ROTTWEIL – Brauchbare Illegalität“ wünscht sich Michael Wiest ab und an von der Verwaltung, wenn es um die Umsetzung pragmatischer Lösungen vor Ort geht. Das wurde deutlich beim lokalpolitischen Gespräch mit Oberbürgermeister Dr. Christian Ruf, zu dem Forum für Rottweil (FFR) eingeladen hatte. Bezogen hatte Wiest das Zitat des letzten Ministerpräsidenten der DDR, Lothar de Maizière, mit einem Augenzwinkern vor allem auf die nicht immer verständliche Lärmschutzbeschilderung. Diese geht auf die Umgebungslärmrichtlinie der Europäischen Union (EU) zurück, wie OB Dr. Ruf erläuterte.
Die Regelungen für die Verteilung der Schilder im Stadtgebiet war nur eines der Themen, die die Versammelten mit Dr. Ruf diskutierten. Verkehr, Kultur, Gewerbe und soziale Stadt wurden in den rund zwei Stunden angesprochen, Argumente dazu ausgetauscht. FFR-Sprecher Michael Leibrecht wies darauf hin, dass die Themen sich während der 30 Jahre seit Gründung von FFR nicht gewandelt hätten.
Neu dazugekommen ist der Klimaschutz, der alle Bereiche berührt und breiten Raum in der Diskussion einnahm. FFR-Stadträtin Elke Reichenbach bedauerte, dass der Gemeinderat mehrheitlich entschied, die Position des Klimaschutzmanagers, zu dessen Stellenfinanzierung ein Förderantrag läuft, beim Fachbereich 5, Hochbau und Gebäudemanagement, anzusiedeln. Eine Stabstelle beim Oberbürgermeister hätte sie sinnvoller gefunden. Zwar könne im Baubereich viel CO2 eingespart werden, doch sei Klimaschutz umfassend zu sehen, vielseitige Bewusstseinsbildung gehöre dazu.
Plan zur Energiewende?
Heide Friedrichs äußerte ihre Sorge, dass der Klimaschutz nicht die nötige Relevanz im Gemeinderat erhält. „Gibt es einen Plan zur Energiewende in Rottweil?“, fragte sie. Sie plädierte für klare Ziele und verwies auf die Unsicherheit in der Bevölkerung, auch was neue Techniken und Auflagen etwa im Heizungsbau betrifft. OB Dr. Ruf unterstrich: Er wolle den Klimaschutzmanager und hoffe sehr auf die Förderung. Dann wolle er eine CO2-Bilanz erstellen lassen, „um zu sehen, wo wir stehen, und wie man diese auf 0 bekomme“.
Leibrecht betonte, dass der Klimaschutzmanager alleine aber nicht reiche, Ressourcen für Änderungen müssten da sein. „Klimaschutz ist nicht grün, rot, schwarz oder gelb.“
FFR-Stadtrat Reiner Hils fragte, wie Gewerbegebiete zukünftig flächenschonender geplant werden könnten, mit mehrstöckigen, auch recyclingfähigen Gebäuden und weniger Parkierungsflächen auf der grünen Wiese. Was für den Wohnungsbau gelte, müsse verstärkt auch in Gewerbe und Industrieflächen angewandt werden. Rottweil könnte dabei doch Vorreiter sein, so seine Idee. Weniger Flächen zu verbrauchen, sei aber auch im Wohnungsbereich nötig. Es bräuche neue Ideen und Anreize.
OB Dr. Ruf betonte, dass er die Sanierung im Bestand dem Neubau grundsätzlich vorziehe und die Stadt deshalb Anreize durch das Sanierungsprogramm setze. Dadurch seien in der historischen Innenstadt eine Vielzahl an Wohnungen saniert oder neu geschaffen worden. Die Stadt wolle aber noch mehr mit Hausbesitzern in Innenstadt und Teilorten ins Gespräch gehen. Für die Innenstadt setze er sehr auf das Mobilitätskonzept: Verringerung des Autoverkehrs, Stärkung von ÖPNV und Radverkehr und die Aufwertung des Friedrichsplatzes. Zum geplanten Verkehrsversuch sei im Herbst eine Zwischenbilanz geplant. Diese soll neben den Verkehrszahlen auch das Feedback aus der Bürgerschaft berücksichtigen. „Auf dieser Grundlage kann dann der Gemeinderat entscheiden, wie es weitergeht“, so das Fazit.
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