Das ist ein Novum: FFR, das Forum für Rottweil, hat sich gleichen Tags gleich zweimal zum selben Thema erklärt. Einmal als FFR-Gruppierung, einmal als FFR-Stadträte. Fazit: Sie sind sich nicht einig. Außer vielleicht darin, dass sie im abgelehnten Bürgerentscheid eine verpasste Chance sehen.
Rottweil (gg). Reiner Hils will das Großgefängnis in Rottweil, aber nicht um jeden Preis. Der FFR-Stadtrat schrieb am Donnerstag an die Redaktionen, und man liest aus seinem Brief heraus, dass ihm der Kopf raucht. So hakt er im Namen der beiden FFR-Stadträte die Standorte ab: „Esch: nicht möglich. Bitzwald: besser als Esch, aber politisch tot. Hochwald: sehr eingeschränkt möglich, aber zu wenig bekannt, was wie abgemildert werden könnte? Stallberg: bester Standort, aber von der Landesregierung ausgeschieden. Meßstetten: aus Rottweiler Sicht nicht akzeptabel.“
Also gibt es für das Großgefängnis keinen Standort, so aus Hils’scher Sicht und der seiner Kollegin Heide Friederichs. Außer vielleicht dem Hochwald.
Damit sind die beiden uneins mit ihrer Gruppierung, für die sie im Gemeinderat sitzen. In deren Pressemitteilung heißt es über ein FFR-Mitglied: „Hans-Martin Schneider dagegen kann sich wegen der unmittelbaren Nähe zum Wohngebiet kein Gefängnis im Hochwald vorstellen. Er hält die Konversionsfläche in Messstetten für eine mögliche Alternative.“
Für FFR fasst deren Mitglied Elke Reichenbach zusammen: „Für die beiden Stadträte Reiner Hils und Heide Friederichs ist die Position klar. Grundsätzlich wollen sie die Justizvollzugsanstalt (JVA) in Rottweil, allein schon aus Gründen des Vollzugs“, wie Friederichs betone. Hils verweise auch auf die Steuermehreinnahmen, die er als Stadtrat nicht unberücksichtigt lassen wolle. „Doch am Standort Esch ist der Preis zu hoch“, sagen beide. Dort sei die einzige unverbaute Landschaftsfläche des Neckartals, führt Hils als einen gewichtigen Grund an. Umgeben von wertvollsten Schutzgebieten bilde dieser Raum ein Ensemble, das es so in weiter Umgebung nicht mehr gebe. Beide bleiben deshalb bei ihrem Nein zum Esch. Denkbar sei für sie der Hochwald als Standort, sagen Friederichs und Hils in der FFR-Sitzung am vergangenen Montag; für Hils auch der Bitzwald. Diesen hält er aber für „politisch tot“.
FFR-Mitglied Schneider hält die Konversionsfläche in Meßstetten für eine mögliche Alternative. Gründe des Vollzugs, die für den FFR-ler und Hausener Ortschaftsrat Michael Leibrecht schwer wiegen, kann Schneider nicht gelten lassen. Leibrecht erklärt, es gehe bei der Entscheidung auch um die Gefangenen und den regelmäßigen Kontakt zu deren Familien. Dies werde in der Diskussion zu wenig berücksichtigt. Die Lage am Rande des Einzugsgebietes und die schlechte Verkehrsanbindung sprechen für ihn deshalb gegen den Standort Meßstetten. Für den Gefängnisseelsorger Leibrecht hat hier der soziale Aspekt Vorrang vor ökologischen Gesichtspunkten. Das Esch als einzig verbleibende Möglichkeit in Rottweil sei für ihn deshalb auch als Standort denkbar.
Hils wiederum argumentiert in seiner eigenen Pressemitteilung, in der er auch für Friederichs spricht: „Der Standort Esch wurde vom Gemeinderat schon einmal mit großer Mehrheit abgelehnt, ist aber letztes Jahr mit nur sechs Gegenstimmen wieder von der Stadt Rottweil vorgeschlagen worden. Diesen Standort sehen wir als den am wenigsten geeigneten an. Wer den Acker von oben betrachtet sieht den einzigen unbebauten Raum um die historische Kernstadt Rottweil, umgeben von einem Naturraum der seinesgleichen sucht. Umgeben von wertvollsten Schutzgebieten bildet dieser Raum ein Ensemble, das es so in weiter Umgebung nicht mehr gibt.“
Völlig uneins, die FFR-ler, das wird aus den Pressemitteilungen deutlich. Leibrecht deshalb: „Man kann nicht sagen, man will das Gefängnis in Rottweil und gleichzeitig einen Standort nach dem anderen als ungeeignet bezeichnen. Eine Kröte müsse man schlucken.“
FFR-Sprecherin Elke Reichenbach kann sich zu keinem Ja für den Standort Esch durchringen, um den es zum jetzigen Zeitpunkt gehe. Eher denkbar seien für sie Hochwald oder Bitzwald. Dabei wäre ihrer Meinung nach der Eingriff in den Naturraum nicht ganz so gewichtig.
Hils könnte sich den Hochwald vorstellen: „Der Standort Hochwald beeinträchtigt sicherlich den kleinen Weiler und seine Bewohner und steht ähnlich exponiert in der Landschaft, könnte aber planerisch entwickelt werden – mit Sichtschutzwällen, Grünzonen, Abstandsregelungen, durch sonstige Ausgleiche.“
Bedauern herrschte bei den FFR-lern über die Ablehnung des Bürgerentscheids zum Standort Esch im Rottweiler Gemeinderat. Damit sei eine Chance vertan worden, die Bürger jetzt noch zu beteiligen. Ein Bürgerentscheid hätte für Frieden unter den Bürgern gesorgt, zumal das „Esch“ gesamtstädtisch zu beurteilen sei. Alle wären nicht nur gehört worden, sondern hätten mitentschieden, führt Schneider an. So würden sich die Gegner übergangen fühlen. FFR geht davon aus, dass die Bürgerversammlung am 21. Mai Kritikern wie Befürwortern die gleiche Chance gebe, zumindest gehört zu werden. Darüber hinaus sollten neben ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten auch die sozialen Aspekte des Gefängnisneubaus umfassend berücksichtigt werden.
Hils: „Die grundsätzliche Abstimmung im Gemeinderat am 29. März für den Standort Rottweil hielten wir für eine Farce, da die Landesregierung jetzt – auf Drängen der Stadt Rottweil !? – eindeutig den Standort Esch priorisiert hat. Also hätte ehrlicherweise über diesen Standort abgestimmt werden sollen.“ Und: „Die mehrheitliche Ablehnung eines Bürgerentscheides durch den Gemeinderat sehen wir als verpasste Chance, ein Bürgervotum einzuholen. Für die anberaumte Bürgerversammlung am 21. Mai in der Stadthalle erwarten wir, dass alle Gruppierungen – Befürworter wie Ablehner des Standortes Esch – gleichberechtigt zu Wort kommen und einen Platz auf dem Podium bekommen.“