
“Erinnern ist die Voraussetzung für die Zukunft” – unter diesem Aspekt reisten drei Mitglieder der Initiative Gedenkstätte Eckerwald, die Vorsitzende Brigitta Marquart – Schad, Mitglied Gerold Müller und Beiratsmitglied Heide Friederichs, nach Warschau, um Überlebende der Konzentrationslager des Projektes “Wüste” Schörzingen(Eckerwald) und Dautmergen zu besuchen.
Rottweil. Die meisten Überlebenden der KZ sind inzwischen verstorben, umso wichtiger werden die Kontakte zu deren Nachkommen. Die Initiative hält die Verbindungen zu ihnen seit vielen Jahren aufrecht, nicht nur bei der jährlichen Gedenkfeier im Eckerwald, sondern auch bei ihren Besuchen in Polen.
Nach dem Warschauer Aufstand (1.August 1944 bis 5. Oktober 1944) gegen die Nazi-Besatzungsherrschaft mit dem Tod von etwa 18.000 Aufständischen und 180.000 Zivilisten und der kompletten Zerstörung der polnischen Hauptstadt, waren viele damals überlebende Polen in die Todesfabrik Ausschwitz-Birkenau deportiert worden und von dort weiter in KZ nach Deutschland. So auch der inzwischen verstorbene Zeitzeuge Jacek Zieliniewicz, dessen Töchter Dorota und Wieslawa mit der Initiative verbunden sind.
Ebenso der verstorbene Eugeniusz Dabrowski mit Verbindung zu dessen Sohn Mirek. Rychard Sztanka, Sohn von Valenty Sztanka – der Vater und seine Söhne Henry und Jerzy kamen in das KZ Dautmergen, aber nur die Söhne überlebten die “Todesmärsche” – wurde im KZ Sachsenhausen geboren und überlebte wie seine Schwester Jadwiga Matysiak. Beide sind längst Freunde der Initiative.
Sicher ein Höhepunkt war der Besuch bei dem 99jährigen Überlebenden des KZ Dautmergen Edward Lecki: Die Freude im Kreis seiner Familie war sichtbar und berührend. Seine Häftlingsnummer war damals die Nr. 32561 und er mußte mit seinem Vater zwölf Stunden Schwerstarbeit beim Legen von Eisenbahnschwellen leisten, sein Vater überlebte diese brutale Zwangsarbeit nicht, er selbst wurde nach der Verlegung ins Krankenlager Dachau am 29. April 1945 von der US-Armee befreit.
Einen Tag reiste die Delegation zu den Zeitzeugen Wieslaw und Ricarda Majchrzak nach Lodz. Ihr Empfang war herzlich und der gemeinsame Gang auf den Friedhof zum Grab seines Vaters Stanislaw Majchrzak (gestorben 2016 mit 96 Jahren), der das KZ Dautmergen überlebt hatte, half den Angehörigen in ihrer Trauer.
Zur Tradition geworden ist ein gemeinsames Abendessen in Warschau, zu dem die Initiative die polnischen Freunde einlädt, und diese das Treffen vor Ort organisieren. Mit zwölf Personen fand ein herzliches Wiedersehen und ein vielseitiger Austausch in drei Sprachen – Polnisch-Englisch und Deutsch – statt. Auch die Enkelgeneration und Familienangehörige ehemaliger Überlebender waren gekommen, um die Erinnerungen weiterzutragen.
Die Geschichte der Nazis in Polen ließ auch die Mitglieder der Initiative nicht los: Das beeindruckende Museum über den Warschauer Aufstand in Warschau, in dem sicht-und hörbar die Zerstörungswut der Nazi-Besatzer nachvollzogen werden konnte, oder das wiederaufgebaute Jüdisch-Wissenschaftliche Institut mit einer Ausstellung über das Warschauer Ghetto und die Zerstörung der großen nicht wiederaufgebauten Synagoge. Ohne diese Erinnerungen wäre eine Zukunft zur Versöhnung und Völkerverständigung nicht denkbar.