Da das Heimathaus wegen der Corona-Pandemie nun schon viele Wochen geschlossen bleiben muss, erarbeitete die Heimathausgruppe unter der Rubrik „Forum Heimathaus – Geschichtsspuren unserer Heimat“ “ Beiträge zur Tennenbronner Vergangenheit, die wir als Gastbeiträge gerne veröffentlichen. In der Serie „Höfe- und Bürgertausch“ wird über die Entstehung der heute gültigen Gemarkung von Tennenbronn und der Gemeinde Langenschiltach berichtet. Laut Heimathaus wechselten fast 200 Personen durch den Gebietstausch ihre Gemeindezugehörigkeit. Heute veröffentlichen wir den ersten Teil der Serie, geschrieben von Alfred Kunz.
Teil 1
Bürgeraustausch zwischen Evangelisch Tennenbronn und Langenschiltachim Jahr 1836
Dieses Ereignis ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil damals die territoriale Gestalt Tennenbronns von heute geschaffen wurde mit den Grenzen, die für das ab 1922 vereinigte Dorf gültig waren. Bekanntermaßen waren bis dahin die Grenzverhältnisse in Tennenbronn ziemlich obstrus und exotisch. Sie bedeuteten, dass z.B. die Bewohner der am weitesten abgelegenen Teile der Gemeinde Ev. Tennenbronn z.B. von der Staude bis zu ihrer Kirche im Dorf länger als 2 Stunden unterwegs waren oder dass für Straßenreparaturen im Eichbach nicht Tennenbronn zuständig war, sondern die Gemeindeverwaltung in Langenschiltach. Hintergrund für diese Gegebenheiten war die flickenteppichartige Zerstückelung des oberen Schiltachtals, die durch die feudalen Herrschaftsverhältnisse des ausgehenden Mittelalters geschaffen und auch durch die Eingliederung des Gebiets ins Großherzogtum Baden nicht beseitigt worden war.
Während die Bewohner des Tennenbronner und Langenschiltacher Tals Jahrhunderte lang die unnatürlichen hinderlichen Gegebenheiten widerspruchslos hatten hinnehmen müssen, änderte sich dies mit Beginn der badischen Zeit anfangs des 19. Jahrhunderts. Da nun alle Teile der ehemaligen drei Stäbe der gleichen Herrschaft untergeordnet waren, lag es nicht mehr nur im Interesse der Talbewohner, sondern auch im Interesse der badischen Regierung, die unnatürlichen Grenzverhältnisse zu bereinigen.
Anlässlich einer Bürgerversammlung am 18. August 1834, zu der die Bürger der Gemeinde Langenschiltach geladen waren, rief der großherzogliche Amtmann Böhme, nach Ende der regulären Versammlung diejenigen Bürger noch einmal zu sich, welche zum Kirchspiel Thennenbronn gehörten und „auf der anderen Seite der „Chaussee“ (Straße von Langenschiltach nach Hornberg) zuhause waren. Er präsentierte ihnen einen Vorschlag der Regierung, wonach zur Bildung vernünftigerer Gemarkungsgrenzen in der Region, die allzu entfernten Hofgüter der Gemeinde Langenschiltach gegen andere bisher zu Ev. Tennenbronn gehörigen Höfe umgetauscht werden könnten, wenn die Güter der zu tauschenden Objekte in etwa das gleiche Steuerkapital besäßen.
Die Straße von Langenschiltach nach Hornberg könne künftig die natürliche Grenze zwischen den Gemeinden Langenschiltach und Ev. Tennenbronn bilden. Die Menschen, die oberhalb dieser Grenze wohnten, würden sich ohnehin kirchlich wie schulisch im nahegelegenen Langenschiltach besser aufgehoben fühlen als im weit entfernten Dörfle Tennenbronn, während andererseits die Bürger, deren Wohnort näher beim Dörfle lägen, schon jetzt teilweise dorthin integriert seien.
Betroffen von den Plänen waren vor allem die Bewohner der Höfe, die in der Umgebung des Tennenbronner Dorfkerns gelegen waren, Anwesen im unteren Dorf, Teile des Eichbachs oder auch an der Linde oder auf der Hub. Im Gegenzug sollten Höfe in der Krummen Schiltach, die bis hinauf an die Triberger Grenze zu Evangelisch Tennenbonn gehörten, nach Langenschiltach wechseln. Als Ergebnis der damals in Gang gekommenen Beratungen gaben die von den Plänen betroffenen Bürger eine gemeinsame Erklärung ab: „Wir verkennen nicht“, so überliefert das Protokoll, „dass eine Vereinigung mit der Gemeinde Thennenbronn mancherlei Vorteile darbieten wird. Und wir für unsere Person wollen daher gegen diese Vereinigung keinen Einspruch erheben, (…), insofern auch die Thennenbronner Bürger diesseits der Chaussee sich den Austausch an Langenschiltach gefallen lassen (…).“
Trotz des grundsätzlichen Einverständnisses dauerte es zwei Jahre, bis die Details für den Höfetausch unter Dach und Fach waren. Zum Problem wurde vor allen Dingen, dass am Ende doch einige der betroffenen Bürger, unter anderen im Schachenbronn, mit dem Tausch nicht einverstanden waren.
In den Kirchbüchern der Ev. Pfarrei Tennenbronn ist im März 1836 in einem Erlass des badischen Innenministeriums nachzulesen: „Karlsruhe 1. März 1836: Beschluß der Großherzoglichen Regierung, daß man (…) die Herstellung besserer und mit der natürlichen Lokalität mehr übereinstimmender Gemarkungsgrenzen zwischen den Gemeinden Langenschiltach und Tennenbronn definitiv genehmigt.“ Dass der Beschluss in die Tennenbronner Kirchbücher eingetragen und im Gottesdienst verkündet worden ist hat den Grund, dass durch den Bürgertausch nicht nur die territorialen Verhältnisse verändert wurden, sondern vor allem auch die kirchlichen. Die Seelenzahl der Ev. Kirchengemeinde verlor durch den Tausch fast 200 Seelen und eine Reihe reicher Bauernhöfe.
Endgültig abgeschlossen wurden die Verhandlungen am 18. August 1836 in der Post zu Langenschiltach und am 19. August im Stabswirtshaus zu Tennenbronn mit der Unterzeichnung der Verträge durch die Ratsmitglieder beider Gemeinden.