Die „Stimme des Mittelstands“ zeigt wieder Präsenz: Eine Podiumsdiskussion mit gleich zwei Landtagsabgeordneten und einer Unternehmerin veranstaltete die hiesige Gruppe des Bundesverbands mittelständischer Wirtschaft (BVMW) um ihren Kreisvorsitzenden Volker Görtz in Villingendorf.
Etwa 40 Interessierte hatten sich bei der Firma Dinies eingefunden. Sie brauchten ihr Erscheinen letztendlich nicht zu bereuen, denn die Abgeordneten Andreas Schwarz, Fraktionsvorsitzender der Grünen in Stuttgart, und der hiesige MdL Daniel Karrais (FDP), zeigten sich in guter Form und versteckten sich nicht hinter Politiker-Phrasen. Henriette Stanley, Geschäftsführerin der regionalen Wirtschaftsförderung, moderierte engagiert.
Regenerative Energien
Es war wohl nicht der ampel-mäßige Gleichklang, die die beiden jungen Abgeordneten in vielen Punkten gleicher Meinung sein ließ. Denn im Land ist die eine Partei in der Regierung und stellt den Ministerpräsidenten, die andere eine kleinere Oppositionspartei. Der Ausbau der regenerativen Energien stand bei beiden im Mittelpunkt, wobei nicht nur der Liberale, sondern auch der Grüne die Wasserstofftechnik auf dem Zettel hatte. Dass Schwarz als mögliche Standorte für Fotovoltaik-Anlagen beispielhaft die Lärmschutzwände der neuen Bahnstrecke Stuttgart – Ulm nannte, brachte dann eine Erwiderung von Karrais: Er habe zu diesem Punkt einen Antrag im Landrat eingebracht, mit negativer Antwort aus dem Ministerium. Dem musste Schwarz beipflichten: Er habe sich zwei Stunden lang von Bahn-Leuten anhören müssen, warum das nicht gehe. „Das will ich nicht hören – ich will hören, wie es geht!“
Karrais schlug vor zu prüfen, ob man angesichts der Lage die Kernkraftwerke nicht länger am Netz lassen könne („Vor dem 24. Februar hätte ich dazu den Vogel gezeigt“). Allerdings kämen neue Brennstäbe eben aus Russland oder Kasachstan. Gas aus Fracking sei aber auch „eine große Sauerei“. Dem Kernkraft-Gedanken widersprach Schwarz: Auch das hätte die Regierung prüfen lassen. „Die Probleme beim Weiterbetrieb sind so immens, das ist keine ernst zu nehmende Option.“
Energie-Effizienz
Beide setzten auf größere Energie-Effizienz, also bessere Ausnutzung der vorhandenen Energieträger. Das Potenzial müsse im „Land der Tüftler und Denker“ doch da sein, meinte Schwarz. Und Karrais fand, bei den enorm gestiegenen Energiepreisen müsse doch der Druck groß sein, in Energieeffizienz zu investieren.
Aus erster Hand
Die Probleme schilderte aus erster Hand Anita Jung, Geschäftsführerin der Firma Jöhle Kunststoffteile aus Schramberg. „Wir können nicht investieren, wir brauchen das Geld für Material!“, sagte sie. Material und Energieträger. Sie schilderte einmal das Problem eines Bewerbers: Er wohne in Alpirsbach und habe kein Auto. Um morgens die Arbeitsstelle auf dem Sulgen mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen, müsse er schon am Abend wegfahren, sagte sie. Die Preissteigerungen machten aber auch ihre Produkte teurer, so dass sie ihre Verkaufspreise erhöhen müsse. „Aber ewig machen die Kunden das nicht mit“, erklärte sie. In der Krise könne sie keine Chance erkennen – „uns steht das Wasser bis zum Hals“.
Energiemix
Auf die Frage nach dem Energiemix der Zukunft antwortete Karrais, auf Gas könne man nicht so schnell verzichten. Man brauche Gaskraftwerke wegen der Lastspitzen, grüner Wasserstoff müsse eine Rolle spielen, vor allem bei Transport und Industrieprozessen, und auch Wind- und Sonnenenergie. „Wir müssen dafür sorgen, dass es schneller geht. Es hilft nicht, wenn wir sieben Jahre auf eine Genehmigung warten müssen.“ Immerhin gab es in diesem Punkt, wie beide Abgeordneten betonten, eine Fortschritt durch die Abschaffung des Widerspruchs gegen Genehmigungen von Windkraftanlagen.
Aus der Praxis
Aus dem Publikum meldete sich Schornsteinfegermeister Stefan Sekinger zu Wort. Er berichtete von geringen Einnahmen durch Fotovoltaik-Anlagen – so gering, dass sich Reparaturen nicht rechneten und der Betreiber daher die Anlage abgeschaltet habe. Und er warb für heimisches Holz als Brennstoff: Ein Baum, der im Wald verrotte, setze ebenso Kohlendioxid frei wie Holz im Ofen. Schwarz meinte dazu, Pelletheizungen sollte weiter entwickelt werden.