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„Schramberg: Greensill schreckt ab“, Veröffentlicht: Montag, 22. März 2021, 15.41 Uhr

Schramberg: Greensill schreckt ab

Seit die Bremer Greensill-Bank in die Schlagzeilen – und kurz darauf in die Insolvenz geraten ist, blicken etliche Stadtkämmerer in Deutschland sorgenvoll in die Zukunft. Die Bremer Bank hat in Zeiten von Negativzinsen noch ein bisschen Geld für Tagegeld geboten. So mancher wackere Stadtkämmerer hat sein Sparkässle dort angelegt. Doch inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Beim vielen ist es bedauerlich, dass die Notgroschen weg sind. Bei Monheim in Nordthein-Westfalen werden so manche Kommunalpolitiker klammheimlich Schadenfreude empfinden. Macht Monheim doch mit Mini-Gewerbesteuersätzen den anderen Städten und Gemeinden das Leben schwer. Monheim bangt nun um 38 Millionen, die bei der Greensill-Bank angelegt waren. Das Geld ist höchstwahrscheinlich weg. Während der Einlagensicherungsfonds der deutschen Banken Privatanleger entschädigen wird, schützt der Sicherungsfonds seit 2017 keine städtischen Einlagen mehr.

24.000 Euro für Negativzinsen

Stadtkämmerer Klemens Walter will dem Gemeinderat in der kommenden Sitzung berichten, wie er trotz der anhaltenden Niedrigzinsphase  die finanziellen Auswirkungen für de Stadtkasse minimieren will. In einer Vorlage für den Rat schildert er die Lage: „Die Anlage von nicht benötigen Finanzmitteln wirft nicht mehr den gewohnten Ertrag ab.“

Gelder auf dem Girokonto bringen vielmehr Negativzinsen, wenn sie Freibeträge  zwischen 50.000 und 500.000  Euro überschreiten. Bis zu einem halben Prozent muss die Stadt dann blechen.

Bisher schiebt die Kämmerei  liquide Mittel auf den verschiedenen Konten der Stadt und der Eigenbetriebe innerhalb des „Cash-Pools“  hin und her, um diese  Freibeträge optimal zu nutzen. Dennoch rechne die Stadtkasse für das Jahr 2021 einen Betrag von 24.000  Euro für Negativzinsen, so Walter.

Zukünftige Anlagenstrategien

Weil es der Stadt finanziell grade nicht so glänzend geht, und die liquiden Mittel kontinuierlich zurückgingen, trete „diese Thematik etwas in den Hintergrund“, meint Walter. Andererseits sei es schwierig, Zinserträge durch Festgeldanlagen in herkömmlicher Art zu erzielen. Dafür wären lange Laufzeiten von fünf bis sieben Jahren nötig. „Verlässt man die institutsgesicherten Anlagemöglichkeiten, könnte man schon nach zwei- bis dreijähriger Anlagedauer positive Zinssätze erzielen, würde aber auch ein gewisses Risiko eingehen“, schreibt Walter in seiner Vorlage.

Solche Geldanlagen seien Kommunen zwar nicht grundsätzlich verboten. Möglicherweise verstieße man aber gegen den „Grundsatz der ausreichenden Sicherheit“, wie er in der Gemeindeordnung vorgegeben ist.  Auch würden solche Anlagen den Anlagerichtlinien der Stadt Schramberg widersprechen.

Die Kochaffäre als warnendes Beispiel

Im Jahr 2004 hatte der damalige Oberbürgermeister Dr. Herbert O. Zinell nach der Finanzaffäre Koch diese Richtlinien erlassen. Um das Jahr 2000 war ein Finanzbetrug riesigen Ausmaßes aufgeflogen. Der Finanzmakler Hans Jürgen Koch hatte Millionenbeträge zwischen etwa 350 Kommunen hin und her geschoben – und dabei mutmaßlich gut 20 Millionen für sich abgezweigt. Schramberg war nicht betroffen, hier hatten sich die Verwaltung und der Rat immer für eine konservative Anlagenpolitik entschieden.

Doch in Zeiten von Negativzinsen möchte Kämmerer Walter immerhin darüber nachdenken, ob man im Rahmen der Vermögensverwaltung und Kapitalanlagen Gelder zum Beispiel in Fonds investiert, um „damit eine Rendite zu erzielen“.  In seinem Beschlussvorschlag geht er aber davon aus, dass der Gemeinderat bei seiner Linie bleiben und „der bisherigen, auf Sicherheit ausgelegten Anlagestrategie der Stadt Schramberg“ zustimmen wird. Greensill, Koch und Co. Als  warnendes Beispiel vor Augen habend.

 

 

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