Zum 100. Jahrestag der „Novemberrevolution“ erinnert ein Aktionsbündnis im Landkreis Rottweil an die Geburt der ersten Demokratie in Deutschland. Am Freitag wird dazu die Ausstellung „100 Jahre Demokratie in Deutschland – und in Schramberg“ im Stadtmuseum Schramberg eröffnet. Darüber informiert Carsten Kohlmann:
Zwischen dem 9. November 1918 und dem 19. Januar 1919 wurde in einer schicksalhaften Zeitenwende als erste Demokratie in der deutschen Geschichte die Weimarer Republik geboren. Die Dramatik der damaligen Zeit kann man sich heute kaum mehr vorstellen. Bis in den Herbst 1918 hatten viele noch an ein siegreiches Ende des Ersten Weltkrieges geglaubt und dafür an der Front und an der Heimat alle Kräfte eingesetzt. Doch alles war umsonst, der Krieg war nach vier Jahren voller Opfer verloren.
Mit dem Zusammenbruch begann eine Revolution, die dem jahrhundertealten Zeitalter der Monarchie im Deutschen Reich ein Ende bereitete. Am 9. November 1918 proklamierte der SPD-Politiker Philipp Scheidemann (1865 bis 1939) von einem Fenster des Reichstages in Berlin die Republik. Am 12. November 1918 proklamierte der SPD-Politiker Albert Bauer (1883 bis 1959) von einem Fenster des Rathauses in Schramberg die Republik.
Am 12. Januar 1919 wurde die verfassungsgebende Landesversammlung des Freien Volksstaates Württemberg in Stuttgart gewählt, der aus Schramberg der DDP-Politiker Rudolf Linkenheil (1880 bis 1939), der SPD-Politiker Albert Bauer und der Zentrumspolitiker Josef Andre (1879 bis 1950) angehörten. Zum Jubiläum „100 Jahre Demokratie in Deutschland – und in Schramberg“ hat der Graphiker und Illustrator Uwe Rettkowski diesen drei örtlichen Gründervätern der Weimarer Republik eine Zeichnung gewidmet, die auch in der Serie „Postkarten des Stadtarchivs und Stadtmuseums Schramberg“ erscheint. Zur Ausstellungseröffnung werden ihre heute in Frankfurt am Main, Leonberg und München lebenden Nachkommen erwartet.
Die Geburt der Weimarer Republik
Am 19. Januar 1919 folgte die Wahl der verfassungsgebenden Nationalversammlung des Deutschen Reiches in Weimar, in die der Zentrumspolitiker Josef Andre entsandt wurde. Die Parteien der „Weimarer Koalition“ hatten in der Bürgerschaft der Industriestadt Schramberg einen starken Rückhalt, die ohnehin auf eine beachtliche Demokratiegeschichte zurückblicken kann, die bereits im Vormärz und in der Revolution von 1848/49 begonnen hat. Der Geburt der Weimarer Republik vor 100 Jahren ist auch das Frauenwahlrecht zu verdanken. Bei den Kommunalwahlen am 25. Mai 1919 wurden Theresia Bantle (1884 bis 1973) für das Zentrum und Berta Kuhnt (1872 bis 1929) für die SPD als erste Frauen in den Gemeinderat der Stadt Schramberg gewählt.
Zum Gedenken an die Novemberrevolution hat sich auf Initiative des SPD-Kreisverbandes Rottweil ein Aktionsbündnis gebildet, das mit einer Ausstellungs- und Vortragsreihe im Landkreis Rottweil an die Geburt der Weimarer Republik vor 100 Jahren erinnert. In Schramberg werden das Stadtarchiv und Stadtmuseum in einer Sonderausstellung im ehemaligen Schloss der Grafen von Bissingen und Nippenburg einen anschaulichen Eindruck von der lokalgeschichtlichen Dimension der damaligen Zeit vermitteln. Aus einer Privatsammlung werden weitgehend unbekannte Postkartenmotive der damaligen Zeit gezeigt, ergänzt um einige zeitgenössische Presseillustrationen.
Ausstellungseröffnung am Freitag
Zur Ausstellungseröffnung am Freitag, 23. November, 19 Uhr sprechen Oberbürgermeister Thomas Herzog und SPD-Ortsvereinsvorsitzender Mirko Witkowski. Der SPD-Ortsverein Schramberg hat auch die Patenschaft für den Beitrag der Großen Kreisstadt Schramberg zu der Ausstellungs- und Vortragsreihe im Landkreis Rottweil übernommen.
Museumsleiter und Stadtarchivar Carsten Kohlmann wird zusammen mit dem Studenten Lorenz Kammerer von der Universität Freiburg und der Schülerin Sarah Glocker vom Gymnasium Schramberg in einem atmosphärischen Zeitbild das Geschehen vor 100 Jahren in Erinnerung rufen. Michael Porzelt wird die Ausstellungseröffnung mit politischen Liedern aus alter und neuer Zeit musikalisch umrahmen. Die gesamte Bürgerschaft ist zu dieser Gedenk- und Feierstunde zum 100. Geburtstag der Demokratie in Deutschland und in Schramberg eingeladen.
Info: Die Ausstellung „100 Jahre Demokratie in Deutschland – und in Schramberg“ wird am Freitag, 23. November, 19 Uhr, im Stadtmuseum Schramberg eröffnet und ist mit einer Pause vom 29. November bis 5. Dezember wieder vom 6. Dezember bis auf weiteres im Stadtmuseum Schramberg zu sehen. Die neue Postkarte ist vom 23. November an im Stadtarchiv und Stadtmuseum Schramberg für einen Euro erhältlich.