Donnerstag, 28. März 2024

Jesus im Straßengraben

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Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.
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Als am 3. Januar Sturmtief Brunlind über Deutschland fegte, hat  der Orkan nicht nur Dächer abgedeckt und Bäume gefällt. Zwischen Waldmössingen und Heiligenbronn krachte auch ein Wegkreuz ab. (Wir haben darüber berichtet.)

…und zwei Monate später am 3. März. Foto: privat

Dass ein Sturm ein solches Sandsteinkreuz ist ungewöhnlich. Doch dass es auch mehr als zwei Monate später noch kaputt im Schnee liegt, das verstehen in Waldmössingen die Leute nicht. Zumal das Kreuz nicht irgendjemandem gehört, sondern der katholischen Kirche höchstpersönlich. Und die lässt ihren obersten Herrn im Dreck liegen.

Diözese weiß Bescheid – seit 17. Januar

Anruf bei Ortsvorsteherin Claudia Schmid. „Wir haben gestern darüber im Ortschaftsrat diskutiert.“ Nach dem Sturm habe sie zunächst herausfinden müssen, wem das Kreuz gehört. Am 17. Januar habe sie die Diözese Rottenburg-Stuttgart informiert. Der zuständige Herr habe auch versprochen, er werde sich drum kümmern und einen Steinmetz beauftragen, das Kruzifix zu reparieren.

Die Fasnet kam und ging. Und der Herr Jesus lag immer noch am Straßenrand. Dann kam der Schnee und deckte den Korpus wenigstens ein wenig zu. Inzwischen ist er wieder aufgetau(ch)t.

Der Ortschaftsrat und viele Waldmössinger sind stinkig, ob der Pietätlosigkeit mit dem Heiland im Schneematsch. Verständlich sei der Ärger, meint der Sprecher der Diözese Rottenburg, Uwe Renz.

Er hat herausgefunden, dass „das Feldkreuz, das sich auf einem kircheneigenen (Pfründstiftung) landwirtschaftlich genutzten Grundstück befindet, am 3. Januar infolge des Sturms Burglind“  umstürzte. Es sei auch richtig, dass die Gemeindeverwaltung „am 17. Januar im Bischöflichen Ordinariat anmahnte, das umgestürzte Kreuz zu entfernen und zu reparieren“.  Es hat dann allerdings fast vier Wochen gedauert, bis die Grund- und Bauverwaltung im Bischöflichen Ordinariat (BO) schließlich „am 9. Februar einen Auftrag dafür an einen Steinmetzbetrieb“ gegeben hat.

Steinmetz: „Immer Hektik“

Dieser Betrieb habe dem BO zugesagt, das Kreuz in der siebten Kalenderwoche – das war die Fasnetswoche – für die Reparatur abzuholen. „Dies ist offenbar bis dato nicht geschehen“, vermerkt der Sprecher trocken. Die Experten im BO bedauerten dies und finden das ganze „ärgerlich“, schreibt Pressesprecher Renz, „zumal sie den Steinmetzbetrieb ausdrücklich baten, das Kreuz zeitnah zu holen, um kein Ärgernis hervorzurufen.“

Und was sagt der Steinmetz? „Das Kreuz holen wir die Woche noch ab“, verspricht der Chef am Telefon. Auch ihm ist die Sache unangenehm, aber in seinem Vier-Mann-Betrieb seien zwei Leute schon länger erkrankt. „Es ist grad immer Hektik.“ Aber das Material sei bestellt, das Kreuz ausgemessen. Er werde es nun rasch holen und reparieren.

Und so geschah es,  kaum zwölf  Stunden nach dem Anruf hatte Roland Holzer das  abgebrochene Kreuz mit dem 20 Kilogramm schweren Corpus zu seiner Werkstatt in Seedorf gebracht. „Das Sandsteinkreuz wird durch ein neues ersetzt“, kündigt Holzer an, „der Christus aufgearbeitet und wieder befestigt.“ 

Steinmetz Roland Holzer mit den Teilen des Feldkreuzes bei Waldmössingen. Fotos: him

Die Ursache für den Bruch hat der Steinmetz auch schon ausgemacht: Ein verrosteter Stahlstift im Sandstein des Kreuzes habe den verwitterten Sandstein gesprengt, ist Holzer überzeugt. Von „Burglind“ brauchte es nur noch einen Schucker.

Amen.

 

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