Montag, 4. Dezember 2023
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“Ein Bauer geht auf den Berg zum baden….”

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Schramberg. Fast hätte ich es vergessen – da war doch noch die Geschichte am Montag, die ich schreiben wollte. An der Erhard-Junghans-Schule war ein prominenter Gast, der Gedächtnistrainer Gregor Staub aus der Schweiz. Vier Vorträge hielt er im Laufe des Tags. Wegen des größeren Platzangebots in der Gymnasiumsaula.

Da trudeln sie am Montagmorgen so langsam ein, schwatzend und plaudernd kommen die Fünft- bis Siebtklässler mit ihren Lehrerinnen und Lehrern und füllen nach und nach die Sitzreihen. Schulleiter Jörg Hezel schaut, dass auch die vorderen Reihen nicht leer bleiben.

Wir können nicht zwei Dinge gleichzeitig machen

Schließlich tritt Gregor Staub auf die Bühne, neben sich nur zwei Flipcharts mit Papierbögen. Langsam lässt das Geschnatter nach. Staub erklärt die Regeln: Wenn er spricht, sollen die Schüler zuhören. Mit einer Körperübung macht er seiner Zuhörerschar klar: „Wir können nicht zwei Dinge gleichzeitig machen.“ Den Fuß rechts drehen und gleichzeitig mit der Hand eine sechs in die Luft malen, beispielsweise. Die Kinder versuchen es und müssen lachen.

Er fragt sie, wie viele englische Vokabeln sie in einer Stunde lernen können – und verspricht, sie würden in 15 Minuten 20 thailändische Wörter lernen. Zwei Methoden will der Gedächtnistrainer den Schülerinne und Schülern zeigen: das Geschichten erzählen, um sich etwas zu merken und das Belegen von Räumen mit Gedanken.

Zehn US-Präsidenten

Am Beispiel der zehn US-Präsidenten seit Eisenhower vor Obama gelingt das auch verblüffend einfach: Er haut auf das Flipchart aus Eisen, hält seinen Filzstift in die Höhe und fragt bayrisch: Kenn I di?… so geht es über Johnson, Nixon, Ford und Carter weiter bis Bush Junior. Drei Mal geht er die Dinge in der Aula mit den Kindern vorwärts und rückwärts durch, verknüpft mit den Namen der Präsidenten.

Schließlich ruft er einen Buben auf die Bühne, der schätzt, dass er noch fünf Namen weiß. Mit leichter Hilfestellung schafft er aber acht. Großer Applaus. An die Lehrerschaft gewandt: „Wenn einer vorne steht, muss er ein Erfolgserlebnis haben, sonst kommt er nicht mehr vor.“ Wie wahr, die meisten Erwachsenen erinnern sich wohl an die schambehafteten Momente, wenn der Lehrer einen an die Tafel rief – um einen zu blamieren.

“…der rote Vorhang: Johnny Depp und sein Sohn?” – “Johnson!”

Üben

Staubs zweiter wichtiger Ansatz: Üben, üben, üben. Seine Lernreihen sollte man fünf Mal durchgehen. „Ich darf so lange lernen, wie ich will.“ Damit es im Langzeitgedächtnis haften bleibt, müsse man es immer wieder in den folgenden Tagen wiederholen.

Mit einer etwas abstrusen Geschichte von einem Bauer, der auf einen Berg geht zum Baden  bis zu einem hohlen Stein könne man sich die 16 Bundesländer von Süd nach Nord merken: Bayern, Baden-Württemberg….Schleswig-Holstein.

Um seine „Mega-Memory-Lernmethode“ wirklich anwenden zu können, brauche man etwa drei Monate, versicherte Gedächtnistrainier Gregor Staub den Schülerinnen und Schülern. Er zeigte ihnen noch indische Rechenmethoden, mit denen wesentlich schneller auch große Zahlen miteinander multipliziert werden können.

Wie im Flug ist die Stunde vorbei. Die Kinder klatschen fröhlichen Beifall und trollen sich zurück in die Erhard-Junghans-Schule.

Aufmerksames Publikum: Die Schülerinnen und Schüler der Klassen 5 bis 7 der Erhard-Junghans-Schule. Foto: him

Nach den Lektionen für die Schülerinnen und Schüler gab es am Nachmittag noch eine Lehrstunde fürs Kollegium. Am Abend zeigte Staub bei einem Elternabend wie „Sie und Ihre Kinder Motivation und Freude beim Lernen haben – oder wiedererlangen“, wie er versprach.

Warum ich die Geschichte zu schreiben vergessen habe? Hm, es kamen einfach so viele andere Dinge zusammen in den letzten Tagen – da waren die drei Notizblätter vom Montagmorgen einfach etwas untergegangen. Und die Geschichte mit dem Bauern, der auf den Berg geht, um zu baden, die habe ich mir nicht gemerkt, weil ich dachte, die könne ich eh googeln. Und ja, sie steht auch irgendwo im Internet – nur blöderweise hinter einer Bezahlschranke.

 

Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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