Für den Waffenhersteller Heckler & Koch in Oberndorf war „2019 das erfolgreichste Geschäftsjahr seit langem“, heißt es in einer Konzernmitteilung. Das 70 Jahre alte Unternehmen erzielte demnach „erstmals seit mehreren Jahren“ wieder einen Gewinn nach Steuern in Höhe von 1,6 Millionen Euro. Im Jahr 2018 hatte die Firma noch einem Verlust von 8,1 Millionen Euro nach Steuern eingefahren.
Der Umsatz im Jahr 2019 stieg um acht Prozent auf 239,4 Millionen Euro (2018: 220,9 Millionen Euro). Das operative Ergebnis vor Steuern (EBITDA) lag bei 30,3 Millionen Euro und damit um 63 Prozent höher als im Vorjahr (18,6 Millionen Euro), schreibt das Unternehmen weiter. Zudem habe H&K im abgelaufenen Geschäftsjahr mehr als 150 befristete Arbeitsverhältnisse oder Leiharbeitnehmer in Festanstellung übernommen. Für 2020 erwarte H&K trotz der Corona-Pandemie eine verhaltene, aber weiter stabile Entwicklung.
Wachstums- und Innovationskurs plus Grüne-Länder-Strategie
Nach mehreren Jahren mit deutlich negativen Ergebnissen habe sich damit die vom H&K-Vorstand eingeschlagene Trendwende verfestigt. „Mit der erfreulichen Entwicklung 2019 zeigen sich nun die Erfolge unseres Wachstums- und Innovationskurses“, sagt Dr. Jens Bodo Koch, Vorstandsvorsitzender von H&K. Die Rückkehr von H&K in die Gewinnzone sei zum einen auf ein Kostensenkungsprogramm und eine deutliche Effizienzsteigerung in der Produktion zurückzuführen.
Zum anderen beruhe der Erfolg auf eine Vereinbarung mit der Belegschaft, durch Mehrarbeit bei gleichzeitigem Lohnverzicht zur Konsolidierung des Unternehmens beizutragen. „Wir sind unseren Mitarbeitern dankbar für ihre große Loyalität und Verbundenheit zum Unternehmen. Sie haben durch ihre Bereitschaft zu Mehrarbeit maßgeblich zum Erfolg im abgelaufenen Geschäftsjahr beigetragen“, so Vorstandschef Koch.
Ein weiterer Faktor für den positiven Trend bei H&K sei die „Grüne-Länder-Strategie“. Danach liefere das Unternehmen seine „Produkte nur noch an freiheitlich-demokratisch verfasste Staaten und an Länder, die nach den Vorgaben der Bundesregierung von besonderer außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für Deutschland“ seien. Diese Strategie werde von den Kunden ausdrücklich gutgeheißen, so Koch. H&K gelte inzwischen „als Vorreiter einer verantwortungsvollen Rüstungsexportstrategie in Deutschland“, schreibt das Unternehmen weiter.
„Aufgrund des ermutigenden Auftragseingangs und der laufenden Optimierungsprogramme sind wir zuversichtlich, den positiven Trend weiter fortsetzen zu können“, sagt Finanzvorstand Dr. Björn Krönert.
Gut gefüllte Auftragsbücher
Im abgelaufenen Geschäftsjahr konnte H&K laut Pressemitteilung das zweite Jahr in Folge einen Rekordauftragseingang verzeichnen. „Dies zeigt, dass unsere Produkte von den Kunden sehr geschätzt werden“, so Krönert. Hauptkunden waren neben der Bundeswehr vor allem die französischen Streitkräfte, die Sturmgewehre kauften, sowie die Bundespolizei und die Länderpolizeien von Berlin und Bayern, die HK mit Dienstpistolen versorgte. Im laufenden Jahr habe H&K mit der Auslieferung von 2000 Mitteldistanzwaffen an die hessische Polizei zum Schutz der Bürger bei Terror- und Amoklagen begonnen.
