Will die Stadt ein neues Gewerbegebiet, neue Bauplätze für Häuslebauer oder die Industrieansiedlung entwickeln, braucht sie zunächst die Grundstücke im Planungsgebiet. Oft sind die Eigentumsverhältnisse verwickelt, manchmal wollen die Grundstücksbesitzer nicht verkaufen. Dadurch werden die städtischen Vorhaben verzögert, müssen geändert werden – oder kommen überhaupt nicht zustande.
Die Stadtverwaltung möchte deshalb dem Rat vorschlagen, über die sogenannte Umlegung die Verfahren zu beschleunigen. In einer Vorlage für die Ratssitzung am Abend heißt es dazu: „In den vergangenen Jahren gestaltete sich dabei der Grunderwerb immer schwieriger. Oft musste zeit- und kostenintensiv umgeplant werden, weil wichtige Grundstücke nicht in den Besitz der Stadt gelangten.“ So manches Baugebiet, das ambitioniert begonnen habe, sei am Ende bescheiden ausgefallen, weil Grundstückseigentümer nicht verkaufen wollten.
Andere Kommunen nutzen die Umlegung schon lange
Andernorts, etwa in Dunningen, wenden Kommunen schon seit vielen Jahren ein Umlegungsverfahren an, wenn sie in ein Bebauungsplanverfahren einsteigen. Eine Umlegung ist ein im Baurecht gesetzlich geregeltes, förmliches Grundstücksflächentauschverfahren. „Bei einer Umlegung werden Grundstücke ‚geschaffen‘, die nach Lage, Form und Größe für eine bauliche oder sonstige Nutzung geeignet sind“, heißt es in der Vorlage.
Die Umlegung könne dann durchgeführt werden, wenn und sobald sie zur Verwirklichung eines Bebauungsplanverfahrens benötigt werde und nicht zu erwarten sei, dass die Eigentümer ihre Grundstücke auf freiwilliger, privatrechtlicher Basis entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplanes selbst umgestalten können oder wollen, oder ihre Grundstücke nicht an die Stadt verkaufen wollen..
Mit der Umlegung wollten die Kommunen, die sie anwenden, „eine höchst mögliche Effizienz und schnelle Zielerreichung“ gewährleisten. Vor der Einleitung des Umlegungsverfahrens würden die am Verfahren beteiligten Eigentümer angehört und die Grundzüge des Umlegungsverfahrens erläutert. Auch würde mit allen Eigentümern gesprochen, um einvernehmliche Lösungen zu finden.
Beim Umlegungsverfahren gelten fünf Prinzipien:
Die Grundstücksgrenzen werden so gezogen, dass die beabsichtigte Nutzung möglich wird.
Die Grundflächen für gemeinschaftliche und öffentliche Anlagen müssen zu gleichen Anteilen von allen betroffenen Grundstückseigentümern aufgebracht werden
Die Substanz des Grundeigentums darf durch die Umlegung nicht vermindert werden.
Die Umlegung muss auch im Interesse der Grundstückseigentümer erfolgen.
Das Recht am Eigentum muss gewahrt bleiben.
Verfassungsrichter: Umlegung ist keine Enteignung
Das Bundesverfassungsgericht hat vor fast 20 Jahren entschieden, dass die Umlegung als verfassungsrechtlich zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums zulässig sei, auch wenn die Handlungsfreiheit des Eigentümers eingeschränkt wird, weil in der Umlegung konkrete Eigentumsobjekte entzogen und neu zugewiesen werden.
Die Umlegung sei nach diesem höchstrichterlichen Urteil „ausdrücklich nicht mit einer Enteignung zu verwechseln“, so die Stadtverwaltung.
In Schramberg hatte man nach traumatischen Ereignissen im Zusammenhang mit der Entwicklung des Neubaugebietes Eckenhof auf Enteignungs- und Umlegungsverfahren weitestgehend verzichtet. Nun aber möchte die Stadt wie viele andere Kommunen verstärkt mit dem Instrument der Umlegung arbeiten.
Schießacker: Blockade lösen
Ein erster „Kandidat“ soll das Industriegebiet Schießacker in Sulgen werden. „Bisher führten viele Gesprächsversuche mit Eigentümern nicht zum Erfolg“, schreibt die Verwaltung. Ein Umlegungsverfahren mit Unterstützung eines Umlegungsträgers, also einem hierauf spezialisiertes Vermessungsbüro, trüge dazu bei, das für die Stadt Schramberg und ihre Wirtschaft wichtige Gebiet schneller zu entwickeln, ist die Verwaltung überzeugt.
Sie schlägt dem Rat vor zu beschließen, dass ein solches Umlegungsverfahren begonnen werden soll, falls der Eigenbetrieb Wirtschaftsförderung den freihändigen Erwerb im Bereich des Bebauungsplans Schießacker nicht bis 30. September 2020 abschließen kann. Am Donnerstagabend wird sich der Rat mit diesem Vorschlag auseinandersetzen.