Eine Schar alter Freunde und (Weg-) Genossen traf sich am frühen Freitagabend beim Rathaus, um gemeinsam mit Uwe Rettkowski den zweiten Teil einer Ausstellungstrilogie von Stadtarchiv und Stadtmuseum Schramberg aus Anlass seines 70. Geburtstags zu eröffnen.
Stadtarchivar und Museumsleiter Carsten Kohlmann holte zunächst weit aus, um den Grafiker und Karikaturisten zu würdigen: Er zog den Bogen von US-Präsidenten Donald Trumps Treffen mit dem nordkoreanischen Diktator Kim jong-un, die angebliche Flüchtlingskrise, den Bürgerkrieg in Syrien über das Urteil im NSU-Prozess bis hin zu den bayrischen Landtagswahlen und der AfD und einem „Krieg“ zwischen der NRWZ und dem AfD-Abgeordneten Emil Sänze. „Es fällt nicht leicht, in diesem ’Welttheater‘ noch irgendwie mitzukommen“, so Kohlmanns bitteres Fazit.
Dieses Welttheater sei aber auch immer wieder Thema in Rettkowskis kritischen Zeichnungen, die nun als 24 Plakate in der oberen Hauptstraße zu sehen sind. Bewusst vom Rathaus bis zum Narrenbrunnen reichend. Die grausamen Bilder aus Chile nach dem Militärputsch 1973, aus dem Irakkrieg, von Flüchtlingen aus Afrika habe Rettkowski in seinen Zeichnungen verarbeitet. Aber auch lokalpolitische Themen, Wahlkampfplakate für „seine“ SPD oder den damaligen OB-Kandidaten Herbert O. Zinell stammen aus seiner Feder.
Es liege ihm als Veranstalter fern, einen Skandal zu provozieren, versicherte Kohlmann. „Anstoßen und teilweise auch erschüttern wollen wir aber schon.“ Das verbinde ihn mit Rettkowski, der ebenfalls „Aufmerksamkeit wecken, zum Umdenken ermuntern“ wolle.
Der Jubilar selbst dankte seinen Unterstützern für die Ehre der Ausstellung und lud zum gemeinsamen Spaziergang zum Narrenbrunnen. Die Karikaturen reichen thematisch von der jüngsten Entscheidung zur Landesgartenschau bis zurück zu Bildern aus dem Jahr1973 zum Putsch in Chile.
OB Reichert und Stadtrat Werner Klank tauchen wieder auf, die Diskussionen zur Krankenhausschließung, die Slogan-Suche als Stochern im Nebel, genauso wie die Foltermethoden in Abu Ghureib und Guantanamo. Ganz am Schluss findet sich beim Narrenbrunnen ein melancholischer Aschermittwochsnarr: „S‘ goht daggega.“
Info: Die „Ansichten“ sind bis 13. September in der oberen Hauptstraße in Schramberg zu sehen.