ROTTWEIL – Land- und Amtsgericht Rottweil suchen neue Schöffen. Die sogenannten Laienrichter sitzen – auch ganz ohne ein absolviertes Jurastudium – mit auf der Richterbank. Und sie entscheiden beim Urteil mit. Wer Interesse an diesem Ehrenamt hat, für das man auf fünf Jahre gewählt wird, kann sich noch bis zum 14. April 2023 bei der Stadtverwaltung Rottweil melden. Besonders hoch ist der Bedarf aktuell noch an Bewerbungen als Jugendschöffen.
Die Fälle, die bei Gericht verhandelt werden, sind vielfältig und reichen vom Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz über Diebstahl und räuberische Erpressung, bis hin zu Mord und vielem anderen mehr. Das Urteil fällen in derlei Fällen aber nicht die Berufsrichter allein, sondern an diesen Strafprozessen wirken auch Laienrichter – die Schöffen – mit. Eine juristische Ausbildung braucht man hierfür nicht. Jeder deutsche Staatsangehörige zwischen 25 und 69 Jahren kann hier dabei sein. Interessierte an diesem Ehrenamt können sich noch bis zum 14. April bewerben.
Otto Haller aus Rottweil ist 66 Jahre alt und übt das Ehrenamt des Schöffen bereits seit zehn Jahren aus. Kürzlich hat er sich erneut für die nächste Amtsperiode in diesem besonderen Ehrenamt beworben. Doch was motiviert für dieses Amt? „Ich hatte beruflich immer mit Gesetzen zu tun. Und der Umgang mit Recht und die aktive Anwendung haben mich inspiriert, mich zu bewerben. Und ich habe es nie bereut. Man bekommt sehr viele Einblicke“, schildert Otto Haller. Klar habe er sich dann anfangs auch gefragt, ob er dieses Amt überhaupt ausüben könne. Doch seine Zweifel seien nach der ersten Verhandlung schnell verflogen gewesen. „Das Amt kann jeder wahrnehmen, denn genau diese andere Perspektive von Laien ist letztlich gefragt“, erklärt Haller.
Die Einblicke, die die Schöffen über eine Amtsperiode hinweg erhalten, reichen weit über die eigentlichen Verhandlungen hinaus. „Man besucht auch Vollzugsanstalten, wir waren beispielsweise in Offenburg, Adelsheim und in Stammheim“, und die Richter nähmen sich bei der Urteilsfindung sehr viel Zeit und würden alles sehr gut erklären und erläutern. „Man bekommt auf diese Weise Einblicke in die Rechtsprechung und die Urteilsfindung, die sehr interessant sind“, sagt Otto Haller. Zu den Verhandlungen werde nicht spontan geladen, sondern man erhalte rechtzeitig einen Terminplan für das Folgejahr. „Die Richter kennen ja ihre Verhandlungstage“, sagt er. Wenn ein Prozess sich über mehrere Tage hinziehe, dann wisse man das meist ebenfalls vorher. „Man hat also schon einigermaßen die Möglichkeit, die Einsätze zu planen. Es findet zudem nicht jeder Termin statt, der im Plan verzeichnet ist“, schildert Otto Haller weiter. „Es ist wirklich eine spannende Aufgabe, die ich nur empfehlen kann. Ich sehe in der Aufgabe weniger ein Ehrenamt, sondern sehe es als Bürgerpflicht“, betont er. Jeder, der Interesse an juristischen Themen habe, könne sich bewerben. „Man muss aber natürlich bereit sein, ein Urteil zu fällen. Aber das ist nicht das Einzige. Man nimmt in dem Amt für sich persönlich zudem eine ganze Menge mit“, sagt Haller abschließend.
Erstmals hat sich die 47-jährige Lea Himmelsbach aus Rottweil für das Amt als Schöffin beworben, und ist gespannt, ob sie gewählt wird. „Mich hat Jura schon immer interessiert, und nachdem ich den Aufruf gesehen habe, habe ich mich gleich beworben“, erzählt sie. „Das ist ein spannendes Amt und man erhält Einblicke, die man sonst nicht bekommt“, sagt die Geschäftsführerin der Ökumenischen Kinder- und Jugendförderung e.V.. Und sie fügt an, dass sie das Amt als „moralische Pflicht“ sieht. „Ich habe das Glück, hier in einer Demokratie leben und auch mitgestalten zu können. Das ist toll und wichtig“. Von Berufswegen her sei sie es gewohnt, komplexe Sachverhalte zu erfassen und auch Verantwortung zu übernehmen, deswegen traue sie sich die Aufgabe zu. Sie ist schon sehr gespannt, ob sie letztlich gewählt wird und freut sich auf die Aufgabe.
Die Amtszeit der bis 2023 gewählten Schöffen endet am 31. Dezember 2023. Die Stadtverwaltung stellt jetzt für das Landgericht Rottweil die Vorschlagsliste zur Neuwahl der Schöffen für die Geschäftsjahre 2024 bis 2028 nach den Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes auf. Gesucht werden Bewerberinnen und Bewerber, die in der Stadt Rottweil wohnhaft sind, am 1. Januar 2024 das 25. Lebensjahr aber noch nicht das 70. Lebensjahr vollendet haben und deutsche Staatsangehörige sind.
INFO: Infos gibt‘s hier: www.schoeffenwahl2023.de. Interessierte können sich bis 14. April 2023 bewerben. Bewerbungsformulare sind erhältlich im Alten Rathaus an der Infothek sowie bei der Ordnungsverwaltung, Neues Rathaus, Bruderschaftsgasse 4, Erdgeschoss (Zugang über den Innenhof). Die Formulare können aber auch online unter www.rottweil.de heruntergeladen werden.