unserer Stadtsilhouette.
Ich bin mir sicher, dass das Wechselspiel zwischen der mittelalterlichen Innenstadt und dem neuen, modernen Test-Turm zu einem Alleinstellungsmerkmal und zu einer Inspirationsquelle für unsere Stadt und die gesamte Region wird.
59 Jahre nach der Inbetriebnahme des Fernsehturms ist dieser aus Stuttgart nicht mehr wegzudenken. Und dabei waren die Anfänge dort durchaus mit dem Rottweiler Projekt vergleichbar. In einer Dokumentation, die anlässlich des 50jährigen Bestehens des Fernsehturms herausgegeben wurde, erinnert ein Insider an die anfängliche Skepsis von Turmgegnern. Damals gab es Widerstand gegen dieses Bauprojekt. Das kommt uns auch über 50 Jahre später nicht unbekannt vor.
Heute ist der Fernsehturm zum Wahrzeichen der Stadt geworden: Die Festschrift „50 Jahre Fernsehturm“ von 2006 trägt daher den bezeichnenden Titel: vom Wagnis zum Wahrzeichen. Er war ist in seiner Zeit ein Symbol für den Fortschritt. Die mutige Entscheidung der damals Verantwortlichen hat sich gelohnt. Vom Wagnis zum Wahrzeichen – eine Überschrift, die auch über dem Turmprojekt in Rottweil stehen könnte.
Auch wir in Rottweil sind einen mutigen Schritt gegangen. Ein Projekt, das seinerzeit für viele von uns, die an den ersten Gesprächen vor rund 3 Jahren beteiligt waren, eher einer verwegenen Vision in der ferner Zukunft glich, als einem konkreten Bauprojekt in greifbarer Nähe.
Altkanzler Helmut Schmidt hat einmal gesagt. „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“
Gott sei Dank sind wir nicht zum Arzt gegangen, sondern haben die Chance genutzt, die sich uns in Rottweil bot.Wir dürfen uns auf ein Bauwerk von besonderer architektonischer Qualität freuen. Wir sind seit dem Mittelalter stolz auf unsere Türme. Jahn und Sobek reihen sich ein in eine lange Liste von Turmbaumeistern, die jeweils in ihrer Zeit Maßstäbe setzten. Turmbaumeistern, die der Zukunft aufgeschlossen gegenüber standen.
„The future is never wrong“, fasst Jahn seine Erfahrungen und Erkenntnisse als Architekt in einem Satz zusammen, was man übersetzen könnte mit: „Die Zukunft ist nie falsch“ oder „Die Zukunft täuscht sich nicht.“ Fortschritt ist nur möglich, wenn man neue Wege geht, sich nicht auf dem Bestehenden ausruht.
Rottweil kann als älteste Stadt Baden-Württembergs auf eine fast 2000-jährige Bau- und Innovationsgeschichte zurückblicken. In Rottweil haben Menschen zu jeder Zeit Neues gewagt und haben sich auf neue Ideen eingelassen.
Die Römer machten den Anfang.
In der einzigen rechtsrheinischen Siedlung mit römischem Stadtrecht genossen die Menschen einen Lebensstandard, wie er erst in der Neuzeit wieder erreicht werden sollte.
Türme bauen wir in Rottweil schon seit dem Mittelalter. Sie sind Stein gewordene Visionen und zeugen vom Selbstbewusstsein eines Bürgertums, das Rottweil als Freie Reichstadt zur Blüte brachte. Bis heute wird Rottweil durch sein mittelalterliches Stadtbild geprägt und gilt Dank mittelalterlicher „Wolkenkratzer“ wie dem Kapellenturm, dem Münsterturm oder dem Hochturm zu Recht als eine „Stadt der Türme“.
Im Zeitalter der Industrialisierung erfand Max von Duttenhofer in Rottweil das rauchlose Schießpulver und legte den Grundstein für eine rasante unternehmerische Karriere, die ihm zu seiner Zeit den Ruf als „Krupp von Süddeutschland“ einbrachte.
Mit dem Testturm von ThyssenKrupp schlagen wir nun ein neues Kapitel in der Bau- und Innovationsgeschichte unserer Stadt auf.Rottweil positioniert sich so als eine dem Neuen aufgeschlossene Stadt, die mit einem engagierten Unternehmertum am Puls der Zeit ist. Die Investition von ThyssenKrupp ist somit ein entscheidender Schlüssel zur wirtschaftlichen und touristischen Weiterentwicklung unserer Stadt und trägt zum künftigen Wohlstand und zum technischen Fortschritt bei und schafft zusätzliche Arbeitsplätze.
