„Organe aus dem Drucker?!“: Prof. Dr. Ute Schepers vom Institut für Funktionelle Grenzflächen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) setzt hinter den Titel ihrer Keynote beim 13. Innovation Forum Medizintechnik sowohl Frage- als auch Ausrufezeichen. Sie berichtet laut einer Pressemitteilung von MedicalMountains über Hürden und Perspektiven bei dem bahnbrechenden Verfahren – und welche Rolle mittelständische Unternehmen dabei spielen.
Es käme einem Quantensprung für die Transplantationsmedizin gleich. Eines Tages solle es möglich sein, aus den Stammzellen eines Patienten ein komplettes Organ zu drucken. „Wenn das gelänge, wäre vielen, vielen Menschen geholfen“, sagt Ute Schepers. Das Ziel sei also klar umrissen, „die Richtung vorgegeben.“ Damit sei das Ausrufezeichen bei ihrem Vortrag gemeint. „Aber der Weg ist noch lang.“ Hier komme das Fragezeichen ins Spiel.
Noch ein weiter Weg
Über Umwege sei die Karlsruher Professorin zum 3D-Druck von Organen gekommen. Von Haus aus Chemikerin, beschäftige sie sich mit der Frage, wie Wirkstoffe modifiziert werden müssten, damit sie beispielsweise nur zur Leber transportiert würden, ohne im ganzen Körper Nebenwirkungen zu entfalten. Um Alternativen zu Tierversuchen zu haben und Ergebnisse effektiver erzielen zu können, habe sie zusammen mit Ingenieuren sogenannte „Organe auf dem Chip“ entworfen – kleinste funktionelle menschliche Gewebekomplexe auf einer kaum erbsengroßen Fläche. Zeitgleich mit den eigenen Versuchen, diese Zellen Schicht für Schicht aufzutragen, „explodierte der 3D-Druck im großen Stil“, erinnert sich Ute Schepers. Das Institut sei so bei der Entwicklung vorn dabei gewesen und zähle heute zur forschenden Speerspitze.
Auf dem Weg vom miniaturisierten zum lebensgroß gedruckten Organ lägen noch einige Hürden. Das betreffe einerseits die benötigten Stoffe. Einfach ins Regal greifen und loslegen – so weit sei die Entwicklung noch nicht. Entsprechend sei die Materialsynthese ein Schwerpunkt. Andererseits stelle der Druckvorgang selbst ein Hindernis dar. „Von der Menge der Zellen her wäre es heutzutage kein Problem, ein Herz zu drucken“, sagt Ute Schepers, wohl aber angesichts des Gewichts. Unter der Last stürben die unteren Zellen bereits ab, noch bevor die oberste Schicht aufgebracht worden sei.
Es sei denn, die Durchblutung werde bereits im Verfahren mitgedacht. Es seien genau solche „Feinheiten“, die nach Ute Schepers für den Standort Deutschland sprächen. „Es wird oft das düstere Bild gezeichnet, dass wir hinterherhinken“, aber die Spezialisierung, der Blick auf die Genauigkeit, sei hier sehr ausgeprägt. Es werde herausragende Vorarbeit geleistet, wenn es beispielsweise um die Nerveneinbindung oder nanoskalige Drucke geht.
Es geht nur gemeinsam
Detailkönnen als Trumpf im globalen Wettbewerb – und als Chance für kleinere und mittlere Unternehmen. Sie seien mit ihrem Know-how und der Good Manufacturing Practice „die eigentlichen Treiber“, betont die Professorin. Natürlich brauche es Grundlagenforschung, aber der Transfer aus dem Labor in die Anwendung „geht nur Hand in Hand mit der Industrie“. In vielen Bereichen leisteten KMU wertvolle Teilbeiträge, so bei der Zellproduktion, bei Materialien, Scannern, Software, Druckern, Pumpen, zählt Ute Schepers etliche Möglichkeiten auf, eine Nische in der Nische des Zukunftsmarkts zu finden.
Was eben nicht mehr alleine gehe, sondern nur gemeinsam. „Die Zusammenarbeit ist sehr eng und weniger kompetitiv“, blickt sie auf die Innovationsnetzwerke in ihrem Bereich. Es könnten Vorbilder für weitere Kooperationen im Bereich der Medizintechnik sein – und das Innovation Forum eine Plattform, um solche Partnerschaften zu schmieden. Auf dass sich nicht nur bei der Technologie, sondern auch bei individuellen strategischen Weichenstellungen Fragezeichen in Ausrufezeichen wandeln.
Weitere Informationen etwa zum Programm des 13. Innovation Forum Medizintechnik sind unter https://innovation-forum-medizintechnik.de/ zu finden.