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„Statt Wohnmobilstellplatz Kurzzeitreiseplätze?“, Veröffentlicht: Samstag, 14. Mai 2022, 7.58 Uhr

Statt Wohnmobilstellplatz Kurzzeitreiseplätze?

Schramberg (him) – Es war ein zäher Prozess, bis endlich nach stundenlanger Debatte ein Kompromiss gefunden war. Ein Kompromiss, der  nochmals Zeit kostet und wahrscheinlich auch Geld. Es ging im Ausschuss für Umwelt und Technik um ein Lieblingsthema der CDU und der Freien Liste: Wohnmobilstellplätze in Schramberg beziehungsweise das Fehlen solcher.

Nach jahrelangem Kampf schienen die beiden Fraktionen im vergangenen Sommer am Ziel: Ihrem gemeinsamen Antrag auf Errichtung von acht Wohnmobilstellplätzen an der Tennishalle in Sulgen hatte der Ausschuss für Umwelt und Technik grundsätzlich zugestimmt. Im Herbst bekam die Verwaltung den Auftrag einen förderantrag für das Projekt zu stellen. Die Verwaltung hat sich ans Werk gemacht und einen Bauantrag für das vom AUT beschlossene Vorhaben Kurzzeitstellplätze gestellt.

Die vermaledeite Campingplatzverordnung

Fachbereichsleiterin Petra Schmidtmann-Deniz berichtete dem AUT, die Stadt habe eine Baugenehmigung  bekommen, „aber mit Auflagen“. Es dürfen nur drei statt der geforderten acht Stellplätze gebaut werden. Der Grund: Ab vier Stellplätzen gilt die Campingplatzverordnung. „Und die verlangt den Bau eines Waschplatzes mit Dusche und WC-Einheit“.

Petra Schmidtmann-Deniz (links) in der AUT-Sitzung. Foto: him

Andere Waschmöglichkeiten etwa im Hallenbad wären zu weit weg, so Schmidtmann-Deniz. “Wir haben eine Kostenanfrage gestartet und Angebote für etwa 50.000 Euro erhalten.“ Die seien aber weder in der bisherigen Kostenberechnung von 70.000 Euro noch im Zuschussantrag enthalten. Hinzu kämen  etwa 1500 Euro für einen Schließ- und Reinigungsdienst – pro Monat.

Ein weiteres KO-Kriterium  ist die geplante Zufahrt über den Danziger Weg: Die Campingverordnung verlangt eine Mindestbreite von 5,50 Metern. Der Danziger Weg sei aber maximal fünf Meter breit. Die Verwaltung schlage deshalb vor, den Platz mit drei Stellplätzen „rechtssicher“ anzulegen. Mittelfristig wolle man weitere Plätze prüfen und schauen, was wo möglich wäre.

Prüfliste der Verwaltung. Foto: him

Rückert: „Was machen wir falsch?“

Für die Fraktion der Freien Liste meldete sich Ralf Rückert zu Wort. Er erinnerte an die jahrelangen Diskussionen um die Wichtigkeit solcher Plätze für die Stadt und die vielen Lösungsversuche. Er hatte eine umfangreiche Präsentation vorbereitet. Darin zeigte er etwa ein halbes Dutzend Beispiele von Wohnmobilstellplätzen im Schramberger Umfeld. Da seien die Zuwegungen ebenfalls nicht immer 5,50 Meter breit und meist fehlten die Sanitäreinrichtungen.

Das sei aber kein Problem. Was die Wohnmobilisten heute brauchten, seien Ver- und Entsorgungseinrichtung. Die gezeigten Plätze entsprächen nicht der Campingplatzverordnung. Er frage sich: „Was machen wir falsch?“

Die Campingplatzverordnung sei veraltet. Heute seien in den Wohnmobilen Duschen und Toiletten eingebaut. Die 5,50 Meter am Danziger Weg seien bisher kein Problem gewesen. Firmenfahrzeuge kämen dort schließlich auch durch. Die Verwaltung solle nicht immer „Probleme suchen, sondern lösen“.

