ROTTWEIL, 5. November (gg) – Knapp 25.000 Einwohner hat die Stadt Rottweil. Keine 250 davon mögen sie – in Form eines Likes auf dem Facebook-Auftritt der Stadtverwaltung. Bevor wir das als mickriges Prozent schmähen, schauen wir lieber mal nach vorne: Ab Dezember will die Verwaltung im sozialen Netz durchstarten, hat Oberbürgermeister Ralf Broß versprochen. Wie? Ja, eventuell wie der bereits erfolgreiche Kollege aus Schramberg.
Achim Ringwald teilt gerne. Und zwar täglich: News aus dem Städtle, die der Schwarzwälder Bote oder die NRWZ aktuell veröffentlicht haben. Die Meldungen stellt er in den Facebook-Account der Stadt Schramberg ein und teilt so die Meldungen der örtlichen Redaktionen mit der Welt. Alle paar Stunden eine. Dazwischen postet Ringwald News aus der Stadtverwaltung, Veranstaltungshinweise und, manchmal, auch Anekdoten und lustige Bilder aus dem Alltagsleben einer Behörde.
Schramberg ist bereits erfolgreich
Das kommt bei den Nutzern an: Beeindruckende knapp 1700 Freunde hat die Stadt Schramberg so über die Jahre auf ihrer Facebookseite versammelt. Ringwald macht Facebook in Teilzeit, neben seiner eigentlichen Arbeit bei der Stadtverwaltung.
Am Mittwoch gab es in der Gemeinderats-Ausschusssitzung der Stadt Rottweil noch wenig verhalten höhnisches Gelächter über den Schramberger FB-Auftritt. Da war gerade die – inzwischen veraltete – vergleichsweise geringe Zahl von 700 Facebookfreunden für Schramberg an die Wand geworfen worden. Da konnten die Räte und die Zuschauer aus der Rottweiler Verwaltung aber noch nicht wissen, dass ihre eigene Stadt noch viel schlechter abschneidet.
Im Trubel drohte auch unterzugehen, dass Facebook-Experte Michael Predeschly vom Zweckverband Kommunale Informationsverarbeitung Reutlingen-Ulm, Kiru gerade großes Lob parat hatte für den Schramberger Ringwald. Dieser betreue einen der besten, jedenfalls einen der aktivsten kommunalen Facebook-Accounts im ganzen Land.
Initialzündung nach ruhiger Phase
Nun könnte der bei der Stadtverwaltung Rottweil Zuständige, Medienreferent Tobias Hermann, also in Schramberg nachfragen, wie man einen erfolgreichen Auftritt macht. Er würde erfahren, dass sehr viel Arbeit dahinter steckt. Mehr, als die Stadt Rottweil in den vergangenen Jahren bereit war, zu investieren. ‘Wir posten ab und zu ein aktuelles Bild, passend zu den Jahreszeiten’, so Hermann über die bisherigen Aktivitäten. Motto: ‘Da der goldene Herbst gerade Pause macht, hier mal ein schönes Bild vom Wasserturm!’ Am erfolgreichsten: ein Foto vom gerade losgegangenen Narrensprung an einem Montagmorgen.
Doch gestern erfolgte die Initialzündung. Hermann will mehr, mit ihm bläst OB Broß ins Horn: ‘Ab Dezember sind wir von der Stadt auf Facebook erreichbar.’ Dann soll der neue, zusätzliche Kanal genutzt werden, der für die Stadt ein noch kaum bekannter Pfad ist, der aber von so vielen Leuten schon beschritten wird. ‘Sie kommen an Facebook nicht vorbei’, urteilt etwa Predeschly.
Der FB-Experte erklärt: Immer weniger Leute würden eine Tageszeitung lesen, geschweige denn abonnieren. Fragt er, der auch an einer Fachhochschule lehrt, seine Studenten, ob sie eine Zeitung abonniert hätten, dann reckt fast niemand mehr den Arm. Die eine, die das zuletzt noch getan hatte, habe anschließend gleich zugegeben, dass sie darin eigentlich nur Dinge einwickele.
Darum will die Stadtverwaltung bei Facebook aktiv sein
Eine Stadtverwaltung erreicht also auf dem Weg über die Tageszeitung immer weniger Menschen. Fazit: ‘Facebook ist ein attraktiver Kanal zur direkten Bürgeransprache’, so Predeschly. Übrigens: Die örtlichen Rottweiler Redaktionen, Gradmesser vielleicht für das, was lokal so geht, bringen es zurzeit auf knapp 4000 (Schwarzwälder Bote RW) und hoffentlich bald 5000 Likes (die NRWZ).
Neben den bisher bestehenden FB-Auftritten von KiJiu, Stadtbücherei und Volkshochschule will nun auch die Verwaltung insgesamt präsenter sein. Hermann stellt sich das so vor: Die ohnehin von ihm getexteten Pressemitteilungen will der Pressesprecher der Stadt – in gekürzter Form und mit einem Bild versehen – auf FB posten. ‘Minimum ein bis zwei News pro Woche’, verspricht er. Ergänzend kommen knappe Service-Infos aus der Verwaltung, etwa zu aktuellen Straßensperrungen. Oder Konzertfotos und die Gewinner des jüngsten Blumenschmuckwettbewerbs. ‘Mit dem Smartphone kann man schnell ein Bild machen, kurz was dazu schreiben, und das dann posten’, erklärt Hermann.
Was auch bereits klar ist: Sollte es Reaktionen der Nutzer geben, Beiträge und Kommentare auf der städtischen Facebookseite, ‘dann wollen wir uns nicht gleich in die Diskussion stürzen’, bestimmt Hermann. Er will die Meinungsäußerungen laufen lassen, bis sie Grenzen überschreiten und dann gegebenenfalls reagieren. Ebenso aber will er auf wertvolle Hinweise von Onlinebesuchern antworten. Das Engagement für den Auftritt ‘soll sich in Grenzen halten’, gab etwa OB Broß vor.
Er, der Stadtchef, kann sich übrigens auch offizielle Stellungnahmen zu städtischen Themen vorstellen – wie man sie etwa in der Sache mit dem Eckhof-Schnitzel-Gasthaus tagelang vermisst hat.
Im Dezember geht’s richtig los
Die Stadtverwaltung startet im Dezember nun einen Probelauf, der ein halbes Jahr dauern soll. Danach wird abgerechnet. Hermann möchte dann 500 bis 1000 Fans erreicht haben. Das erscheint möglich. Aktuell klettert die Zahl der FB-Freunde deutlich, auch etwa, nachdem die NRWZ die Seite der Stadt verlinkt hat.
Online hat die NRWZ auch schon gefragt: ‘Was würdet ihr euch von der Stadtverwaltung auf ihrer FB-Seite erwarten? Wann würdet ihr zu Fans?’ Die allererste Antwort ist eine, die auch der Experte gegeben hatte, ganz unabhängig davon. So schreibt Annette Mayr mit einem Smiley: ‘Nun, da darf ich doch gleich mal auf die tolle Seite der Stadt Schramberg verweisen.’