Der Rottweiler Gemeinderat hat am Mittwoch erneut mehrheitlich sein Ja zu einem möglichen Justizvollzugstandort Esch bekräftigt. Einen Tag zuvor haben sich Räte, Interessierte und JVA-Gegner aus Meßstetten ein Bild von einem beispielhaften Gefängnis gemacht. Wer nun einen JVA-Neubau bekommt, Rottweil oder Meßstetten – zwischen beiden Städten will sich das Land in den kommenden Wochen entscheiden.
Rottweil. 19:5. Dieser Beschluss ist wieder mehrheitlich. So hat sich der Gemeinderat Rottweil nach einstündiger, teils auch emotional geführter Debatte wieder entschieden: Ja, wir bestätigen, weiterhin an einem Gefängnis interessiert zu sein. Und Ja, am Standort Esch nahe der Neckarburg könnte es entstehen. Dagegen ausgesprochen haben sich wie schon bei früheren Beschlüssen die Grünen und die Vertreter des Forums für Rottweil.
Nach Stuttgart sollte wieder Geschlossenheit, da aber nicht möglich, dann eben mehrheitliche Zustimmung signalisiert werden. Denn das Land will sich bald entscheiden, schon im Juli voraussichtlich einen Standort benennen, an dem eine Haftanstalt für bis zu 500 Insassen entstehen soll. Rottweils Oberbürgermeister Ralf Broß und Bürgermeister Werner Guhl wollen am 15. Juni, dem Tag des Bewerbungsschlusses, nach Stuttgart reisen, um die Bewerbungsunterlagen der Stadt abzugeben.
Die Befürworter im Gemeinderat, Vertreter der Fraktionen von CDU, SPD, Freien Wählern und der FDP-Gruppierung betonten am Mittwoch nochmals ihre Beweggründe. Rottweil sichere sich die Zukunft, schaffe Arbeitsplätze, statt etwa welche im Justizbereich zu verlieren. Außerdem sei das Esch ein geeigneter Standort – vor allem letztlich deshalb, weil er der letzte ist, den Rottweil noch im Rennen hat. Kein Esch, kein Gefängnis in Rottweil – vor diesem Hintergrund haben viele Stadträte ihre Entscheidung gegen diesen Standort von 2009 inzwischen revidiert.
Die Gegner bekräftigten erneut, dass sie das Esch als schützenswertes Naherholungsgebiet und als Teil eines Ensembles mit dem Naturschutzgebiet im Neckartal sehen. Eine JVA solle nach Rottweil kommen, nicht aber ins Esch. Beide Seiten standen sich auch nach gut einstündiger Debatte unversöhnlich gegenüber. Die Gegner des Standorts sind im Rat allerdings in der deutlichen Minderzahl.
Video: Meßstetter Gemeinderäte und Interessierte besichtigen JVA in Offenburg. Mit freundlicher Genehmigung des Zollern-Alb-Kuriers.
Einen Tag vor dieser Debatte in Rottweil haben Gemeinderäte, Interessierte und JVA-Gegner im Vollzug in Offenburg sich ein Bild davon zu machen versucht, was auf Meßstetten zukommen könnte, wenn Meßstetten denn das Gefängnis bekommt. Der Zollern-Alb-Kurier schildert die Offenburger Anlage als die modernste und neueste in dieser Größenordnung – 25 500 Quadratmeter beträgt die gesamte Nutzfläche, samt Werkstatt, Verwaltung, Sporthalle und Personalwohnheim.
Eine Größenordnung, die in etwa auch für Meßstetten in Frage käme. Immerhin ist eine Haftanstalt geplant, die bis zu 500 Häftlinge unterbringen soll – ebenso viel Platz bietet auch das Offenburger Gefängnis.
In Offenburg, erklärte JVA-Leiter Hans-Peter Wurdak den Meßstettenern laut der Autorin des Zollern-Alb-Kuriers, gibt es 440 Haftplätze und eine sozialtherapeutische Einrichtung mit 60 Haftplätzen. Letzteres soll es in Meßstetten oder Rottweil nicht geben. Dafür aber ein Freigängerheim, das laut aktuellen Informationen unmittelbar neben dem geplantem Gefängnis platziert werden soll.
Olga Schwab hat die Fahrt nach Offenburg für ihre im Zollernalbkreis erscheinende Zeitung mitgemacht. So schildert sie die Eindrücke im Knast:
Nachdem die Gemeinderäte und interessierten Bürger, darunter drei Vertreter der Bürgerinitiative gegen eine JVA in Meßstetten, einen Blick von der vergitterten Terrasse auf den Hof geworfen hatten, auf dem ein paar Häftlinge Basketball spielten, ging es weiter in den Flur, vor die verschlossenen Zellen. Die wenigen Häftlinge auf dem Hof waren die einzigen, die die Beucher beim Rundgang zu Gesicht bekamen. Einen Blick in eine leere Zelle durften die 30 Besucher ebenfalls werfen: 9,5 Quadratmeter gelten laut Verfassungsgericht als menschenwürdig. Hinzu kommt eine baulich getrennte Toilette.
Nach streng getaktetem Plan dürfen die Häftlinge nach der Arbeit, zu der alle – bis auf Täter in Untersuchungshaft – verpflichtet sind, Zeit auf dem Hof, in der Sporthalle oder in der Kirche verbringen. Käme die JVA nach Meßstetten, müssten die umliegenden Sportstätten weichen. Ein Vorschlag, der bei der Infoveranstaltung diesbezüglich bereits geäußert wurde: Vereine und Schulen sollen die Halle der JVA mitbenutzen – folglich in den Abendstunden. Eine Lösung, die womöglich nur schwer umzusetzen ist und bei Weitem nicht allen Betroffenen gefallen könnte.
Im Ganzen machte die JVA in Offenburg einen modernen und sicheren Eindruck. Von Häftlingen war weder etwas zu sehen, noch zu hören. Doch bei aller Zufriedenheit des JVA-Leiters, musste Wurdak auch zugeben, dass Gewalt und Drogen im Gefängnis nicht gänzlich im Zaum gehalten werden können. Auch die medizinische Versorgung halte die Vollzugsbeamten auf Trab. Allein 200 Häftlinge stünden, so Wurdak, unter Dauermedikation. Im Gefängnis gibt es zwar eine Allgemeinmedizinerin und Zahnbehandlungen in gewissem Rahmen, dennoch müssten täglich Offenburger Fachärzte aufgesucht werden.
In den Abendstunden machten sich die Räte und Bürger wieder gen Meßstetten auf. Am Freitag soll am Runden Tisch Meßstetten als möglicher JVA-Standort erneut beleuchtet werden. Den Gefängnisgegnern konnte der Rundgang ihre Bedenken jedenfalls nicht gänzlich nehmen.