Mit einem schockierenden Bild eines Folterinstruments aus der Mitte des 19.Jahrhunderts eröffnete Cord Dette seinen Vortrag. Er zeigte eine „Mascara de Flandres“, mit der brasilianische Sklavenhalter ihre Sklaven bestraften. Dette sprach im Rahmen der Wochen gegen Rassismus bei einer Online-Veranstaltung des JUKS.
Er ist Sozialarbeiter, hat Soziologie und Literaturwissenschaft studiert. Er leitet in einer großen Sozialeinrichtung eine Abteilung und spielt in einer Punkband. Zudem engagiert er sich als Koordinator des Albbündnisses im Demokratiezentrum Baden-Württemberg.

Rassismus ist nicht naturgegeben
Dette vertritt die These, dass Rassismus nicht in der Natur des Menschen liege wie etwa der Wunsch einer Gruppe anzugehören. Vielmehr sei Rassismus historisch entstanden. Zunächst begünstigt durch die Vorstellung im Christentum, man habe die einzig wahre Religion. Später durch den Widerspruch der Aufklärung: Einerseits das Wissens um die Allgemeinheit der Menschenrechte – und gleichzeitig der Sklavenhalterei.
„Eigentlich sind diese Sklaven aus Afrika ja auch Gotteskinder“, versuchte Dette den Gedankengang nachzuvollziehen. Dann kann man sie aber nicht so behandeln. Also erfand man die Lehre von den Rassen: Die sind von einer anderen, weniger wertvollen Rasse. Was die verschiedenen Rassen taugten, das hänge von der geografischen Lage ab, so die Theorie. Die „beste Rasse“ seien die Europäer, weil hier das Klima das Günstigste sei. Die weit im Norden Lebenden seien rau und wild, die weit im Süden wegen der Hitze lethargisch. Die Menschen seien eben nicht gleich. Und wenn man die Menschen aus Afrika versklave, könnten die ja sogar froh sein, weil man sie aus ihrer Lethargie hole, so die verquere Logik.
Niemand hat Rhythmus im Blut
Heute gebe es „keine ernstzunehmende wissenschaftliche Richtung, die von unterschiedlichen Menschenrassen spricht“, betonte Dette. „Es gibt nur Menschen.“ Aber das Konstrukt wirke immer noch nach. Wir alle seien nicht frei von der Idee, dass es doch Unterschiede gebe. Auch positive Zuschreibungen, wie die und die hätten „Rhythmus im Blut“, seien Quatsch.
Dass diese Gedankwelten so schwer aufzubrechen sind, habe auch mit Scham und Schuldgefühlen zu tun. Weil wir aus einer Gegend kommen, die privilegiert ist, reagieren wir beschämt. Stereotype und Vorurteile seien mächtig. Diese zu haben, sei wohl unvermeidlich. „Schlimm wird es, wenn wir das nicht reflektieren“, betont Dette.
Es bringe nichts, den Vorwurf des Rassismus abzuwehren, man sollte sich vielmehr damit beschäftigen und über möglicherweise rassistisches Verhalten nachdenken. Er werde immer wach, wenn jemand sage: „Ich bin kein Rassist, aber….“
Von Mohren und Nickn…n
In der lebhaften Diskussion drehte sich das Gespräch auch um das frühere Gasthaus zum Mohren in Schramberg. Der Begriff sei „gewaltvoll“, so Louisa Mugabo. Peter Schimak wies darauf hin, dass die „Mohren“ als besonders gute Köche galten, ein Wirt sich mit diesem Namen deshalb vielleicht schmücken wollte. Mugabo ließ das nicht gelten, der Begriff sei Afrikanern von außen zugewiesen worden, wie auch das N.-Wort. Man müsse von denen ausgehen, die angesprochen werden. Wenn für diese der Begriff nicht ok ist, dann sei er eben nicht ok.
Über den Unterschied von Diskriminierung und Rassismus diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Hildegard Klaussner erinnerte an die “Nickn…r“ in den Kirchen vergangener Jahrzehnte: „Die waren immer schon rassistisch.“ Ähnlich auch die „Angst vorm schwarzen Mann“. Dette berichtete als Kuriosität, dass der Alternativbegriff Schoko-Kuss Probleme mit dem Lebensmittelrecht habe. Ein weiteres Thema war, ob man das Wirtshausschild abhängen oder durch eine Infotafel erläutern sollte, wie Dette empfahl.

Nach gut zwei Stunden Vortrag und angeregter Diskussion bedankte sich Luisa Wöhrle vom JUKS bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern und erinnerte an die Transparentaktion am Schramberger Rathaus.