Ebenfalls noch in 2020 würden das Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr (KSK) sowie die Spezialkräfte der Marine das neue Sturmgewehr G95K (HK 416 A7) von H&K einführen. Diese Waffe löse das G36K ab, das ebenfalls aus Oberndorf stammt. Jüngster Erfolg von H&K sei der Beginn der Auslieferung von etwas mehr als 6000 Präzisionsgewehren M110A1 an die US Army.
Nicht erwähnt wird in der Pressemitteilung, wie es um den Großauftrag für die G-36-Nachfolge der Bundeswehr steht. Da steht eine Entscheidung des Bundesverteidigungsministeriums noch aus.
25 Millionen Euro für Investitionen eingeplant
„Wir werden den Erneuerungskurs der Firma weiter konsequent fortführen“, betont laut Pressemitteilung Vorstandschef Koch. Das Unternehmen habe dazu ein großes Investitionspaket im Umfang von mehr als 25 Millionen Euro über zwei Jahre geschnürt, um die Produktion von Pistolen, Gewehren, Maschinengewehren, Maschinenpistolen und Granatwerfern am Standort Oberndorf weiter zu modernisieren und auszubauen.
25 Prozent weniger Schadstoff-Emissionen
Im Jahr 2019 habe HK seine Anstrengungen für den Klima- und Ressourcenschutz erheblich verstärkt und trotz deutlich größeren Produktionsumfangs im Vergleich zu 2018 seinen spezifischen Energieverbrauch im Vergleichszeitraum um mehr als 20 Prozent senken können. Damit einher gegangen sei eine Reduzierung der Kohlendioxid-Emission im Jahr 2019 um 25 Prozent im Vergleich zu 2018.
Auch dieser Kurs werde in diesem Jahr konsequent weiterverfolgt. So hat H&K konkrete Ziele für eine weitere Reduzierung des Erdgas-, Strom, Kohlendioxid- und Frischwasserverbrauchs formuliert. „Jede Investition wird nicht zuletzt auf Umweltkriterien geprüft“, sagt Finanzvorstand Krönert.
Dialog mit „kritischen Aktionären“
Darüber hinaus komme Heckler & Koch mehr als je zuvor seiner gesellschaftlichen Verantwortung als Unternehmen im sensiblen Bereich der Waffenindustrie nach. So stelle sich H&K als börsennotiertes Unternehmen seit zwei Jahren in jeder Hauptversammlung vor Medienvertretern der Debatte mit seinen Aktionären, insbesondere den „kritischen Aktionären“, denen Kirchenvertreter, Friedensaktivisten und viele sozial engagierte Personen angehören.
Dazu zähle auch der offene Austausch über Waffenexporte. Die Resultate dieses Dialogs seien unter anderem in den Ethik- und Verhaltenskodex eingeflossen, der 2019 erlassen wurde. „Zur Sicherung von Demokratie und Frieden ist es unverzichtbar, jegliche Waffenexporte strengsten Regularien zu unterziehen. Auch dafür steht Heckler & Koch“, so Vorstandschef Koch abschließend.
Was fehlt?
In der ausführlichen Pressemitteilung geht das Unternehmen nicht ein auf die nach wie vor enorm hohen Schulden und die Zinslast, die weiterhin Heckler und Koch belasten. Auch die unklaren Eigentumsverhältnisse mit verpfändeten Aktienpaketen und gegenseitigen Klagen der Hauptanteilseigner werden nicht erwähnt.
Offen bleibt auch, welche Konsequenzen das Unternehmen aus der noch ausstehenden Entscheidung zur Bezahlung von 3,7 Millionen Euro im Zusammenhang mit den illegalen Waffengeschäften in Mexiko ziehen wird. Das Landgericht Stuttgart hatte Heckler und Koch verurteilt, diese 3,7 Millionen an den Staat abzutreten. Dagegen ist HK in Revision gegangen. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes steht noch aus.