ROTTWEIL – In großer Solidarität unterstützen viele Rottweiler die Partnerschaft der „Bürgerinitiative für eine Welt ohne atomare Bedrohung“ mit der belarussischen Stiftung „Den Kindern von Tschernobyl“ und deren gemeinsame Projekte seit vielen Jahren. 35 Jahre nach der Tschernobyl-Katastrophe gibt es erneut Anlass zur Sorge um die Menschen in Belarus und es gibt auch wieder Solidaritätsaktionen und Unterstützung in Rottweil.
Seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl und den friedlichen Protesten von hunderttausenden von Bürgerinnen und Bürgern in ganz Belarus, geht der Staat mit großer Härte und Brutalität dagegen vor. Mehr als 45.000 Menschen wurden bisher verhaftet, hunderte Folterfälle sind dokumentiert, mehr als 900 politische Gefangene sind seither zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Der Außenminister drohte mit der „Vernichtung der Zivilgesellschaft“. Seither wurden 300 Nichtregierungsorganisationen zwangsliquidiert, alle unabhängigen Medien wurden geschlossen, Protestierende verlieren ihre Arbeit und Aktivisten fliehen vor harten Repressionen ins Zwangsexil.
Auch die belarussischen Partner und Freunde der Bürgerinitiative sind davon betroffen. „Der Himmel über Belarus ist schwarz, wir spüren die Repressionen täglich“, berichten die Freunde. Die Kindererholungen der Tschernobylkinder können nicht mehr durchgeführt werden, dem freien Jugendhaus der Rottweiler Partnerorganisation wurde gekündigt, die engagierten Jugendlichen sitzen jetzt auf der Straße. Gerade in der Corona belasteten Situation hatten sie alten und behinderten Menschen geholfen und viele soziale Projekte durchgeführt. Aktive verloren wegen ihres Engagements ihre Arbeit und auch gegen die Journalisten und die unabhängige Zeitung in der Partnerstadt wurde vorgegangen.
Um dieser Entwicklung etwas Positives entgegen zu setzen wurde die Rottweiler Bürgerinitiative aktiv und wird dabei von vielen Rottweilern unterstützt. „Wie damals bei der Reaktorkatastrophe überlegten wir, wie wir Solidarität und Hilfe leisten können“, berichtet die Bürgerinitiative. Neben vielen Öffentlichkeitsaktionen um über die Situation in Belarus zu berichten, wie zum Beispiel beim Buß- und Bettagsgottesdienst und im Filmclub mit dem belarussischen Film „Courage“, organisierte die Bürgerinitiative Spendenaktionen. Mit Spenden können diejenigen unterstützt werden, die vor der Verfolgung ins Ausland fliehen müssen. Meist müssen sie alles zurück lassen und sind dann mittellos.
Beim Stadtradeln im Juni machte die Bürgerinitiative deshalb mit 25 radelnden Unterstützern ein „SolidaRadeln Belarus“, schaffte mehr als 6300 Kilometer und bekam dafür 3000 Euro an Spenden. Bei Ständen und weiteren Aktionen kamen in diesem Jahr insgesamt 6000 Euro Spenden zusammen, die zur Unterstützung der belarussischen Geflüchteten und deren Kindern direkt an den Nothilfefonds Belarus weiter geleitet wurde.
Mit Briefaktionen für die politischen Gefangenen will die Bürgerinitiative – unterstützt von der Ortsgruppe von amnesty international, dem Weltladen und den beiden Kirchengemeinden – ein weiteres Zeichen der Solidarität setzen. Alle vorbereiteten 754 Briefe, jeweils übersetzt und mit einer Ansichtskarte von Rottweil versehen, fanden an Ständen in der Innenstadt und bei Aktionen einen Absender und konnten an die politischen Gefangenen in den Haftanstalten verschickt werden. Eingegangene Antwortschreiben zeigen wie wertvoll solche Schreiben sind.
Wladislaw, 28 Jahre, Schmied und Holzschnitzer, und wegen seiner Proteste zu zwei Jahren Strafkolonie verurteilt, schreibt: „ Die Briefe helfen mir sehr. Es ist schön und wichtig für mich, dass Sie uns nicht im Stich lassen. Danke für Ihre Unterstützung“ und Pavel, 51 Jahre, Geschäftsmann und ebenfalls politischer Gefangener, schreibt: „Ich danke sehr für Ihre guten Worte, sie geben mir viel Energie und Standhaftigkeit“.
Wie geht es weiter? In einer aktuellen Digital-Konferenz mit Vertretern der belarussischen Partner und den Tschernobylgruppen aus ganz Deutschland war der Tenor bei allen: „Wir machen unbedingt weiter! Unsere belarussischen Freunde brauchen jetzt mehr denn je unsere Solidarität“. Auch die Rottweiler Bürgerinitiative war dabei und wird weiter aktiv sein. Die Bürgerinitiative und ihre Partner danken allen für die bisherige große Hilfe und freuen sich über jede weitere Unterstützung für ihre neuen Projekte.