Die Realisierung dieses „Industriebaus mit Fernsicht“ erfolgt gegen den Trend. DER SPIEGEL warnte im September in einer Titelgeschichte vor der „schwindenden Heimattreue“ deutscher Unternehmen: „Die Fassade der deutschen Wirtschaft glitzert, doch das Fundament bröckelt. Die Infrastruktur verfällt, die Unternehmen investieren lieber im Ausland. Der Wohlstand wankt.“
In unserem Fall beweist ThyssenKrupp – rund 100 Kilometer vom Forschungs- und Entwicklungszentrum in Neuhausen auf den Fildern entfernt – in Rottweil Heimattreue.
Diese Heimattreue resultiert letztlich auch aus der großen Begeisterung unserer Bürgerschaft für den neuen Turm. Eine Begeisterung, die u.a. in zahlreichen Bürgerversammlungen und öffentlichen Veranstaltungen zum Ausdruck kam. Bei der Grundsteinlegung am 16. Dezember habe ich darauf hingewiesen, dass diese Begeisterung unserer Bürgerschaft der eigentliche Grundstein für dieses Turmprojekt ist!Herzlichen Dank allen, die uns dabei unterstützt haben. Wir haben den steten Rückenwind verspürt, das war kein laues Lüftchen.
Der Gemeinderat hat sich im durchgeführten Planungsverfahren sehr sorgfältig mit allen Argumenten – mit dem Für und Wider – auseinandergesetzt. Er hat Chancen und Risiken abgewogen und jeder Gemeinderat hat für sich eine Entscheidung getroffen.
Heute können wir alle erleichtert und auch stolz sein, dass es uns gelungen ist, dieses Projekt zu stemmen. Damit haben wir in Rottweil bewiesen, dass wir uns nicht auf dem Bestehenden ausruhen wollen, dass wir uns als Stadt weiterentwickeln können.
Es gab immer wieder Stimmen, die deutlich machten, dass Rottweil eine typische Schul- und Beamtenstadt sei, die den Anschluss an die gewerblich-industrielle Entwicklung verschlafen hätte.
Nicht, dass wir darauf verzichten könnten. Wir sind und bleiben ein wichtiger Schulstandort und verfügen über wichtige Behörden und öffentliche Einrichtungen. Aber zu einer Stadt gehört eben auch eine gewerbliche Entwicklung, die auch in der gesamten Region Impulse setzt. Mit diesem Schritt ist uns dies gelungen.
Rottweil zeigt sich mit dem neuen Testturm als eine Stadt, die Altes und Neues verbindet und daraus neue Kraft schöpft.
Innovation trifft auf Tradition!
Was bedeutet dieser Leitsatz für die Zukunft, für das kommende Jahr?
Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir den frischen Wind aus dem Turmprojekt für unsere Stadt nutzen können. Eine Projektgruppe mit Vertretern der Stadt und ThyssenKrupp erarbeitet bereits Konzepte. Wir brauchen kluge Ideen, wie wir die Besucher vom Berner Feld in die historische Innenstadt locken und wie wir den Turm in das Stadtmarketing einbinden können. Wenn wir das richtig gut machen wollen, wird das nicht zum Nulltarif zu haben sein. Wir werden in die touristische Infrastruktur und in das Stadtmarketing investieren müssen und ich bitte sie heute schon um Ihre Unterstützung für diese Maßnahmen. Denn ich bin überzeugt, dass wir jetzt nicht nachlassen dürfen, dass wir weiter am Ball bleiben müssen. Der Testturm ist eine Steilvorlage für die wirtschaftliche Weiterentwicklung unsere Stadt. Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass der Ball auch im Tor landet!Der Turm ist das Ergebnis von erfolgreichem Teamplay: ThyssenKrupp, die Stadt Rottweil und Sie – die Bürger – haben das Projekt gemeinsam vorangebracht. Ich bin mir sicher, wenn wir es weiter so halten und jeder an seiner Stelle und mit seinen Möglichkeiten mit derselben Begeisterung weitermacht, dann wird der Turm zu einem Riesenerfolg für Rottweil werden!
Ein gelungenes Zusammenspiel von Alt und Neu könnte auch bei einem weiteren Projekt der Schlüssel zum Erfolg sein: bei der Sanierung unserer historischen Innenstadt. Die Stadtverwaltung hat sich um die Aufnahme in ein städtebauliches Sanierungsprogramm des Landes beworben. Ich bin zuversichtlich, dass wir berücksichtigt werden und dann private wie öffentliche Sanierungsprojekte finanziell unterstützen können. Unser Ziel ist es, die historische Bausubstanz aufzuwerten, zu modernisieren und gleichzeitig das städtebauliche Erbe der ältesten Stadt Baden-Württembergs zu bewahren.Dabei müssen wir uns aber auch die Frage stellen, wieviel Moderne wir in unsere Stadt zulassen wollen, um sie zukunftsfähig zu machen. Ich denke, wir sollten auch auf diesem Feld mutiger werden!
