Ein Plädoyer für eine umfassende Berufsausbildung hielt der ehemalige Präsident der Industrie- und Handelskammer Dieter Teufel am Mittwochabend in der Schalterhalle der Volksbank. Zum diesjährigen Wirtschaftsgespräch hatte die Wirtschafsförderung der Stadt Schramberg eingeladen.
Wirtschaftsförderer Manfred Jungbeck betonte, wie wichtig die Nachwuchsförderung der Betriebe sei und wie die Stadt Schramberg dies unterstütze. Er nannte als Beispiel PfefferMINT. Dieses Programm des JUKS³ wolle Schüler für die MINT-Fächer begeistern und stelle direkte Kontakte zu den Unternehmen her. Auch die JAMS am letzten Aprilwochenende, die Ausbildungsmesse des HGV und der Wirtschaftsförderung, werde immer wichtiger auch für die Betriebe: „Wir mussten in diesem Jahr Firmen ablehnen, weil wir ausgebucht waren.“

Dieter Teufel stellte in seinem Referat dar, dass die Kammern schon seit 100 Jahren für die Ausbildung zuständig seien. Viele Länder versuchten das duale Ausbildungssystem zu kopieren, es brauche aber Erfahrung und Tradition. „Auch bei Industrie 4.0 brauchen wir eine spitzenmäßige Ausbildung.“
Teufel mahnte „mehr bildungspolitische Rückendeckung“ an. Die Ausstattung mit Lehrkräften und Technik an den beruflichen Schulen lasse zu wünschen übrig. Er forderte Kompetenzzentren und kleine Klassen auch für Nischenberufe. Die Auszubildenden müssten auch digitale Kompetenzen erwerben: „Nicht nur ‚wisch und weg‘, sondern auch Programmieren.“
Gegen den „Akademisierungswahn“
Teufel wies auf die vom statistischen Landesamt prognostizierten starken Rückgänge bei den Schülerzahlen hin. Deshalb sei es umso wichtiger, „dass wir das Potenzial in der Region voll ausschöpfen“. Einerseits gelte es, den „Akademisierungswahn“ zu bekämpfen. Oftmals sei eine solide Ausbildung besser als ein Bachelor-Studium. Teufel lobte daher, dass die Berufsorientierung auch an den Gymnasien verbindlich werden soll. Zum anderen sollten auch schwächere Schüler gefördert werden: “Keiner darf verloren gehen.“
Schließlich plädierte er dafür die Weiterbildung zu forcieren. Der IHK sei die berufliche Bildung „eine Herzensangelegenheit“. Mit besonderen Angeboten wie den Azubi-Akademie, den Bildungsberatern und Weiterbildungskursen unterstütze die Kammer die Unternehmen.
Heftig beklagte sich Teufel über den Berufsbildungsbericht und die angeblichen Abbrecherquoten von 25 Prozent. Im Bereich der IHK lägen die Zahlen bei einem Prozent. Wenn Jugendliche in einem Betrieb aufhörten, wechselten sie meist nahtlos in einen anderen Betrieb oder in eine andere Branche. Die Zahlen verunsicherten die Eltern und Jugendlichen.
Zu den Eltern meinte Teufel, sie hätten nicht nur das Recht, ihre Kinder zu erziehen, sondern auch eine Pflicht: „Sie müssen rechnen, schreiben und lesen können und ‚bitte‘, ‚danke‘ und ‚auf Wiedersehen‘ sagen können“, meinte er etwas überspitzt.
Teufel wies auch auf die soziale Komponente hin. Einerseits brauchten die Betriebe Fachkräfte. „Aber die Menschen brauchen auch einen Beruf, der sie ausfüllt.“

In der anschließenden Diskussion mit den etwa 40 Interessierten aus den Betrieben, aber auch von den Schulen ging es unter anderem um die Frage, weshalb an der Berufsschule in Schramberg keine Mechatroniker-Klassen gebildet werden können und die Auszubildenden von hier stattdessen nach Schwenningen fahren müssen.
Ein Ausbildungsleiter meinte, um das Abwandern von Fachkräften zu verhindern, sollten die Unternehmen auch daran denken, Arbeitsplätze attraktiver zu gestalten. „Wir dürfen die Leute auch nicht unterfordern.“
In seinem Schlusswort erinnerte Jungbeck auch an die Verantwortung der Eltern, sich um die Erziehung und Ausbildung ihrer Kinder zu kümmern.