Es ist jetzt ein Jahr her, dass wir den Haushaltsplanentwurf für das noch laufende Jahr 2021 eingebracht haben. Seinerzeit stand das Zahlenwerk bereits unter dem Vorzeichen der Corona-Pandemie, die dazu geführt hat, dass uns massiv Einnahmen weggebrochen sind und wir zusätzliche unvorhergesehene Ausgaben tätigen mussten, um der Pandemie etwas entgegenzusetzen.
Unser oberstes Ziel war und ist es, die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, den Infektionsschutz in unseren Einrichtungen sicherzustellen und den Betrieb der öffentlichen Daseinsvorsorge aufrechtzuerhalten. Koste es, was es wolle. Gesundheit geht vor! Diese politische Maxime war richtig und ist nach wie vor unser Maßstab bei der Bewältigung der Pandemie. Das gilt auch im nächsten Jahr.
Das hat jedoch seinen Preis. Zwar haben wir in den letzten anderthalb Jahren finanztechnisch mit Augenmaß auf die Herausforderungen reagiert. Zunächst mit einer Haushaltssperre als Sofortmaßnehme zur Vermeidung eines drohenden Fehlbetrages und dann mit einem Nachtragshaushalt, weil die finanzwirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise ein Ausmaß annahmen, das alleine mit der Haushaltssperre nicht zu bewältigen gewesen wäre.
Immerhin verzeichneten wir 2020 sinkende Gewerbe- und Einkommensteuereinnahmen in Höhe von 4,7 Millionen Euro, und auch bei den privatrechtlichen Entgelten und den Gebühren klaffte ein großes Loch. Hinzu kamen unvorhersehbare Mehraufwendungen bei Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.
Im Nachtrag gingen wir für das Jahr 2020 von einem Fehlbetrag von 2,1 Millionen Euro aus. Dank der Sofortmaßnahmen von Bund und Land kompensierten allerdings die aufgespannten Rettungsschirme einen Großteil des Fehlbetrages, so dass wir unser Jahresergebnis um rund 4,6 Millionen Euro verbesserten und wider Erwarten mit einem Überschuss von immerhin 2,4 Millionen Euro abschlossen.
Will sagen: Ohne die Unterstützung von Bund und Land wäre dies in 2020 nicht möglich gewesen.
Mit Blick auf den aktuellen Planentwurf sind allerdings weitere Rettungsschirme nicht zu erwarten. Danach sieht es zumindest derzeit nicht aus. Weitere finanzielle Unterstützungen können wir für das kommende Jahr nicht erwarten. Das heißt, wir müssen wieder aus eigener Kraft unsere finanziellen Handlungsspielräume sicherstellen.
Damit wir auch in den kommenden Jahren unsere Aufgaben erfüllen können, haben wir vorgesorgt und im Rahmen der Haushaltsstrukturkommission eine weitere Runde der Aufgabenkritik durchgeführt. Nach 2013 und 2016 standen erneut freiwillige Aufgaben und die Leistungserbringung bei Pflichtaufgaben auf dem Prüfstand. Das finanzpolitische Ziel der Strukturkommission, insgesamt 1,28 Millionen Euro einzusparen, haben wir erreicht. Damit können wir uns finanziell entlasten.
Warum erwähne ich das heute bei Einbringung des Entwurfs für das nächste Jahr? Ich erwähne es, weil uns dieses Ergebnis der Strukturkommission auf Dauer nicht helfen wird, denn gleichzeitig entstehen in den kommenden Jahren an anderer Stelle neue Aufgaben, die wir anpacken müssen.
Der Haushalt 2022 im Überblick
Die allgemeine Finanzausstattung unserer Stadt bleibt weiterhin sehr angespannt und volatil. Zwar gehen wir heute auf der Grundlage der aktuellen Steuerschätzung und unter Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Eckwerte von einer Erhöhung der Gesamt-Steuereinnahmen von Bund, Land und Kommunen aus. Die aktuellen Prognosen des baden-württembergischen Finanzministeriums liegen weit über den Aussagen vom Frühjahr 2021.
