Michael Stacheder liest aus „Max Mannheimer – spätes Tagebuch“. Auf Einladung der Volkshochschule kommt der Regisseur und Schauspieler am Mittwoch, 20. Oktober um 20 Uhr in die Aula des Gymnasiums.
Max Mannheimer, geboren 1920 in der Tschechoslowakei, überlebte die Judenverfolgung durch die Nazis seit 1939. 1943 kam er über Theresienstadt nach Auschwitz ins Vernichtungslager. Dort ermordete die SS seine Eltern, seine Ehefrau und zwei Geschwister. Mannheimer und ein Bruder überlebten.
“Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah. Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon.” Das erklärte Max Mannheimer später immer wieder, wenn er Vorträge hielt, als Zeitzeuge in Schulen und Universitäten berichtete, mit jungen Menschen sprach.
Bei solchen Veranstaltungen sei er Max Mannheimer mehrmals begegnet, so Michael Stacheder im Gespräch mit der NRWZ. „Mannheimer war einer der aktivsten dieser Zeitzeugen seit den 80er Jahren bis zu seinem Tod 2016.“ Das Thema NS-Diktatur, Judenverfolgung und Widerstand begleite ihn schon sehr lange. Das erste Theaterstück, das er inszenierte, war „Die weiße Rose“, ein Stück über die gleichnamige Widerstandsgruppe um die Geschwister Scholl.
Nach dem Tod Mannheimers hätte in Bad Aibling, Stacheders Heimatort, verschiedene Institutionen überlegt, wie man die Erinnerung an Mannheimer gestalten könne. Es entstanden 2018 die „Max Mannheimer Kulturtage“. Er habe dabei die Lesung aus dem „Späten Tagebuch“ beigesteuert, so Stacheder.
Spätes Zeugnis
Er habe dann lange darüber nachgedacht, weil er diese Lesungen nicht nur eben mal zwei Jahre machen wollte. „Wir haben eine Verantwortung für diesen Text und die Persönlichkeit Mannheimers.“ Max Mannheimer habe sein Buch erst 20 Jahre nach Kriegsende und der Befreiung geschrieben. Er sei damals sehr krank gewesen und fürchtete zu sterben. Mannheimer wollte eine Art Zeugnis für seine Tochter Eva ablegen.
Da Mannheimers Kinder das Projekt begrüßt hätten, reise er nun auf Einladung von Kommunen, Volkshochschulen und Schulen quer durch die Republik. Dabei arbeite er mit Musikerinnen und Musikern vor Ort zusammen. In Schramberg werden ihn das Duo Johanna Wolber (Violine) und Sarah Wöhrle (Klavier) begleiten. Die beiden waren Bundessiegerinnen bei „Jugend musiziert“ und werden Stücke aus ihrem Auftritt beim Festival „Verfemte Musik“ in Schwerin spielen.
Im Gymnasium am Folgetag seien wohl Schüler und Lehrer aktiv beteiligt. Obwohl seine Lesung einen festen Rahmen habe, sei es doch immer neu. „Das ist jedes Mal ein spannendes Erlebnis.“ Nach seinen Lesungen werde meist noch diskutiert.
Vorsichtiger Umgang mit dem Text
Er wolle die Stimme Mannheimers sein, setze seine Mittel als Schauspieler nur sparsam ein. „Ich versuche mich sehr vorsichtig, ja still, dem Text zu nähern.“ Mannheimer habe „einen unglaublichen Humor“ gehabt und sei „ein echter Charmeur“ gewesen, erinnert sich Stacheder. Immer wenn bei seinen Vorträgen die Stimmung zu traurig, zu bedrückend wurde, habe er einen Witz erzählt.
Die Zunahme von Antisemitismus, Rassismus und Feindlichkeiten gegenüber anderen Kulturen sei verstörend. Es reiche nicht aus, „reflexartig am 27. Januar an den Holocaust zu erinnern“, findet Stacheder. Gedenktage seien wichtig, aber man dürfe da nicht halt machen. Es sei schlimm, wie der Antisemitismus zusehends wieder salonfähig werde. „Es bleibt nicht bei der Sprache.“ Mannheiners Buch habe traurige Aktualität.
Er betrachte seine Lesungen auch als ein Mittel zur Stärkung der Zivilgesellschaft. Rechtsradikale und Holocaustleugner werde er nicht überzeugen, das sei ihm klar. Aber es gelte, die anderen zu sensibilisieren und zu stärken. Es sei ihm wichtig zu vermitteln, wohin Antisemitismus und Rassenhass führen. Stacheder ist überzeugt, dass die Kultur künftig in dieser Beziehung immer wichtiger werde, weil es Zeitzeugen wie Mannheimer „bald nicht mehr geben wird.“
Info: Die Lesung ist am Mittwoch, 20. Oktober um 20 Uhr in die Aula des Gymnasiums. Es gelten die 3G Regelungen. Es wird um Anmeldung bis spätestens 15. Oktober beim Bürgerservice (Tel. 29-215), beim Bürgerbüro Sulgen (Tel. 29-265) oder unter www.vhs-schramberg.de gebeten.