Schramberg – Über viele Jahre hat der vor kurzem verstorbene Schramberger Ernst Huber alte Ausdrücke und Redensarten seiner Heimatstadt für seinen Familien- und Freundeskreis gesammelt. Zu seinem 90. Geburtstag erscheint sein Buch heute in einer Neuauflage und kann im Stadtmuseum erworben werden.
Ernst Huber wäre heute 90 Jahre alt geworden. Der bekannte und beliebte Schramberger wurde am 21. Juni unter großer Anteilnahme der Bürgerschaft auf dem Friedhof seiner Heimatstadt zu Grabe getragen. Die schon länger geplante Veröffentlichung seines Buches „Alt-Schramberger Ausdrücke und Redensarten“ hätte ein Geschenk zu seinem 90. Geburtstag sein sollen und erscheint nun im Zeichen des Dankes und der Erinnerung an einen großen Schramberger, dem das historisch-kulturelle Erbe seiner Heimatstadt sehr am Herzen lag.
Der große Erzähler Ernst Huber hatte zeitlebens eine besondere Beziehung zur Sprache und war deshalb auch am Schramberger Dialekt sehr interessiert. In fast neun Jahrzehnten erlebte er mit, dass auch die Sprache dem steten Wandel aller Dinge unterliegt und sich von Generation zu Generation verändert. Die heute so allgegenwärtigen Anglizismen waren in seiner Kindheit und Jugend noch völlig unbekannt. Ihrer fortschreitenden Ausbreitung stand er sehr kritisch gegenüber.
Bei den Treffen seines Jahrgangs 1928/29 war der überlieferte Dialekt ein beliebtes Gesprächsthema. An der alemannisch-schwäbischen Dialektgrenze hielten sich in Schramberg trotz starker Zuwanderung in der Zeit der Industrialisierung alte Sprachformen bis weit in das 20. Jahrhundert hinein. Heute ist dieses klassische „Schrambergerisch“ nur noch selten zu hören. Im Alltag ist in der „Little Glocal City“ im Schwarzwald ein fast schon babylonisches Sprachwirrwarr zu Hause. Aber noch ist die Sprache der „Ureinwohner“ nicht ganz ausgestorben und erfreulicherweise bis heute insbesondere auch für die Fasnet wichtig geblieben.
Dennoch sind im Lauf der Zeit viele alte Ausdrücke zwangsläufig untergegangen. Aus der eigenen Erinnerung oder aus Hinweisen seiner Jahrgänger hat Ernst Huber solche Ausdrücke jahrelang gesammelt. Im Jahr 2013 fasste er die immer umfangreicher gewordene Sammlung in einem Buch zusammen, das in seinem Familien- und Freundeskreis auf reges Interesse stieß. Es ließ einige heute noch gebräuchliche, aber auch viele völlig vergessene Wörter wieder lebendig werden. So wissen auch jüngere Zeitgenossen durchaus, dass ein „Gluckser“ ein „Schluckauf“ ist, dass sich hinter einem „Gschôôle“ ein „gutmütiger Ehemann“ verbirgt, ist heute wohl nur noch einigen wenigen Dialektspezialisten bekannt.
Ein besonderes Anliegen war Ernst Huber, einige früher in Schramberg geläufige Redensarten für die Nachwelt zu bewahren: „Manche Lebenserfahrungen sind in solch einfache Redewendungen eingegangen und haben sich im einen oder anderen Fall zu achtbaren Lebensweisheiten entwickelt.“ Einige dieser Redensarten haben sich bis heute erhalten, einige waren aber so orts- und zeitspezifisch, dass sie kaum mehr jemand kennt. „Es sin no nit älle Seckel noch Amerika“, ein sogar am Gebäude Bauernhofweg 4 aufgemaltes Zitat des legendären Schreinermeister Franz Fuß (1883-1958) ist in Schramberg als „geflügeltes Wort“ nach wie vor geläufig. Die Redensart „Fertig isch de Lack, sait de Keck zum Schreiner Ragg!“, die auf die beiden Handwerksmeister Eugen Keck (1880-1955) und Hermann Ragg (1876-1938) zurückgeht, ist dagegen aus dem Sprachgebrauch verschwunden.
Ernst Huber warb bis zu seinem Tod stets für ein „gesundes Selbstbewusstsein“ seiner Heimatstadt und meinte zum 150-jährigen Stadtjubiläum im letzten Jahr, dass man dazu „weder höchste Türme noch längste Hängebrücken“ brauche, sondern bereits mit dem „Wecken von etwas Heimatstolz“ viel erreichen könne. Im Sinne dieses Vermächtnisses erscheint zu seinem 90. Geburtstag eine Neuauflage dieses Buches, das allen alten und jungen Schrambergerinnen und Schrambergern mit der Rückbesinnung auf ihr oft sehr originelles Spracherbe eine Freude bereiten soll. Und auch „neuen“ Schrambergerinnen und Schrambergern kann es als „Lehr- und Wörterbuch“ bei der „Integrationsarbeit“ wertvolle Dienste leisten.
Info: Das Buch „Alt-Schramberger Ausdrücke und Redensarten“ von Ernst Huber mit einem Nachwort von Carsten Kohlmann ist für 5 € von heute an bei der Aufsicht im Stadtmuseum Schramberg erhältlich (Dienstag bis Samstag 13 – 17 Uhr, Sonntag/Feiertag 11 – 17 Uhr). Die Einnahmen aus dem Buchverkauf werden der Museumsarbeit gespendet. Am Samstag, 11. August 2018, wird das Buch von 9 bis 13 Uhr auch auf dem Rathausplatz verkauft.