
ROTTWEIL – Die wichtigste Frage beantwortet Houma Kustermann fast nahezu beiläufig, als der Vortrag im vollbesetzten Bistro des Rottweiler Kapuziners schon knapp eine Stunde andauert: „Es geht ihm sehr gut. Er hat die drei Chemozyklen gut vertragen, und wenn er die vierte Einheit ebenso gut verträgt, können wir ihn bald operieren“. Gemeint ist der fünfjährige Daniel, der vom in Rottweil ansässigen Verein Hamami Anfang Februar nach Deutschland geholt wurde und seither in der onkologischen Kinderabteilung des Uniklinikums Tübingen behandelt wird.
Das Aufatmen und die Freude der zahlreichen Besucher war in diesem Moment geradezu greifbar. Informieren wollten Reiter und die Kinderzahnärztin und Hamami-Vorsitzende Kustermann. Und das nicht nur zu Daniel, sondern auch über all das andere, was Hamami in einem der ärmsten Gegenden Kameruns für die dort lebenden Menschen leistet. So auch darüber, wie eine Sammelaktion von Nähmaschinen in Rottweil und Umgebung dazu geführt hat, dass in der Kreisstadt Meiganga, aus der auch Daniel stammt, eine Berufsschule eingerichtet wurde, in der benachteiligte junge Mädchen und Männer eine Ausbildung als Schneider erhalten. Im Gegensatz zu anderen Berufsschulen vor Ort wird kein Schulgeld erhoben. Und es gibt täglich eine warme Mahlzeit. Das Konzept zu dieser Berufsschule überzeugt die Besucher des Abends – spontan brandet Beifall auf.
Und es gibt viel Wissenswertes zu Kamerun zu erfahren. Beispielsweise, dass das Durchschnittsalter der dort lebenden Menschen bei 18,5 Jahren liegt, die klimatischen Bedingungen extrem unterschiedlich sind und 40 Prozent der Menschen unter der Armutsgrenze leben. Dazu kommt, dass Bürgerkriege drohen und das Land zudem zahlreiche Flüchtlinge aus Bürgerkriegsregionen aufnehmen musste.
Die Bedingungen sind also schwierig. Auch für die Familie von Daniel, über die es an diesem Abend ebenfalls zahlreiche Informationen gibt. Der Vater fährt Motorradtaxi, was auf den in der Regel ungeteerten Straßen ein abenteuerlicher Beruf ist, der zudem wenig Geld einbringt. Es ist schwer, damit der Familie das Überleben ohne Mangel an nahezu allem zu sichern. Sehr eindrücklich wird dies mit einem Film zu Beginn des Abends dokumentiert.
Und zu all diesen widrigen Lebensumständen kommt die schwere Erkrankung von Daniel, der bei einem Einsatz von Hamami im Januar 2023 dem Ärzteteam vorgestellt wurde. Dass die Behandlungskosten für den tapferen Jungen geradezu explodiert sind, konnte so nicht vorher gesehen werden. Ursprünglich ist man davon ausgegangen, dass die Behandlung deutlich weniger aufwändig ist, als sich dies dann herausgestellt hat. „Wir haben mit allem gerechnet, aber nicht mit solchen Summen“, erklärte Kustermann.
Erst auf Daniels Flug nach Deutschland kam die Nachricht, dass seine riesige Geschwulst am Hals ein Neuroblastom sei. Dazu kommt, dass Halsschlagader und Nervenbahnen durch den Tumor verlaufen. Die notwendige Operation gestaltet sich also äußerst schwierig, sie dürfte zwischen acht und zehn Stunden dauern. Und sie ist in Kamerun nicht möglich, sodass es nur die Möglichkeiten gab, Daniel innerhalb weniger Wochen sterben zu lassen oder ihn nach Deutschland zu holen.
„Es war für uns alle keine rationale Entscheidung, dies zu tun“, so Kustermann. Aber es war eine von der Menschlichkeit diktierte Entscheidung. Seine Heilungschancen liegen zwischen 40 und 70 Prozent. Dies hängt auch von seiner postoperativen Betreuung ab.
Nach der vierten Chemoeinheit und der Operation ist eine autologe Stammzellentransplantation erforderlich. Ob dann auch Bestrahlungen notwendig werden, soll später von den Ärzten entschieden werden.
Doch aktuell geht es Daniel gut. Dies wurde auch in einem Film deutlich, der vom Uniklinikum Tübingen gedreht wurde. Zu sehen ist ein lebensfrohes und glückliches Kind, das sogar ein kleines Tänzchen wagt und sich an den Fischen, die im Aquarium der Kinderabteilung schwimmen, erfreut. Und auch die behandelnden Ärzte sind sehr zuversichtlich. So zitierte Kustermann einen der Ärzte mit den Worten: „Die Metastasen und der Haupttumor schmelzen wie Eis in der Sonne“.
Und es gibt weitere gute Nachrichten: Durch die große Spendenbereitschaft sind inzwischen mehr als 350 000 Euro zusammengekommen. Noch fehlt zwar einiges bis zum avisierten Ziel von 685 000 Euro für die komplette Behandlung, doch scheint es nicht mehr unmöglich, dieses Ziel tatsächlich auch zu erreichen.
Spendenkonto:
Hamami e.V.
IBAN: DE 86 6425 0040 0009 1056 76
Weitere Informationen unter: hamami.org
Vielleicht eine blöde Frage. Wer kommt für die Kosten auf wenn die anvisierte Summe nicht erreicht wird? Herr Reiter und Frau Kustermann?
Da das Klinikum sich sicherlich vorab keine Bürgschaft hat geben lassen ist die Antwort doch klar: Wie immer, die Beitragszahler der Gesetzlichen Krankenkassen.
Als selbständige Unternehmer sind Herr Reiter und Frau Kustermann natürlich privatversichert.
Das denke ich nicht. Eine Uniklinik holt zuerst die Kostenzusage ein…… Na, ja die beiden können das sicherlich gut verkraften.