ROTTWEIL – Für einen Montagabend ist die Alte Stallhalle gut gefüllt – es scheint sich herumgesprochen zu haben, dass da ein junges Ausnahmetalent beim Rottweiler Jazzfest aufschlägt. Was sich für die Zuhörer übrigens rasch bestätigt: Die zwanzigjährige Bassistin Kinga Głyk rockt mit ihrer Band mal eben die Halle. Wow!
Da haben die Festivalmacher ein feines Händchen gehabt: Kinga Głyk ist die jüngste Jazzsensation, eine polnische Frontfrau, die europaweit – und im Internet – Furore macht. Sehr bodenständig, sehr familiennah tritt sie in Rottweil auf – Vater (Vibraphon) und Bruder (Tontechnik) sind mit am Start, dem kleinen Neffen widmet sie einen eigenen Song.
Wenn indes Kinga am Bass mit Pawel Tomaszewski an den Tasten, David Haynes am Schlagzeug und immer wieder Irek Głyk am Vibraphon loslegt, dann tobt kein kleiner Sturm, sondern ein ausgewachsener Jazztornado durch die Halle, der blitzschnell in einen flüsternden Windhauch umschlägt und alsbald wieder mit mächtigem Getöse braust.
Wuchtige Drumbeats, intime Piano- und sägende Synthiesequenzen, geschickt eingebundene Vibraphonraffinessen und furiose Bassläufe: Was hier jeder der Protagonisten als Solist und Ensemblemitglied aus seinem Instrument herausholt, ist auf spielerisch höchstem Niveau und lotet harmonisch wie dynamisch die Grenzen von Jazz, Funk und Blues aus.
Applaus brandet immer wieder von Neuem auf, das Publikum ist restlos begeistert. Viel zu schnell ist die Zeit verflogen, kommt als Zugabe noch die ganz eigene Umsetzung von Eric Claptons „Tears in Heaven“ als Solostück für Bass – und dann freut sich Kinga Głyk über viele persönliche Begegnungen.
Sie bekommt sie auch, an ihrem Merchandisingstand, der anreisebedingt aus kaum mehr als einem Tisch und einem kleinen Stapel CDs besteht. Kinga strahlt, grinst, spricht mit jedem und schüttelt zahlreiche Hände. Wir werden sie wiedersehen. Hoffentlich in Rottweil. Wer nicht warten kann: Im Herbst ist sie in Karlsruhe und Freiburg zu Gast.