Die selbst gesteckten Ziele der drei deutschen Turnfestssieger von 2017 waren im Vorfeld hoch, jedoch auch die Hürden, die zu überwinden waren. Während der 19-jährige Dominik Weidmann sich in seinem Leichtathletik-Wahlvierkampf dieses Jahr nun gegen die Männerklasse durchsetzen musste, plagten Trainer Thorsten Simon Verletzungssorgen und Carina Willig Trainingsrückstände durch einen Bänderriss im März.
Den Anfang machte Simon in der Altersklasse 40-45. Trotz massiver Rückenbeschwerden gelang gleich in seiner ersten Disziplin, dem Schleuderballwerfen (1,5 kg), ein „Sensationswurf“, wie er selbst es bezeichnet, auf 69,18 Meter. Damit pulverisierte er seine absolute Bestleistung aus dem Jahr 1999 um gleich drei Meter. Mit dieser Weite ist der 41-jährige Sportlehrer auch in der Männerklasse deutschlandweit ganz vorne. Die danach folgenden Disziplinen Kugelstoßen, Weitsprung und 50 Meter Kraul liefen dann wie von selbst, so Simon. Mit der Gesamtpunktzahl von 43,89 war er sogar über einen Punkt besser als bei seinem Deutschen Turnfestsieg im vergangenen Jahr.
Für ordentlichen Unmut bei allen Schrambergern sorgte die Auswertung des traditionellen Wahlvierkampfes, da Turner, Schwimmer und Leichtathleten in einer gemeinsamen Wertung auftauchten und nicht wie sonst üblich in Sportarten getrennt wurden. „Als Leichtathlet hat man gegen die Punktewertung von Turnern und Schwimmern keine Chance. Da müsste man Weltklasseleistungen bringen“, kritisiert der Trainer. Mit einem Riesenvorsprung vor dem Zweitplatzierten sicherte sich Simon zumindest die Leichtathletikwertung.
Dasselbe gelang am Tag darauf auch seinem Schützling Dominik Weidmann, der ebenfalls mit einer Topweite von 63,36 Metern im Schleuderball begann und seine Bestleistung im Kugelstoßen mit der 7,27 Kilo schweren Männerkugel um ein paar Zentimeter auf 13,54 Meter steigerte. Durch viel Kampfgeist konnte er einer Stolperer beim Start des 100-Meter-Laufs und einen schlecht gewählten Weitsprunganlauf kompensieren, so dass auch er die Leichtathletikwertung mit 45,63 Punkten deutlich für sich entschied.
Durch einen Riss von Außen- und Syndesmosenband konnte Carina Willig in ihrer Verletzungspause lediglich Krafttrainingseinheiten absolvieren, was ihr zumindest in den Wurfdisziplinen neue Bestleistungen bescherte. Mit 35,18 Metern im Schleuderball schaffte sie sogar die Norm für die Deutschen Meisterschaften. Starke 8,26 Meter im Kugelstoßen folgten, dann erwartet schwächere Ergebnisse im 100-Meter-Lauf und im Weitsprung. In der Endabrechnung war sie mit 38,83 Punkten knapp geschlagen auf Platz zwei der Leichtathletikwertung weibliche Jugend U20.
Erstmals durfte auch Nils Herden Turnfestluft schnuppern, der in seiner Altersklasse U18 ordentliche Ergebnisse ablieferte. Auf 38,33 Meter im Schleuderball folgten 7,18 Meter im Kugelstoßen. Seine stärkeren Disziplinen Weitsprung (4,72 Meter) und 100-Meter-Lauf (13,90 Sekunden) verhalfen ihm in der Leichtathletikwertung auf einen guten sechsten Platz.
Neben den Wahlwettkämpfen folgten am letzten Tag noch die offiziellen Landesmeisterschaften. Erwartungsgemäß sicherte sich Thorsten Simon in der Altersklasse M30-50 mit Riesenvorsprung den Titel im Schleuderball mit 64 Metern und im Steinstoßen (15kg) mit 8,78 Metern. Weidmann musste im Schleuderball der Männer gegen den Topathleten Marcel Bosler aus Iffezheim antreten, der in den vergangen Jahren immer Medaillen bei Deutschen Meisterschaften abräumte. Mit nur zwei Metern Rückstand sicherte sich der Schramberger Werfer den Vizetitel. „Er hat die Siegerweite von knapp 61 Metern drin gehabt, leider war in jedem Wurf ein technischer Fehler“, berichtet Simon. Durch seine 63 Meter vom Vortag ist Weidmann trotzdem für die Deutschen Meisterschaften im Herbst qualifiziert.
Ebenfalls in den Wurfdisziplinen Schleuderball und Steinstoßen ging Lisa Herden in der Altersklasse U20 an den Start. Nach 5,85 Metern mit dem Fünf-Kilo-Stein folgten sehr gute 29,47 Meter im Schleuderball, was in der Endabrechnung Platz 5 und Platz 4 bedeutete.
Für den eigentlichen Paukenschlag sorgte am Abschlusstag aber Carina Willig, die sich nach ihren Bänderrissen lediglich vorgenommen hatte, die Qualifikation für die Deutschen Meisterschaften im Leichtathletik-Fünfkampf zu schaffen. Mit am Start die amtierende Deutsche Vizemeisterin in dieser Disziplin aus Iffezheim, die jedoch keinen guten Tag erwischte. In der ersten Disziplin verbesserte die Schrambergerin ihr Kugelbestleistung um 70 Zentimeter auf fast neun Meter. Beim folgenden Weitsprung und beim 100-Meter-Lauf steigerte sie ihre Leistungen im Vergleich zum Vortag, obwohl ihr der Vierkampf noch in den Knochen steckte. Gegen die Deutsche Vizemeisterin konnte sie jedoch in allen vier Disziplinen keine Punkte gutmachen, sondern verlor erwartungsgemäß kontinuierlich an Punkten. Doch dann kam der abschließende 1000-Meter-Lauf, bei dem sie die 200-Meter-Zwischenzeiten, die sie auf ihrer Innenhandfläche notiert hatte, wie ein Uhrwerk herunterspulte. Mit hervorragenden 3:41 Minuten nahm Carina der Iffezheimerin 34 Sekunden ab und schaffte mit 48,97 Punkten und einem hauchdünnen Vorsprung ihren ersten Landesmeistertitel. „Einfach grandios gekämpft“, lobt der Trainer seinen Schützling.
Man darf gespannt sein wie sich die Schramberger Athleten nun bei den Deutschen Mehrkampfmeisterschaften im niedersächsischen Einbeck Mitte September schlagen werden.