Wie es gehen könnte zeigt der Kapuziner in Rottweil oder das Humpis-Quartier in Ravensburg: Moderne und Historie müssen sich auch in einer alten Stadt wie Rottweil nicht unversöhnlich gegenüber stehen. Nein, sie können eine gelungene Symbiose eingehen! Die architektonisch neuen Elemente verbinden sich in beiden Gebäuden harmonisch mit der alten Bausubstanz, sensibel freigelegte und sichtbar belassene Bereiche erinnern an die verschiedenen Epochen.
Der Betrachter erkennt: Neues stützt Altes und erhält damit das Vergangene.Dieses Zusammenspiel von Alt und Neu macht zu einem guten Teil den architektonischen Wert und damit die städtebauliche Vorbildfunktion der beiden Häuser aus. Historisches bewahren, aber Neues durch moderne, zeitgemäße Architektur ergänzen – dieses Grundkonzept wird seitens der Landesdenkmalpflege und der Fachwelt aus Architektur und Bauwesen besonders gewürdigt.
Moderne Architektur, die Respekt und Sensibilität gegenüber der historischen Bausubstanz erkennen lässt und gleichzeitig neue Nutzungen und damit den langfristigen Erhalt historischer Bausubstanz ermöglicht – dieser Ansatz könnte für die behutsame Sanierung unserer historischen Innenstadt auch mit modernen Elementen wegweisend sein!
Der Tradition verpflichtet ist unsere historische Bürgerwehr. Unsere neuen Freunde aus dem Ruhrgebiet seien daher beruhigt: Deshalb, und nur deshalb waren die Kanonen auch diesmal beim Neujahrsschießen wieder in Richtung Turmbaustelle ausgerichtet.
Den Turm begrüßte die Wehr mit einem eigenen Salut.Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang bitte einen, aber auch wirklich nur einen Kritikpunkt an der Standortwahl von ThyssenKrupp: Der Turm steht mitten in der Sicht vom Bockshof in Richtung Landeshauptstadt.
In Stuttgart steht nämlich noch etwas aus: und zwar die endgültige Entscheidung zum Gefängnis. Zwar hat das Land bereits angekündigt, dass noch in 2014 eine Entscheidung zum JVA-Standort fällt. Allerdings blieb es bisher bei den Worten.
Meine Damen und Herren,
die JVA wird auch in der Zukunft ein Thema und eine Herausforderung bleiben. Der Gemeinderat hat gegenüber Stuttgart bereits signalisiert, dass das Land in Sachen Gefängnis mit Rottweil rechnen kann. Wir sind nach wie vor bereit, dieses Thema auf die Tagesordnung der kommunalpolitischen Entscheidungsfindung zu nehmen.Wir müssen uns als Stadt im ländlichen Raum mit aller Kraft gegen den Trend zur Zentralisierung öffentlicher Einrichtungen in den Ballungsräumen stemmen. Das gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung geht. Als Standort der Kriminalpolizeidirektion, von Amts- und Landgericht sowie Staatsanwaltschaft und der Justizvollzugsanstalt ist Rottweil ein verlässlicher Garant für Sicherheit im ländlichen Raum. Laut Kriminalstatistik leben wir in einer der sichersten großen Kreisstädte im Regierungsbezirk. In Rottweil funktioniert der Dreiklang aus Ermittlung, Rechtsprechung und Strafvollzug. Der Neubau der JVA hilft, dafür zu sorgen, dass dies so bleibt und wir in der Zukunft keine Verlagerung der Gerichte oder der Polizei in größere Städte befürchten müssen. Außerdem: Neben allen Anstrengungen, uns im Privatsektor offensiver aufzustellen, sollten wir nie vergessen, wie wichtig der öffentliche Dienst für den Arbeitsmarkt in unsere Stadt nach wie vor ist!
Auf dieser Tagesordnung der kommunalpolitischen Entscheidungsfindung stehen noch weitere Themen, die uns in diesem Jahr beschäftigen werden, die ich heute Abend nur anreißen möchte.