Eisenlohr: Acht Plätze rechtswidrig

Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr entgegnete: „Wir haben uns in der Verwaltung auch über Monate den Kopf zerbrochen, wie wir das hinbekommen.“ Die Campingplatzverordnung von 1989 sei aber nicht optional. Sie gelte, auch wenn sie nicht mehr zeitgemäß sei. Würde der Rat dennoch acht Stellplätze beschließen, wäre das rechtswidrig, und sie müsste Widerspruch einlegen. Dann müsste das Gremium in drei Wochen erneut beschließen.

Eisenlohr berichtete, dass sich Fachbereichsleiter Matthias Rehfuß im Umland ebenfalls erkundigt habe. Rehfuß sagte, einige Kommunen hätten erklärt: “Oh, es gibt eine Campingplatzverordnung?“ Viele dieser Plätze seien über Jahrzehnte entstanden und würden so heute keine Genehmigung mehr bekommen.

Rückert widersprach: Der Hornberger Platz bestehe seit 2020 und habe kein Sanitärgebäude. „In Schramberg muss alles ganz rechtskonform sein.“

Rehfuß: An Recht und Gesetz gebunden

Kritik kam auch von Jürgen Kaupp (CDU): Wenn es diese KO-Kriterien gebe, hätte die Verwaltung doch den Platz im Wittum gar nicht vorschlagen dürfen. Schmidtmann-Deniz räumte ein, dass das ein Fehler war. Man sei jetzt dran, das vorab zu prüfen. Kaupp fand, man solle sich über die Campingplatzverordnung  inwegsetzen und das dennoch mache. „Ich will sehen, ob da einer klagt.“

Dem widersprach Rehfuß. Auch die Verwaltungsleute hätten einen  Eid geleistet, nämlich sich an Recht und Gesetz zu halten. Abteilungsleiterin Linda Niebel ergänzte: „ Wenn wir einen Bauantrag bekommen, müssen wir die Verordnung anwenden.“  Zu den  Plätzen in anderen Kommunen bemerkte sie, dass diese häufig zuvor schon als Parkplätze genutzt worden seien.

Es entspann sich eine längere Debatte über den Sinn und Unsinn der Campingplatzverordnung. Verwaltung und Ratsmitglieder waren sich einig, dass die heute überholten Bestimmungen geändert werden müssten. Sie sei teilweise in sich widersprüchlich. Eine Änderung aber sei Sache der Landespolitik. Eisenlohr betonte: “Wir müssen uns an die Vorgaben halten, das erwarten wir auch von privaten Bauherren.“

Kurzreiseplätze als Ausweg

Ralf Rückert brachte einen neuen Vorschlag: Kurzreiseplätze erlaubten ein bis zwei Übernachtungen. Dafür wäre der Schotterplatz im Wittum geeignet. Man müsse nur eine Ver- und Entsorgungseinheit aufstellen. Auch für den  bisherigen Vorschlag habe es eine Befreiung gegeben, so Niebel. Eine Umwidmung sei etwas anderes als ein Bauantrag.

Nach einer von Kaupp beantragten Sitzungsunterbrechung brachte Rückert einen Änderungsantrag ein: Auf einer öffentlich gewidmeten Fläche im Bereich Wittum sollen acht Kurzreiseplätze erstellt werden.

Lösungssuche

Die Verwaltung signalisierte, dass so etwas möglich sein könnte. Ob aber ein Parkplatz der Forderung „optisch ansprechend“ entspreche, fragte Eisenlohr. Abteilungsleiterin Ayline Schirling, zuständig für den Förderantrag, berichtete, dass sie einen völlig neuen Antrag stellen müsse. Schon beim bisherigen Antrag habe sie sehr viel versucht, um ihn genehmigt zu bekommen.

Tiefbauchef Konrad Ginter meinte, technisch sei es möglich, eine Ver- und Entsorgungseinheit aufzustellen. „Wir müssen schauen, welche Flächen frei wären.“ Das will die Verwaltung nach Möglichkeit bis zur nächste Sitzung herausfinden. Bei einer Enthaltung stimmten die Vertreterinnen und Vertreter von CDU, SPD-Buntspecht, Freier Liste und ÖDP dem Änderungsantrag zu. Die „Aktiven Bürger“ waren nicht in der Sitzung vertreten.

 

 

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