Schramberg. Nun ist es offiziell: Dr. Ruja Ignatova ist die Besitzerin eines Luxusappartments in London. Bis vor wenigen Tagen hatte sich die „Cryptoqueen“ hinter einer verschachtelten Firmenkonstruktion verbergen können. Doch am 11. Januar hat sie sich als Eigentümerin des 18 Millionen Euro teuren Penthouses im Abbotshouse in Kensington registrieren lassen. Die Times of London berichtet am Freitag darüber.
Ignatova, die bekanntlich mit ihrem Bruder Konstantin in Schramberg aufgewachsen ist, hatte eine angebliche Kryptowährung, den OneCoin erfunden. Über ein Schneeballsystem hat sie Bildungspakete mit Token für den OneCoin weltweit verkauft und war so zur hundertfachen Millionären, wenn nicht gar Milliardärin geworden.
Penthousekauf wird in Münster verhandelt
Ignatova hatte das Penthouse im Mai 2016 gekauft – und im selben Haus eine weitere, schlichtere Wohnung für ihre Leibwächter für etwa zwei Millionen Euro. Das Geld für den Kauf soll der Münchner Rechtsanwalt Martin B. von Konten der International Marketing Services (IMS) aus Greven nach London transferiert haben.
Deshalb steht er derzeit in Münster unter anderem wegen des Verdachts der Geldwäsche vor Gericht. Die IMS soll laut Anklage insgesamt etwa 320 Millionen Euro für OneCoin eingenommen und auf andere Konten weltweit weiter verschoben haben. Deshalb müssen sich Frank R. und Manon H. ebenfalls in Münster verantworten.
Ignatovas Anwälte in London aktiv
Wie die Times berichtet, haben Ignatovas Anwälte „einen formellen Anspruch auf ein Penthouse mit vier Schlafzimmern im Wert von 13,5 Millionen Pfund in London erhoben und sie als ‚wirtschaftlichen Eigentümerin‘ des Grundstücks bei Companies House aufgeführt“. Das Companies House führt das Handelsregister in Großbritannien.

Wer den Anwälten den Auftrag erteilt hat, Ruja Ignatova als Besitzerin der Immobilie eintragen zu lassen, geht aus dem Artikel nicht hervor. Ignatova ist seit dem 25. Oktober 2017 wie vor Erdboden verschwunden. Das FBI hat 100.000 Dollar Belohnung für Hinweise auf sie ausgesetzt. Höchst unwahrscheinlich also, dass sie selbst es war.
Das Penthouse
Über das Flat hatte Jamie Bartlett in seinem BBC Podcast ausführlich berichtet. Im November 2021 berichtete Bartlett in der BBC über die verschleierten Eigentumsverhältnisse. CIgnatova hatte sich dort nur kurz nach dem Kauf aufgehalten. Eigentlich wollte sie in London leben. Allerdings bekam Ignatova eine Vorladung der Londoner Polizei und zog es daraufhin vor, nach Bulgarien zu ziehen. Sie kam nie mehr nach Großbritannien.
Ihr Bruder Konstantin dagegen hat das Penthouse genutzt. Er hat einmal dort ein Selfie von sich aufgenommen und gepostet.


In der Wohnung sollen sich Kunstwerke im Wert von einer halben Million Pfund befunden haben, berichtet die „Times“. Darunter zwei Bilder von Andy Warhol: ein Druck mit Elisabeth Taylor und „Der rote Lenin“ über einem Kamin. Im Prospekt von KnightFrank bis heute noch zu sehen.
Nach Ruja Ignatovas Untertauchen im Oktober 2017 war unklar, was mit dem Penthouse geschehen soll. Eine Maklerfirma soll versucht haben, es zu vermieten.
Inzwischen ist Ruja Ignatovas Londoner Bleibe sogar ein Kunstobjekt geworden. Derzeit zeigt die Kunsthalle Mannheim das Penthouse in einer virtuellen Ausstellung von Christoph Faulhaber.
Eine Million Pfund Preisnachlass
Erstaunlicherweise bietet ebenfalls seit dieser Woche die Londoner Immobilienfirma KnightFrank genau dieses „ultimative Penthouse“ wieder zum Verkauf an. Die Bilder zeigen die Ausstattung wie vor gut fünf Jahren. Der rote Lenin ist noch zu sehen, die Stahlregale, vor denen „Konsti Keks“ posierte. Ja, sogar die Schale mit Ruja Ignatovas Porträt kann man auf dem Bild von der Küche noch entdecken.
Der Preis ist um eine Million Pfund runter gegangen: es soll „nur“ noch 12,5 Millionen Pfund kosten. Der Swimming-Pool bräuchte „einige Wartungsarbeiten“, heißt es im Kaufangebot. Ansonsten sei die Küche von Bulthaup und die Küchengeräte von Miele.


Anti-Geldwäschegesetz zwingt zur Offenlegung
Dass Ignatova nun als rechtmäßige Eigentümerin des Penthouses geoutet werden musste, das sei ein Erfolg der neuen britischen Gesetzgebung. Diese soll verhindern, dass Kriminelle und Kleptokraten ihre illegalen Vermögen in Großbritannien waschen, zitiert die Times Lord Callanan, einen Wirtschaftsstaatsekretär der konservativen Regierung.
Hoffnung für die Opfer?
In dem Zusammenhang fragt das Blatt, ob der Verkauf des Penthouses nicht dazu genutzt werden könnte, die britischen OneCoin-Opfer zu entschädigen. Viele Opfer kritisieren seit Jahren, dass die britische Polizei viel zu wenig gegen die OneCoin-Betrüger unternommen habe.
Die Polizei von London hatte im Jahr 2019 ihre Ermittlungen gegen OneCoin eingestellt, weil sie nicht in der Lage gewesen war, „irgendwelche Wertgegenstände, die mit OneCoin in Verbindung stehen, zu identifizieren“.
Unterdessen hat sich auch der Londoner Rechtsanwalt Jonathan Levy gemeldet. Levy vertritt zahlreiche OneCoin-Opfer. Er fragt im Blog Behind MLM: „Weiß jemand, wer die Verkäufer sind? Ich werde sie mit einer Klage überziehen.“ ( I will hit them with a legal claim.)
In Münster nichts Neues
Seit dem Herbst verhandelt das Landgericht Münster in zweiter Auflage gegen den Münchner Rechtsanwalt Martin B. und das Ehepaar Manon H. und Frank R.. Schon beim ersten Verfahren, das im Mai 2022 wegen der Erkrankung von zwei Schöffen geplatzt war, hatte der vorsitzende Richter die Angeklagten aufgefordert, über ein Geständnis nachzudenken.
Damals war er auf taube Ohren gestoßen. Nun hat, wie berichtet, Ruja Ignatovas OneCoin-Miterfinder und Geliebter Sebastian Greenwood in New York vor knapp einem Monat ein Geständnis abgelegt. Er hat zugegeben, dass die OneCoins „völlig wertlos“ waren und er wusste, dass es falsch war, was er tat.
Wenn einer der Gründer von OneCoin ein Geständnis ablegt, dann wäre das vielleicht ja Anlass auch für die in Münster Angeklagten, reinen Tisch zu machen. Doch da habe sich nichts getan, erklärt der Sprecher des Landgerichts Münster auf Nachfrage der NRWZ, „insbesondere nicht ins Bezug auf die Wendung in New York“.