Wir werden weiter in das Angebot von Bauplätzen investieren. Der erste Bauabschnitt der Spitalhöhe ist mittlerweile realisiert und verkauft, die Nachfrage nach Bauplätzen ist dort allerdings weiterhin groß.Bei den Schulen stehen zwei große Projekte an. Die Sanierung der Eichendorffschule und des Droste-Hülshoff-Gymnasiums. In welche Richtung die Sanierung geht, ob es schrittweise Teilsanierungen gibt oder gar ein Neubau der richtige Weg ist, muss erst noch beantwortet werden.
Beim Tiefbau stehen Investitionen beispielsweise die Gehwegerneuerung im Zuge der Göllsdorfer Ortsdurchfahrt an, die vom Landkreis derzeit saniert wird. Ebenfalls in Göllsdorf wollen wir mit dem letzten Bauabschnitt die Sanierung der Schroffenstraße abschließen.
Im letzten Jahr war die Verlegung des Zentralen Umsteigepunktes (ZUP) vom Friedrichsplatz zum Postgebäude ein Thema. Der Friedrichsplatz leidet unter seinem Image als Bushalteplatz. Leerstehende Geschäfte und eine geringe Aufenthaltsqualität trotz eines eigentlich wunderschönen Platzes sorgen dafür, dass der Friedrichsplatz im Vergleich zu den anderen Hauptästen des Straßenkreuzes mehr und mehr ins Hintertreffen gerät. Das Hauptproblem beim ZUP am Friedrichsplatz sind die langen Wartezeiten der Stadtbusse. Eine Verringerung dieser Wartezeiten wurde vom gewerblichen Stadtbusbetreiber bisher abgelehnt. Mittlerweile scheint sich wider Erwarten doch eine Lösung durch die Verlegung der Warteorte weg vom Friedrichsplatz abzuzeichnen. Wir wollen die Auswirkungen der Verlegung in den nächsten Monaten beobachten und das Thema dann im Gemeinderat wieder behandeln.Der größte Investitionsschwerpunkt 2015 bildet das geplante Parkhaus im Süden der Kernstadt in der Ruhe-Christi-Straße Ecke Bahnhofstraße. Im Grunde genommen ist das Parkhaus eine Idee, die bereits vor vielen Jahrzehnten schon einmal im Zusammenhang mit dem Generalverkehrsplan von Rottweil diskutiert wurde. Mit dem Erwerb des Gebäudes Bahnhofstraße 1 besitzen wir nun ein strategisch günstiges Grundstück. Damit kann diese Idee nicht nur wieder aufleben, sondern wir können der Umsetzung, im Süden der Innenstadt zusätzliche Stellplätze zu schaffen, einen Schritt näher kommen.
Mittelfristig steht der Neubau des Feuerwehrhauses an. Diese Maßnahme ist in den letzten Jahren immer wieder geschoben worden. Wir befinden uns heute mitten in der Ausführungsplanung. Der technische Ausschuss hat in seiner Sitzung im November der weiteren Planung zugestimmt und sich für eine Ausschreibung der Maßnahme in diesem Jahr ausgesprochen. Damit rückt ein Baubeginn näher.
Meine Damen und Herren, mit diesem Ausblick in das vor uns stehen Jahr komme ich zum Schluss meiner Neujahrsansprache.
Wir können unser Ziel, unsere Stadt lebenswert und liebenswert zu halten, gemeinsam erreichen. Dabei dürfen wir allerdings nicht aus den Augen verlieren, dass wir uns in Rottweil bereits in einer guten Ausgangslage befinden.
Wir sind schuldenfrei. Wir stehen in Sachen Bildungsstandort, Familienfreundlichkeit und Betreuung gut da. Wir unterstützen nachhaltig das Ehrenamt und das bürgerschaftliche Engagement. Wir sind erfolgreich in Sachen Wirtschaftsförderung und Tourismus.
Wir bewahren unser historisches Erbe und geben Raum für die Zukunft.Lassen Sie uns also gemeinsam diesen erfolgreichen Weg weitergehen und alles daran setzen, auch im nächsten Jahr den Zusammenhalt in unserer Stadt zu fördern. Fangen wir rechtzeitig damit an, so wie es Johann Wolfgang von Goethe einmal beschrieben hat.
Er sagte: „Wenn ein Jahr nicht leer verlaufen soll, muss man beizeiten anfangen.“Meine Damen und Herren,
ich hoffe, dass wir alle beizeiten anfangen und unsere guten Vorsätze im neuen Jahr umsetzen.
Ich wünsche Ihnen hierfür die notwendige Kraft und Ausdauer.
Ihnen allen ein gutes Neues Jahr, Gesundheit und Wohlergehen.Auf ein erfolgreiches Jahr 2015!