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„„Wie auf einer einsamen Insel““, Veröffentlicht: Montag, 16. März 2020, 15.47 Uhr

„Wie auf einer einsamen Insel“

Wie gehen die Rottweiler Gastronomen und Einzelhändler mit den neuen Verordnungen bezüglich der Corona-Pandemie um? Wir haben uns mal umgehört.

Die frisch eröffnete Villa Duttenhofer lässt immer ein oder zwei Tische frei, sagt Inhaber Marco Koch, der noch noch immer der abgesagten Opening-Party nachtrauert. „Das war sehr schade, aber wir wollen natürlich Vorbildfunktion haben.“ Koch und sein Team wären auf einen großen Ansturm vorbereitet gewesen, betont er. Das neue Restaurant soll erstmal ganz normal geöffnet bleiben, „wenn es Änderungen gibt und wir zumachen müssen, dann machen wir halt wieder zu.“ Kurz später ist es bereits soweit: „Liebe VILLA Gäste, aufgrund der jetzigen Ereignisse und Entwicklungen wird ab Dienstag 17.03.20 die VILLA bis auf weiteres geschlossen sein“, heißt es dort. „Wir sehen es, wie viele unserer Kollegen der Gastronomie, in unserer Pflicht, unser Personal sowie unsere Gäste zu schützen und mit diesem Thema verantwortungsvoll umzugehen. Wir freuen uns allerdings schon jetzt, euch nach dieser Zeit wieder auf andere Gedanken zu bringen und euch tolle Momente, leckeres Essen und einen entspannten Aufenthalt bei uns zu schenken. Bis ganz Bald! Eure VILLA.“

„Mein Caféhaus ist bis auf weiteres geschlossen“, meldet sich Joachim Schädle aus der Oberen Hauptstraße am Nachmittag. Er betreibt, der Name sagt’s, das Café Schädle.

Ganz ruhig ist es draußen am Stadion bei Martina Sanseverino im Da Martina: „Wir haben seit letztem Montag einen Rückgang von 60 Prozent“, sieben Tische wurden jetzt rausgenommen, um den erforderlichen Abstand zwischen den Gästen zu erreichen. Aber seit Stadion, Kletterhalle und Aquasol geschlossen sind, „fühlen wir uns hier wie auf einer einsamen Insel“, so die Pizzeriabetreiberin. Das sei alles sehr ungewiss, „aber wir hoffen das Beste für uns und unsere Gäste.“

Giovanni Detta merkt den Rückgang an Kundschaft in seiner Pizzeria Hochbrücke, und meint auf Nachfrage, die verlangten anderthalb Meter zwischen den Tischen mit Gästen habe er sowieso.

Ungewissheit herrscht im Café zur Bienenkönigin in Zimmern. „Wir hatten auch Absagen“, so Marliese Sauter. Sie möchte so lange offenlassen, wie es erlaubt ist, „aber allzulange kann man als Gastronom nicht zumachen, so dicke Polster haben wir nicht.“ Einen Tanztee am Dienstag haben sie abgesagt, „da sind viele ältere Menschen dabei.“

Viel los hingegen ist in den Lebensmittelgeschäften. So gingen im Biomarkt B2 schon am Samstag Mehl und Hefe zur Neige, Marktleiter Louis Bergunde hat auch Probleme, schnell Nachschub zu beschaffen: „Wir bekommen unter anderem das Mehl aus Rosenfeld, wo sie die Verpackungen selbst nähen. Sie kommen gerade nicht nach.“ Man bemühe sich intensiv um Alternativen. Für die Verkäuferinnen gibt es Handschuhe, auch um das Gemüse herauszunehmen liegen Handschuhe bereit, die Brötchen zur Suppe werden nur noch mit der Zange gegriffen und das Besteck von den Mitarbeitern ausgegeben, bisher konnte man es sich selbst holen. Zusätzlich kann man sich hier auch die Hände desinfizieren, „und wir weisen darauf hin, dass angefasste Ware auch gekauft werden sollte“, so Bergunde, zusätzlich haben seine Mitarbeiter die Tische auseinandergeschoben, damit der geforderte Abstand eingehalten werden kann.

Im Edeka-Culinara appelliert Chef Detlev Maier an die Kunden, nicht in Panik zu verfallen. „Die Warenversorgung klappt, manches gibt es halt zwei bis drei Tage später.“ Seine Mitarbeiterinnen an der Kasse tragen Handschuhe, „auch wenn das total unangenehm ist, man schwitzt sehr darin“, wie eine sagt.

Im Weltladen hat man sich auch auf den Virus eingestellt: An der Theke hängt ein Zettel, der zum Abstandhalten auffordert, dazu wurde auf dem Boden ein Streifen angebracht. Weniger Kundschaft kann Willi Baumann nicht feststellen, „aber man ist den Kunden gegenüber etwas reservierter, hält nicht so viel Smalltalk.“

Auch die Einzelhändler in der Innenstadt sind unsicher, wie es weitergehen soll. Türgriffe reinigen, keine Hände schütteln, das macht Buchhändler Hermann Klein und überlegt derzeit mit seinem Team, ob im Falle einer erzwungenen Schließung vielleicht Buchbestellungen per Post an die Kunden geschickt werden könnten.

Bettina Baumann in der Bunten Truhe ist ebenfalls ziemlich ratlos. Klar ergreife man Hygienemaßnahmen, wasche sich häufig die Hände, aber eine erzwungene Schließung wäre hart. Allerdings kommen derzeit ohnehin nur noch wenige Kunden in ihr Modegeschäft.

Und auch gleich nebenan bei Ilona Engelhardt in MyEngele hat nicht mehr viele Kunden. „Aber die, die kommen, sind sehr tiefenentspannt.“

 

 

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