Wir nehmen jedoch wahr, dass die Vorherschau der Steuereinnahmen Schwankungen unterliegt. Das ist im Übrigen auch der Grund dafür, dass wir mit der Vorlage des Planwerkes so lange wie möglich abgewartet haben, um nahezu tagesaktuelle Prognosen und Erkenntnisse zu Grunde zu legen. Und dennoch kann ich Ihnen bereits heute ankündigen, dass wir mit einer langen Änderungsliste nachsteuern werden.
Gingen wir vor wenigen Wochen im Ergebnishaushalt noch von einem Fehlbetrag in Höhe von 1,8 Millionen Euro aus, können wir heute auf der Grundlage der aktuellen Steuerschätzung den Negativsaldo auf 248.000 EUR korrigieren. Das ist zwar eine Verbesserung um rund 1,6 Millionen Euro, dennoch können wir unseren laufenden Betrieb und die Abschreibungen nicht durch laufende Einnahmen finanzieren.
Ein Ausgleich des relativ überschaubaren Fehlbetrages ist dennoch möglich. Wir greifen auf unsere Rücklagen zurück und schaffen dadurch die Voraussetzungen dafür, dass das Regierungspräsidium unseren Haushalt genehmigen wird.
Wichtige Botschaft an dieser Stelle: In den Folgejahren 2023 bis 2025 erwirtschaften wir wieder positive Überschüsse. Ein Rückgriff auf Reserven ist dann nicht mehr erforderlich.
Erfreulich ist auch, dass die Kreisumlage um einen Prozentpunkt geringer zu Buche schlägt als im Urentwurf der Kreiskämmerei veranschlagt. Sie wird damit um 430.000 EUR geringer ausfallen, als kalkuliert, beträgt aber immerhin noch rund 11 Millionen Euro per anno. Sollte die Kreisverwaltung dem Beispiel der Stadt Rottweil folgen und im nächsten Jahr ebenfalls eine Aufgabenkritik durchführen, dann könnte sich das zukünftig aufwandsmindernd auf die Kreisumlage auswirken.
Unser Investitionsvolumen im nächsten Haushaltsjahr stellt eine neue Rekordsumme dar. Rund 28 Millionen Euro fließen in laufende oder neue Investitionsprojekte. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies einen Anstieg um 16 Prozent. Grund hierfür sind vor allem die laufenden Maßnahmen der Schulraummodernisierung und der Betreuungseinrichtungen.
An dieser Stelle ist mir der Hinweis wichtig, dass es weitere Investitionen geben wird, die wir zwar im Blick haben, die allerdings hier noch keinen Niederschlag finden. Es handelt sich um das Stadtmuseum, die Bäder und die Ganztagesbetreuung.
Schwerpunkte in der Zukunft
Das Ergebnis der Haushaltsstrukturkommission legt erste Leitplanken für das finanzpolitische Handeln der nächsten Jahre fest. Die Strukturdiskussion wird aber Daueraufgabe bleiben.
Darüber hinaus wollen wir uns den wichtigen Zukunftsthemen wie Verwaltungsdigitalisierung, Betreuung und Bildung, Klimaschutz und Klimafolgenanpassung sowie Mobilität widmen und den Bürgerinnen und Bürger die notwendigen Dienstleistungen und Aufgaben der Daseinsvorsorge weiterhin anbieten.
Folgende Punkte erscheinen mir erwähnenswert:
Die Einsparungen der Haushaltsstrukturkommission sind mit Augenmaß geführt worden. Wir werden auch im nächsten Jahr auf allen Politikfeldern unsere Aufgaben wahrnehmen, auch bei den freiwilligen Leistungen. Wir stehen weiterhin zur Vereinsförderung und zu den Leitbildern der Kultur, der Bildung und Schulen, der familienfreundlichen und sozialen Stadt sowie zu Tourismus und Wirtschaftsförderung. Letzterer Aspekt spielt gerade im Hinblick auf die vielen Leerstände in der Innenstadt und in enger Zusammenarbeit mit dem GHV eine wichtige Rolle.
