ROTTWEIL – Im Stadtarchiv Rottweil befinden sich Unterlagen, die bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen. Da liegt es in der Natur der Sache, dass manche Dokumente im Laufe der Zeit beschädigt wurden. Klimatische Bedingungen, Einwirkungen von Tieren sowie Schimmelpilze haben den Archivalien deutlich zugesetzt. Feuchte Stellen, verblasste Schriften, Risse, Fehlstellen, Tinte, die sich in das Papier eingefressen hat (Tintenfraß), und Spuren verschiedener Nagetiere und Käfer sind Schadensbilder, die viele Archivalien betreffen.
„An diesen Dokumenten hat sprichwörtlich der Zahn der Zeit genagt. Heutzutage werden die Archivalien dagegen in speziellen säurefreien Kartons und geschützt vor Wärme, Kälte, Nässe und Tieren gelagert“, so Oberbürgermeister Ralf Broß.
Das Stadtarchiv Rottweil hat bereits im Jahr 2020 dank wohlwollender Förderung durch die Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg und in enger Zusammenarbeit mit der Werkstatt für Buch- und Papierrestaurierung Raum aus Römerstein besonders wertvolle Archivalien restaurieren lassen.
Die Stiftung hat den Folgeantrag der Stadt Rottweil ebenfalls positiv beschieden, sodass das erfolgreiche Projekt im Januar 2022 fortgesetzt werden kann. Die Restaurierungsarbeiten werden voraussichtlich bis Ende 2022 andauern.
Bei den beschädigten Archivalien handelt es sich ausschließlich um Originale. Dazu zählen Zehnt-Verzeichnisse aus dem frühen 15. Jahrhundert, Hofgerichtsordnungen aus den Jahren 1523 und 1610, die älteste überlieferte Rechnung des Hl.-Geist-Spitals von 1544, Stadtkassenrechnungen aus dem 18. Jahrhundert, Pergamenturkunden, in Rottweil gedruckte Werke christlichen Inhalts aus dem 17. Jahrhundert sowie um mehrere Urbare (1530-1532).
„Die beschädigten Archivalien stellen allesamt einmalige Schätze dar und besitzen einen sehr hohen Quellenwert für die Geschichte der Reichsstadt Rottweil vom 15. bis zum 18. Jahrhundert“, kommentiert Broß die Rettungsaktion der Archivalien, die durch die Stiftung mit 50 Prozent der Kosten unterstützt wird. Als Beschreibstoff wurde Pergament verwendet, oft in edlem Leder eingebunden Die Dokumente geben einen sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen Einblick in die Besitz- und Abhängigkeitsverhältnisse der damaligen Zeit. Darüber hinaus sind die Hofgerichtsordnungen aus rechtsgeschichtlicher Sicht ebenfalls sehr bedeutend, weil das Kaiserliche Hofgericht hier tagte und die Stadt somit zu einer Residenz des Rechts im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation wurde.
Oberbürgermeister Ralf Broß, Kulturamtsleiter Marco Schaffert und Stadtarchivar Mathias Kunz freuen sich, dass die Archivalien für die Zukunft gerettet werden können. Nach erfolgter Restaurierung werden die Dokumente jedem Bürger nach Maßgabe des Landesarchivgesetzes Baden-Württemberg zur Nutzung im Lesesaal des Stadtarchivs Rottweil zur Verfügung. „Wir planen auch die vollständige Digitalisierung der besonders wertvollen Unterlagen. Die Digitalisate sollen dann auch auf einer DVD käuflich zu erwerben sein“, sagt Kunz.