ROTTWEIL – Ein famoses Wochenende mit ganz unterschiedlichen Interpreten bot das Rottweiler Jazzfest in der Alten Stallhalle: Freitagabend erst ein Revival des Quintetts True Blue um den Rottweiler Bassisten German Klaiber, anschließend mit leichter Verzögerung zarter und intimer Gesang von Stacey Kent samt Band. Samstagabend dann zwei Stunden grooviger Funkkracher – hier heizte Candy Dulfer der mehr als ausverkauften Halle ordentlich ein.
Der Freitagabend beginnt mit einem Wiedersehen: Auf der Bühne startet ein vergnügtes Quintett, das zuletzt vor über zwanzig Jahren zusammen live jazzte und nicht nur mit Songs von der eigenen CD aus dem Jahr 1993 aufwartet. Die Mannen um den Rottweiler Basser German Klaiber, zwei Schweizer und drei Deutsche, sie spielen sich im Handumdrehen in die Herzen des Publikums.
Ob Deutsch oder Englisch, Spanisch oder Italienisch, Pascal Dussez conferenciert und singt und swingt sich und die Menge mitreißend durch den Abend. Andi Erchinger wirbelt an den Tasten, Klaiber im Hintergrund lächelnd an den Saiten, Wege Wüthrich bläst kraftvoll und bestnes gelaunt das Sax, und Elmar Frey gibt den Beat dazu.
Quer durch die Musikgenres spazieren sie in 75 Minuten, und doch wirkt ihr Programm wie aus einem Guss, sind nicht nur die Herzen der Damen im Saal spürbar verzaubert. Shiny Stockings? Sting? Oder ein Blues? Eine feine Nummer folgt auf die nächste, bis irgendwann leider Schluss ist, mit Tu Vuò Fa‘ L’Americano als gewitzter Zugabe.
Die Umbaupause dauert etwas länger als geplant, der Hauptakt des Abends wird derweil vom Festivalarzt durchgecheckt – um halb elf betritt Stacey Kent dann gottlob die Bühne. Mit betörender Stimme, die manch einen Song fast zu raunen scheint, mit spielerischer Dichte runden sie und ihre Mitstreiter den Abend ab – hier darf es mal Französisch, dann wieder englisch sein, bis wir aus der Halle wandeln in die Nacht…
Wandelgang ist am Samstagabend nicht mehr drin, eher Volkswandertag, wann war die Halle das letzte Mal so brechend voll? Von weither strömen die Fans, da ist auch der Weg aus dem Allgäu nicht zu weit, wenn Candy Dulfer auf der Bühne steht. Oder rennt, läuft, singt, bläst, ihre zupackende Band ihr den Funksoulrhythm als fetten, knackigen Teppich legt, sie ihr Saxophon darauf spazieren führt, mit der Menge witzelt, sie mitsingen lässt und dann wieder zum nächsten Solo wechselt. Ein Song für Price? Einer von Dave Stewart? Aber gerne doch, sie kennt sie ja alle bestens. Pick up the Pieces!
Natürlich dürfen auch die Jungs ran, singen und solieren, bekommen ihren Platz. Hammerhart und Musik satt. Die Luft steht im Raum, und auch die Zuschauer stehen irgendwann alle, die Bestuhlung wirkt ohnehin fehl am Platz, alle feiern den Abend und die fliegende Holländerin vorne am Saxophon mit ihrer Partytruppe. Das kracht und rummst wie zuletzt 2018 bei Tower of Power – 2019 ist es Girl Power satt. 50 wird Candy Dulfer im Herbst. Wir gratulieren schon heute und freuen uns auf eine Reprise!