Den Kampf um ihre Arbeitsplätze wollen die etwa 90 Beschäftigten von Saxonia Textile Parts in Göppingen noch intensivieren. Jetzt haben sie sich in einem „Offenen Brief“ an die Eigentümer von Kern-Liebers gewandt und an deren soziale Verantwortung appelliert. Saxonia ist ein Tochterunternehmen von Kern-Liebers.
Göppingen/Schramberg. „Sehr geehrte Damen und Herren“ beginnt betont höflich das Schreiben, das der IG-Metallgeschäftsführer für Göppingen-Geislingen Martin Purschke über den Vorstandsvorsitzenden des Unternehmens Dr. Erek Speckert an die Eigentümer geschickt hat. „Der Beschluss der Kern-Liebers-Gruppe zur Schließung der Saxonia Textile Parts in Göppingen hat unter den Beschäftigten Betroffenheit, Wut und große Sorge um ihre Zukunft ausgelöst.“

“Saxonia ist mehr als nur ein Arbeitgeber”
Für viele Kolleginnen und Kollegen sei Saxonia mehr als nur ein Arbeitgeber, nicht Wenige arbeiteten seit Jahrzehnten in dem Betrieb. Sie hätten dort ihre Ausbildung gemacht und ihr 40- oder gar 50-jähriges Firmenjubiläum gefeiert. Seit 75 Jahren bestehe das Unternehmen, geprägt durch unterschiedliche Eigentümer, vor allem jedoch durch die Arbeit und den Einsatz der Beschäftigten.
Im Sommer hatte die Konzernleitung der Belegschaft in Göppingen mitgeteilt, damit solle nun Schluss sein und der Betrieb geschlossen werden. Die Produktion von Göppingen soll zum großen Teil nach Schramberg verlagert werden.
Appell: Verhandelt mit uns
In seinem Offenen Brief schreibt Purschke an die Eigentümer, dass der Betriebsrat die Verhandlungen zur Schließung aufgenommen habe. Ziel sei es, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten. „Diejenigen, die ihren Arbeitsplatz verlieren, brauchen einen Ausgleich für ihren Verlust. Sie stehen als Eigentümer hinter einem Unternehmen, das für Verantwortung, Tradition und Verbundenheit in der Region steht“, appelliert Purschke an die Eigentümer.
Speckert danke allen Mitarbeitern für den Einsatz zur zukünftigen Stärkung der Kern-Liebers-Gruppe im globalen Markt. Als deutsches Familienunternehmen sei Kern-Liebers stolz darauf, den Beschäftigten ein stabiles, vertrauens- und respektvolles Arbeitsumfeld zu bieten. „Diese Verantwortung besteht auch gegenüber den Beschäftigten der Konzerntochter Saxonia in Göppingen!“
Bisher kein akzeptables Angebot
Purschke kritisiert, dass bisher Saxonia-Geschäftsführer Uwe Habisch „keine akzeptablen Lösungsangebote“ gemacht habe. „Ein Alternativkonzept des Betriebsrats zum Erhalt des Standorts in Göppingen wurde konzernseitig abgelehnt.“ Die Saxonia-Beschäftigten hätten sich deshalb entschlossen, eine tarifvertragliche Lösung zu fordern. Leider das Unternehmen nicht bereit solche am Verhandlungstisch zu finden, daher habe die IG Metall inzwischen zu Streiks aufgerufen.
„Wir brauchen Lösungen zur Beschäftigung von möglichst Vielen in Göppingen“, heißt es in dem Brief weiter. Man brauche einen Sozialplan, der nicht abfindet, sondern finanzielle Ausgleiche schafft. Außerdem fordern die Saxonia-Mitarbeiter Transferangebote in eine neue Beschäftigung.
Weitere Protestaktionen angekündigt
Die Belegschaft fordert die Kern-Liebers Eigner auf, „sich Ihrer Verantwortung als Eigentümer zu stellen. Sorgen Sie dafür, dass die Verantwortlichen mit den notwendigen Befugnissen an den Tisch kommen, damit wir Lösungen für die Beschäftigten erarbeiten können.“ Die IG Metall und die Belegschaft stünden für Verhandlungen und Nachfragen bereit. Schließlich kündigt Purschke an, man werde „weiterhin öffentlich an den Kern-Liebers-Standorten für unser Anliegen Druck machen“.
In Schramberg haben die Saxonia Beschäftigten schon zwei Mal vor der Konzernzentrale demonstriert. Zuletzt waren sie auch in der Innenstadt aufgetreten, um für ihr Anliegen zu werben (wir haben berichtet.)
Protest geht weiter
Diese Woche hat die IG Metall zusammen mit der Belegschaft zwei weitere Aktionen am Kern-Liebers-Werk Eberle in Schwabmünchen und am Göppinger Firmensitz geplant: Am Dienstag soll von 11.30 bis 12.30 Uhr eine “Aktive Mittagspause” mit Kolleginnen und Kollegen des Kern-Liebers-Werk Eberle stattfinden. Am Donnerstag, 26. Oktober wird es von 11.45 bis 13 Uhr eine Kundgebung vor dem Werkstor bei Saxonia Textile Parts in Göppingen geben.