Ein Schwerpunkt bei den Investitionen liegt im Bildungsbereich und der Kinderbetreuung. Die Sanierung und Schulraummodernisierung beim DHG und der Achertschule werden fortgesetzt und in der ehemaligen Edith-Stein-Schule zusätzliche Plätze für die Kinderbetreuung geschaffen, ergänzt durch das vorübergehende Angebot in der Armlederanlage.
Ein weiterer Schwerpunkt bezieht sich auf die Mobilität. Wir nutzen dank der Landesgartenschau die günstige Förderkulisse, um zukunftsweisende Investitionen zu tätigen. Wir wollen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Rottweil sich heute auf die Mobilität von Morgen einstellen kann. Intelligente, digitale und autonome Verkehrsträger gehören genauso zu diesem Konzept wie die Bündelung von vorhandenen Stellplätzen, um in der Innenstadt Vorrang zu schaffen für Radfahrer und Fußgänger und einer neuen Form des ÖPNV.
Aktuell – und auch das gehört zur Verkehrswende dazu – stehen wir kurz vor der Realisierung des Parkhauses auf der Groß`schen Wiese – jetzt läuft noch das Bebauungsplanverfahren – um dort einen weiteren Parkierungsschwerpunkt zur Entlastung der Innenstadt zu schaffen. Das sind alles Themen die in der Einwohnerversammlung vom Oktober behandelt wurden. In der Zwischenzeit haben wir sehr konstruktive Gespräche mit den verschiedenen Interessensgruppen geführt. Ich habe den Eindruck, dass wir uns angenähert haben. Im März wollen wir den gemeinsamen Dialog in Form eines Workshops fortführen.
Wichtiges städtebauliches Ziel der kommenden Jahre bleibt weiterhin die Landesgartenschau. Derzeit findet der internationale Planungswettbewerb für das Kerngebiet der Landesgartenschau statt. Mit ersten Ergebnissen rechnen wir im Frühjahr, wenn das Preisgericht zur Jurysitzung zusammenkommt. Unabhängig davon wird als eine der ersten Maßnahmen bereits im nächsten Jahr mit der Neckarrevitalisierung begonnen. Das Land Baden-Württemberg führt die Maßnahme durch. Das haben wir in den letzten Tagen vereinbart.
Wir leisten auf verschiedenen Ebenen unseren Beitrag zu Klimaschutz und Klimaschutzanpassung. Neben der Schaffung von Planungsrecht für PV-Freiflächenanlagen setzen wir die energetische Sanierung von städtischen Gebäuden im Zuge des Gebäudemanagements fort. Im Rahmen des kommunalen Risikomanagements haben wir im Entwurf des Haushaltsplans Ansätze geschaffen für Starkregenmanagement, für kommunale Wärmeplanung und Hagelflieger.
Die Digitalisierung schreitet weiter voran. Neben dem Handlungsfeld der Mobilität liegt unser Schwerpunkt in Zukunft verstärkt auf den verwaltungsinternen Apparat: barrierefreie städtische Internetseite, digitale Endgeräte für Gemeinderäte, Ausbau der Homeoffice-Arbeitsplätzen und der Videokommunikation in den Rathäusern und Schaffung der Voraussetzungen dafür, dass wir bis Ende 2022 unsere Verwaltungsleistungen über Verwaltungsportale auch digital anbieten. Das Online-Zugangsgesetz gibt uns hierbei die Richtung an.
Blick in die Zukunft
Um in den Kommunen weitere Fortschritte in der „Verwaltungsdigitalisierung“ machen zu können, werden Finanzmittel für die technische Infrastruktur sowie für die Implementierung entsprechender Prozesse benötigt.
