Lakritze kommt nicht aus Rottweil. Der Laktritztag aber, der wurde in Rottweil geboren – und wird heute schon zum dritten Mal begangen. Wir haben mit dem Mann gesprochen, der ihn ins Leben gerufen hat.

Rottweil (mm). Eigentlich wollte Christian Kaufmann nur wissen, woraus Lakritze gemacht ist, doch kein Buch verriet ihm das Geheimnis. Das war 1999. Heute betreibt seinen eigenen Lakritz-Blog und hat den Weltlakritztag eingeführt. Der findet am heutigen Sonntag, am 12. April statt, und auch in Rottweil konnte man zuletzt an der einen oder anderen Ecke die schwarze Süßigkeit abstauben.
Bei uns im Ländle heißt die Lakritze ziemlich abwertend „Bärendreck“. Das findet der aus dem Ruhrgebiet stammende Wahlrottweiler nicht so gut. In seiner alten Heimat wird die Süßigkeit nämlich weit mehr geschätzt. Und als er dann eines Tages Bücher wälzte, um herauszubekommen, woraus die Lakritze eigentlich besteht, fand er nichts. Also suchte er im Internet weiter und wurde fündig: Die Amerikaner nämlich schätzen die „Liquorice“ sehr, und schließlich stieß Kaufmann auf einen Lakritzladen in Nebraska, der am 12. April den Lakritztag veranstaltet, drei Tage, bevor die Leute ihre Steuern bezahlen müssen. Süßessen statt schöntrinken scheint also auch zu funktionieren.
Die Idee war geboren: Der 12. April muss auch hierzulande der Lakritze gewidmet werden. Den Lakritz-Blog gab‘s da bereits, hier postet Kaufmann alles, was man über die schwarze Schnecke aus Süßholzwurzel wissen muss (ja, daraus besteht sie nämlich). Und sie ist keineswegs immer eine Schnecke, da sind nur die Deutschen etwas einfallslos. Kaufmann schwärmt von schokoladenumhüllten Teilen mit einem Coating aus Passionsfrucht, von scharfer Chili-Lakritz, die man in einem holländischen Käseladen bekommt, von eher herben italienischen Süßholz-Süßem oder den winzigen harten Spaniern in der kleinen Dose, so hart, dass sich damit auch zum Samba rasseln lässt.
Lakkris gibt’s in Island, in Spanien Regaliz, und die Australier sind ganz scharf auf Liquorice. Und Berlin, die Stadt in Deutschland mit der höchsten LSD-Quote, also der Lakritz-Spezialitätenladen-Dichte: Hier findet man im Seifen- und Senfladen Lakritze. Eben als Senf. Oder als Seife. Lady Gaga hat sogar mal ein Parfum mit angeblichem Lakritzduft heraus gebracht, erzählt Kaufmann. Das hat er 30 Leute riechen lassen – eine echte Feldstudie -, doch so wirklich begeistert war keiner.
Begeistern, das will Kaufmann aber. Mit dem Lakritztag, für den er Hersteller besucht, auf Messen geht, Verkostungen abhält, sich mit anderen Bloggern zum Naschen trifft, Sponsoren auftreibt. 5000 besondere Lakritzteilchen hat er jetzt in ganz Deutschland verteilt, auch in einigen Rottweiler Geschäften. „Die meisten Leute sind entzückt“, weiß Kaufmann, der den Lakritztag schon zum dritten Mal organisiert.
Der Welt-Lakritztag-Erfinder freut sich riesig, dass erstmals auch die Schweizer im Boot sind. Eine dortige Agentur hat auf Kaufmanns Werben reagiert: „Die meinten: ‚Endlich mal eine beknackte Idee‘“, wie Kaufmann schmunzelnd erzählt, und nun kann man auch in der Schweiz lustige und leckere Lakritzkreationen probieren.
„Lakritze braucht ein einfach besseres Image“, findet Kaufmann, der eigentlich in der Heliosklinik als Medizincontroller arbeitet und durchaus noch andere Hobbies hat. Segeln zum Beispiel. Aber nur mit Lakritze in Reichweite. Und der vom Lakritzkaffee in Dänemark schwärmt – überhaupt sind die Skandinavier viel schärfer auf Süßholz als die Leute hierzulande. Aber das wird sich ändern, zumindest wenn es nach Kaufmann geht. Erfahrungen hat er da schon gute gemacht: Wer die Köstlichkeiten der letzten Lakritztage probiert hat, kam meist wieder und wollte nochmal.