
Keine Nachricht hat 2015 in der Region so eingeschlagen wie die von den beiden unbekannten Turmkran-Kletterern. Jene „Grave Yard Kidz”, Friedhofs-Kinder, die unbemerkt bis zur Spitze des Baukrans am Rottweiler Aufzugtestturm von thyssenkrupp in etwa 256 Meter Höhe gestiegen sind und sich dort gefilmt haben. Jetzt haben die beiden ein Interview gegeben.
Knapp 3000 Mal wurde der NRWZ-Artikel dazu (der erste zum Thema überhaupt) von unseren Lesern geteilt, gut 24.000 Mal abgerufen. Noch mehr Leute haben die Unbekannten mit ihrem Video auf Youtube erreicht – inzwischen fast 123.000. Nun haben sich die Kollegen vom „Südkurier” an die Fersen der beiden Kletterer – die aus Villingen kommen – geheftet und ein Interview mit ihnen gemacht. Zentrale Aussage: „Die größte Angst, die wir haben, sind Trittbrettfahrer”.
Die Polizei versucht, die beiden Friedhofs-Kinder zu identifizieren – die Firma Züblin, der der Baukran gehört, hat Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs gestellt, berichtet die Polizei. Der Bauherr thyssenkrupp Elevator hat angekündigt, die illegale Aktion gemeinsam mit dem Generalunternehmer Züblin analysieren zu wollen. „Entsprechende Maßnahmen” wurden angekündigt. Der NRWZ sagte ein Unternehmenssprecher: „Die Jugendlichen brachten sich in eine lebensgefährliche Situation – wir warnen daher dringend vor Nachahmung.”
Interessant: Das ist offenbar auch die größte Angst der Kletterer selbst – dass Trittbrettfahrer auf dieselbe, von vielen Leuten als dumm, wahnsinnig, irre klassifizierte Idee kommen könnten, selbst auf den riesigen Baukran zu steigen. Und sich, wie auch die Polizei mittlerweile festhielt, in Lebensgefahr begeben.

„Habt Ihr keine Angst beim Klettern”, hatte der Südkurier die Beiden gefragt. Ihre Antwort laut dem in Villingen erscheinenden Blatt: „Nein. Wenn wir Angst vor der Höhe hätten, würden wir es lassen. Anfangs war der immense Respekt vor der Höhe ein sehr intensives Gefühl. Heute haben wir uns aber vollständig an die Höhen gewöhnt. Da ist die Angst erwischt zu werden größer. Die größte Angst, die wir haben, sind Trittbrettfahrer und die möglichen Gefahren für sie.” Der Satz findet sich in einem öffentlich gemachten Interviewauszug.
Nach der Motivation für die waghalsige Aktion gefragt, antworteten die weiterhin Unbekannten dem Südkurier, sie machten das „wegen diesem unbeschreiblichen Gefühl, oben zu sein.” Es sei die „Mischung aus dem Reiz des Verbotenen, der Aussicht und den Momenten, die man wahrscheinlich nie wieder im Leben vergisst, geistig und körperlich an die Grenzen zu gehen.” Das Erlebnis und der Spaß sei ihnen wichtig. Aber auch das Feedback und der Austausch über das Internet spiele eine Rolle.
Das Feedback ist durchaus geteilt. Hier läuft die Diskussion unter anderem:
[fb_embed_post href=„https://www.facebook.com/NRWZ.de/posts/926105354121307/” width=„550”/]
Die beiden Kletterer, deren Namen weiterhin unbekannt sind, sagten dem Südkurier auch, dass sie überrascht seien, nun ins Visier der Polizei geraten zu sein. Sie hätten nämlich „noch nie etwas absichtlich beschädigt bei unseren Climbs,” So auch am Baukran in Rottweil – bei der Kletterei ist nichts kaputt gegangen, hat die Polizei festgestellt. Eine Anzeige wegen Sachbeschädigung fällt damit weg.
„Dass jetzt die Polizei nach uns fahndet”, sagten die Kletterer dem Südkurier weiter, „ist für uns durchaus verständlich. Allerdings würden wir uns wünschen, dass die Polizei sich mehr auf wirklich Kriminelle fokussiert und ihre Energie darauf beschränkt, den Bürgern zu helfen, anstatt uns hinterherzujagen.”