Handlungsbedarf besteht auch hinsichtlich der Zielsetzungen des „Paktes für gute Bildung und Betreuung“. Es besteht weiterhin Bedarf zur Schaffung zusätzlicher Kita-Plätze, und deshalb muss auch eine Antwort auf die Frage gefunden werden, wie Kommunen bei Investitionen für den Kita-Ausbau langfristig durch das Land unterstützt werden können. Neben der Quantität gilt es durch die dauerhafte Absicherung der Leitungszeit in den Kindertagesstätten auch die Qualität zu sichern. Durch die erst kürzlich auf Bundesebene herbeigeführte Entscheidung zur Einführung eines Rechtsanspruchs auf Ganztagesbetreuung in den Grundschulen wird unserer Nettoressourcenverbrauch und damit der nicht durch Einnahmen gedeckte Finanzmittelbedarf weiter steigen. Unser Ziel ist es hier, durch ein entsprechendes Strukturgutachten eine Optimierung unserer Betreuungsangebote zu erreichen im Hinblick auf Qualität, Standort und erforderliche Investitionen. Mit den ersten Ergebnissen rechnen wir Anfang 2022. …
Unser Bedarf an Investitionen insgesamt ist riesig, und allein die Anforderungen an Betreuung, Mobilität und Klimaschutz sprengen unseren finanziellen Gestaltungsspielraum. Bei all den wichtigen und nachvollziehbaren Zielen müssen diese auch finanzierbar sein. Aus eigener Kraft können wir das nicht leisten. Daher braucht es praktikable und verlässlich ausgestaltete Förderprogramme und einen höheren Anteil am Steueraufkommen.
Ein konkretes Beispiel an dieser Stelle, wie es nicht laufen sollte: 2018 haben wir zum ersten Mal einen Antrag auf Ko-Finanzierung einer Nachhaltigkeitsstelle bei ENGAGEMENT GLOBAL gestellt. Seither werden wir vertröstet. 2022 haben wir eigentlich die Stelle einrichten wollen. Die Zeichen waren positiv. Nach wie vor warten wir allerdings auf eine Entscheidung. Auf Nachfragen kriegen wir die Antwort, das Auswahlverfahren sei noch nicht abgeschlossen.
Fremdfinanzierung und nachhaltiges Wirtschaften
Der Gemeinderat hat sich in der Vergangenheit immer zu einer nachhaltigen Finanzpolitik verpflichtet und dazu, notwendige Investitionen ohne Kreditaufnahme zu finanzieren.
Unser Investitionsvolumen in den nächsten Jahren beträgt bis 2025 allerdings rund 100 Mio. EUR. Dahinter verbergen sich
die Landesgartenschau (20,65 Mio. EUR),
die Sanierung und der Teilneubau des DHG (8,8 Mio. EUR),
das Parkhaus Großsche Wiese (6,5 Mio. EUR),
der Neubau einer Ersatzsporthalle für die ABG-Halle (5,1 Mio. EUR) und
ein Brückenneubau im Neckartal (3,6 Mio. EUR)
um damit mit wichtigen Infrastrukturmaßnahmen ein Invest in die Zukunft unserer Stadt zu leisten.
Der überwiegende Teil dieser Investitionen stemmen wir aus eigener Kraft. Rund zehn Prozent müssten über eine Kreditaufnahme finanzieret werden. Dem Gemeinderat steht es frei, sich entweder an der Selbstverpflichtung des genannten finanzpolitischen Zieles zu orientieren oder angesichts der anstehenden Zukunftsaufgaben neue Maßstäbe zu setzen und rentierliche Schulden zu machen. Insbesondere die Investitionen in die Landesgartenschau 2028 verspricht langfristig einen Rückfluss an eingesetztem öffentlichem Kapital.
Dank
Der Kämmerei ein herzliches Dankeschön für die Erarbeitung des Planwerkes, an vorderster Stelle Herr Herbert Walter, der im Anschluss die Details erläutern und auf das Zahlenwerk eingehen wird.
Mein Dank gilt ebenso Frau Heinze und Frau Hoffmann von der Kämmerei und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Unterstützung in einer auch weiterhin besonderen Zeit.
Ihnen, liebe Stadträtinnen und Stadträten, danke ich für die konstruktive Zusammenarbeit im laufenden Jahr und hoffe auf eine Fortsetzung des gedeihlichen Miteinanders im kommenden Jahr.
Ich wünsche Ihnen und uns dann im neuen Jahr gute Haushaltsberatungen, zunächst jedoch eine besinnliche und gesunde Weihnachtszeit und einen guten Start ins neue Jahr 2022!