
ROTTWEIL. „Ich habe es gerne gemacht.“ Der Satz, von Volker Kauder gesprochen beim gemeinsamen Neujahrsempfang der CDU-Kreisverbände Rottweil und Tuttlingen in der Stadthalle Rottweil, drückte das Selbstverständnis aus, mit dem der überzeugte Christdemokrat 31 Jahre lang dem Deutschen Bundestag angehörte. Dort hat er, wie es in einer Pressemitteilung der CDU heißt, “in wichtigsten Ämtern Maßstäbe gesetzt und Spuren hinterlassen”. Und zwar, weiter laut CDU, im Wahlkreis, im Land, wo er 15 Jahre lang ehrenamtlicher Generalsekretär der CDU Baden-Württemberg war, in der Bundespolitik und weltweit mit seinem Eintreten für Religionsfreiheit und gegen Christenverfolgung.
Dies seien bleibende Spuren, berichtet die CDU weiter. Die Bundestagsabgeordneten Maria-Lena Weiss als seine Nachfolgerin im Wahlkreis und der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende und Festredner Andreas Jung erklärten demnach: Am Tag zuvor waren im Deutschen Bundestag die seinerzeitigen IS-Verbrechen an Jesiden als Völkermord anerkannt worden. Dabei sei insbesondere an den damaligen Einsatz von Volker Kauder für die Jesiden dankbar erinnert worden.
Kauder war geprägt durch die Vertreibung seiner Eltern aus dem späteren Jugoslawien und als evangelischer Christ seit dem Jahre 1976 mit der aus einem katholischen Elternhaus stammenden Dr. Elisabeth Kauder verheiratet („das war damals längst nicht so selbstverständlich, wie dies heute der Fall ist“). Er will auch nach seinem Ausscheiden aus dem Deutschen Bundestag bleibende Spuren hinterlassen. Jung: „Nach dem Umzug von Bonn nach Berlin ging es um ein neues Kreuz für den Fraktionssaal. Auf Anregung seiner Frau Elisabeth schuf der Radolfzeller Bildhauer Markus Daum ein 50 Kilogramm schweres gusseisernes Kreuz. Es gibt uns Orientierung und Halt. Und mahnt zu Toleranz. Auch über alle Konfessionsgrenzen hinweg.“
Für Kauder war dies laut CDU die Grundlage seines politischen Wirkens: „Wenn man dies macht, muss man die Menschen lieben.“ Und Freundschaften eingehen und pflegen, wie die zu seinem damaligen Fraktionsvorsitzenden-Kollegen Peter Struck von der SPD. So Jung in seiner großen Anerkennung dafür, wie die beiden die Große Koalition zusammenhielten und der Niedersachse Struck Kauder in dessen Heimat besuchte.
Das „C“ der Partei in den politischen Alltag zu bringen, das sei für Kauder immer selbstverständlich gewesen, wie Jung weiter erklärte. So sei es in allen Beiträgen an diesem „ganz besonderen Neujahrsempfang“ (der CDU-Landtagsabgeordnete Stefan Teufel) zum Ausdruck gekommen.
550 Gäste in der Stadthalle in Rottweil erlebten die per Video zugeschalteten Grußbotschaften von Wegbegleitern von Volker Kauder. So die von der ehemaligen Kulturbeauftragten Monika Grütters, die auf die Empathie ihres einstigen Fraktionskollegen für Kunst und Kultur in einem gleichfalls humorigen wie tiefgründigen Beitrag hinwies. Oder wenn so manche früheren Mitarbeiter in Bonn und Berlin die Zeit mit Kauder als „die beruflich schönsten Jahre ihres Lebens“ bezeichneten, berichtet die CDU.
Es gab auch Live-Programm: Die „Alphornissen“, Alphornbläser aus Dornhan zeigten ihre Verbundenheit mit dem langjährigen Abgeordneten dieses Wahlkreises, der nach Angaben der CDU immer das landwirtschaftliche Herbstfest in Leinstetten besuchte, durch ihre Auftritte. Dies geschah in musikalischer Abwechslung mit dem Musikverein Frohsinn Rottweil-Altstadt. Schon immer begleitet er die Neujahrsempfänge der CDU mit schwungvollen Weisen. So auch dieses Mal.
„Warum der Neujahrsempfang in Rottweil?“, fragte Volker Kauder laut CDU eher rhetorisch. Denn die Antwort lag auf der Hand: Weil zum Schluss stets der Rottweiler Narrenmarsch („vielleicht der schönste Narrenmarsch Deutschlands“, Volker Kauder) gespielt wird.
In seinen zahlreichen Dankesworten an viele Wegbegleiter und Freunde, darunter auch an den ebenfalls anwesenden früheren Ministerpräsidenten Erwin Teufel, erwähnte er besonders zwei Einrichtungen, denen er besonders verbunden ist: die Stiftung St. Franziskus in Heiligenbronn und das Vinzenz von Paul Hospital in Rottweil. Letzteres war auch für das Buffet verantwortlich, bei dem zum Schluss mit vielen Gesprächen und Begegnungen im hinteren Teil der Stadthalle rund um die von Kreisgeschäftsführer Jürgen Hermann zusammen mit seiner Vorgängerin Doris von Schulz aufgebauten und aufgestellten Plakaten und Erinnerungen aus vielen Jahrzehnten CDU-Politik Gedanken ausgetauscht worden sind.


Zuvor jedoch fand neben der Halle laut CDU-Pressemitteilung mit dem Zapfenstreich für Volker Kauder der emotionale und feierliche Höhepunkt dieses festlichen und denkwürdigen Abends statt. Sehr würdevoll und getragen von der Musikkapelle Frohsinn mit dem „Großen Gott“ und der Deutschen Nationalhymne.
Und in der Stadthalle gab es stehende Ovationen für Kauder. Und die Geschenkübergabe: darunter ein Bild von der Künstlerin Brigitte Landgrebe aus Sulgen und ein Biersortiment von der Hirsch-Brauerei in Wurmlingen aus der Hand von Seniorchef Rainer Honer. Außerdem bemerkte Andreas Jung laut CDU anerkennend und bewundert, dass Kauder zweimal nacheinander zum deutschen Bierbotschafter ernannt worden sei. Wie sonst niemand vor und bislang niemand nach ihm.
Jedoch: „Warum eine Verabschiedung?“ Auf die Frage gab er selbst die Antwort: Es ging an diesem Abend um den Abschied nach seiner 31-jährigen Zugehörigkeit zum Deutschen Bundestag.
Doch kein Abschied in den Ruhestand: Volker Kauder ist laut CDU-Mitteilung seit September vergangenen Jahres Honorarprofessor an der Freien Theologischen Hochschule Gießen und soll in den Bereichen Politische Ethik und Religionsfreiheit lehren. Er werde das Gremium leiten, das sich um die Weiterentwicklung der Paulskirche in Frankfurt („ein Schlüsselort der deutschen Demokratiegeschichte“, Monika Grütters), zu einem nationalen Erinnerungsort kümmert. Und er gehört nach der Wahl der ehemaligen Bundestagsabgeordneten weiterhin dem CDU-Bundesvorstand an. „Und auch dort hat sein Wort weiterhin Gewicht“, sagte Jung.
Was darüber hinaus die Gäste in der Rottweiler Stadthalle besonders gerne vernahmen: „Wenn ich gefragt werde, bin ich gerne weiterhin mit Rat und Tat mit dabei, wenn ich helfen kann.“