Die Einträge im Tennenbronner Grundbuch zur Geschichte jener Bauernhöfe, die später verschwunden sind, sind eindeutig. Trotzdem bleiben im Zusammenhang mit den Geschehnissen wichtige Fragen offen. Warum tauschten der Bauer vom Oberlehof und sein Nachbar vom Jungbauernhof ihre Höfe? Alfred Kunz von der Tennenbronner Heimathausgruppe stellt in diesem Beitrag mögliche Gründe vor.
Wie schon berichtet, hat im Frühjahr 1864 der Oberlehofbauer Christian Weisser seinen Hof im Schwarzenbach gegen den Jungbauernhof von Georg Heinzmann im Schachenbronn getauscht. Beide getauschten Höfe wurden dann wenige Jahre später an die Evangelische Stiftungsverwaltung verkauft. Zu diesen neutralen Informationen, die im Grundbuch nachzulesen sind, gibt es eine Reihe von Vermutungen, wie die Ereignisse damals genau abgelaufen sind. Waren es wirtschaftliche Gründe, die den Zeitumständen geschuldet verarmte Höfe in den Konkurs geführt haben? Oder waren Lebenslust und Großtuerei der letzten Eigentümer die Ursache dafür, dass es mit diesen einst großen Höfen zu Ende ging?
Schlechte Zeiten
Aus Zeitdokumenten aus der Mitte des 19. Jahrhundert erfährt man, dass dies eine Zeit war, die europaweit durch wirtschaftliche Krisen geprägt war. Krieg und Missernten, Bevölkerungswachstum und gesellschaftliche Veränderungen hatten zur Verarmung großer Teile der Bevölkerung geführt, was sich besonders auf dem Land bemerkbar machte. In Baden und Württemberg kam hinzu, dass infolge der Ablösegesetze die Bauern jetzt frei über ihren Besitz verfügen konnten, was die Umwandlung von Besitz zu Geld möglich machte. Ein lebhafter Immobilienhandel war die Folge. Viele Höfe verschuldeten sich.
Kam noch durch den Tod eines Familienmitglieds ein weiterer Schicksalsschlag hinzu, war oft die Zwangsversteigerung von Hab und Gut die unausweichliche Folge. Wenn man das Grundbuch und die Erinnerungen von Christian Weissers Sohn Johann Georg zugrunde legt, könnte es bezüglich der Hoftauschangelegenheit folgendermaßen zugegangen sein: Der Oberlehofbauer Christian Weisser war trotz der Schulden, die durch die Immobiliengeschäfte seines Vorgängers auf dem Anwesen lasteten, mit Leib und Seele Bauer.
Neudeutsch: Win-Win-Situation
Da aber das Wirtschaften im Schwarzenbach von der Topographie her schwierig war, kam es ihm gelegen, als er von seinem Nachbarn, dem Jungbauernhofbesitzer Georg Heinzmann erfuhr, dass dieser vorhabe, seinen Hof zu verkaufen. Die beiden benachbarten Bauern hatten ein gutes Verhältnis zu einander. Und so war es möglich, einen „Deal“ auszuhandeln, der angesichts des Vorhabens von Georg Heinzmann beiden Seiten Vorteile zu bringen schien.
Beide Höfe waren in etwa gleich groß und gleich viel wert. Würden sie ihre Höfe tauschen, so ergäben sich für Christian Weisser bessere Bedingungen für die Bauernarbeit, weil das Gelände auf dem Schachenbronn „weniger gebirgig“ war als im Schwarzenbach. Georg Heinzmann hingegen, der die Landwirtschaft ohnehin aufgeben wollte, würde für den Hof im Schwarzenbach genauso viel Geld bekommen wie für den auf dem Schachenbronn.
Zudem wäre für ihn, der seit 1861 Bürgermeister von Evangelisch Tennenbronn war, der Weg ins Dorf bequemer und näher. So kam es wohl zum Höfetausch. Was der Bauer des Jungbauernhofs Georg Heinzmann für ein Mensch war, wird in dem sehr lesenswerten Buch „Wegspuren einer Wäldersippe“ des Autors Siegfried Heinzmann deutlich. Er schildert ihn – wie auch den Nachbarn im Hansmichelhof, als „Herrenbauern“, die zwischen 1840 und 1860 durch Holzhandel reich geworden waren.

Georg Heinzmann, so die Recherchen des Autors, wurde 1822 in eine Familie hineingeboren, die für damalige Verhältnisse als wohlhabend gelten konnte. Sein Vater Johannes, dessen Vorfahren als Zoller auf dem Moosenmättle württembergische Beamte gewesen waren, kaufte 1843 den Jungbauernhof im Schachenbronn. Sohn Georg war damals 21 Jahre alt. Weder für den Vater noch für den Sohn scheint der Schachenbronn wirklich Heimat gewesen zu sein. Er bot aber die Grundlage dafür, den schon bestehenden Wohlstand zu vermehren, was gleichzeitig mit Ansehen verbunden war.
Zu Kopf g’schtiege
So war es möglich, dass sich Georg Heinzmann 1860 als Kandidat für das Amt des Bürgermeisters von Evangelisch Tennenbronn aufstellen ließ. Er wurde gewählt. Doch – so schreibt Siegfried Heinzmann – mit dem Amt kam die Würde. Bald munkelten die Leute in der Umgebung: „Sii Amt isch´m i de Kopf g´schtige“.
Der Georg frönte zunehmend einem Lebensstil, von dem er geglaubt haben mochte, dass dieser einem Bürgermeister angemessen sei. Er betrat seinen Hof nur noch zum Schlafen. „Des Morgens fuhr er vierspännig vom Hof, trabte hinab nach Tennenbronn, erledigte die anstehenden Amtsgeschäfte und traf sich dann mit seinen Freunden, um den Tag im Wirtshaus ausklingen zu lassen. Die Herrenbauern lebten wie die Vögeli im Hanfsamen. In den Wirtschaften der Umgebung wurde der Wein fassweise versoffen“.
So kam es, wie es kommen musste. Nach wenigen Jahren des fürstlichen Auftretens folgte ein unrühmliches Ende. Nachdem Heinzmanns fünf Amtsjahre abgelaufen waren, wollte ihn keiner mehr als Bürgermeister. Da verkaufte er seinen inzwischen bankrotten Hof für 16.500 Gulden und zog aus Tennenbronn weg.
Was den Verkauf des Hansmichelhofes im Schachenbronn angeht, liegen die Dinge ein wenig anders. Dies und über den Aufbau der beiden abgegangenen Höfe an anderer Stelle wird in der abschließenden Folge berichtet.