Rausgeworfene Gäste im „Rössle“ Rottweil – Wirtin: „Ich darf hier ja wohl noch selbst bestimmen“

Rassismusvorwurf gegen ein Rottweiler Gasthaus: Die Wirtin des Pächterpaares soll in den vergangenen Wochen mehrfach ausfällig gegen Gäste geworden sein. Einen jungen Mann mit offenkundig ausländischer Herkunft soll sie kurzerhand hinausgeworfen haben: „Solche wie dich haben hier nichts zu suchen.“ Der NRWZ gegenüber bestätigte die Wirtin den Vorfall und sieht sich im Recht. Im Hausrecht. Allerdings steht die Wirtschaft offenbar vor dem Aus.
„Rottweil bleibt bunt“ – das ist Kernaussage eines breiten zivilgesellschaftlichen Bündnisses mit engen Verbindungen über Rottweils alte Stadtgrenzen hinaus. Bei noch jeder AfD-Veranstaltung in der Rottweiler Stadthalle haben die Akteure und Anhänger unterstrichen, dass Rottweil und seine Region bunt und vielfältig seien. Dass Menschen jedweder Herkunft hier willkommen sind. Dass ihnen vorurteilsfrei begegnet werde.
Berichte über massive Beleidigungen
Und dann das: Mehrere Menschen, die erklären, Gäste in einem Rottweiler Wirtshaus gewesen zu sein, fühlen sich dort teils massiv beleidigt. Einer, ein 28-Jähriger mit einem Namen aus dem slawischen Raum, berichtet vergangene Woche, dass er auf die Frage nach einem freien Tisch direkt von der Wirtin angeblafft worden sei: „Solche wie dich haben hier nichts zu suchen, raus mit dir.“ Eine Aussage, die er direkt mit seinem ausländischen Äußeren verbindet, wie er sagt, was die Wirtin ihm auf Nachfrage sogar noch bestätigt habe. Er und seine draußen wartende Familie seien daraufhin weitergezogen.
Ein anderer Gast schreibt in einer Bewertung des Gasthauses: „Beleidigt ohne Grund – und sie war richtig unhöflich, obwohl ich nur gefragt habe, was es hier für eine Küche gibt.“ Eine Frau erklärt: „Unerträglicher Empfang!!! Beschimpfungen von der Besitzerin Sie warf unsere Bestecke.“ Und ein weiterer sagt: „Wirtin beschimpft grundlos ihre Gäste. Wir und eine andere Familie am Nebentisch würden übel beschimpft und aus dem Restaurant geworfen. Es war eine sehr beängstigende Situation.“
Rössle-Wirtin bestätigt Vorfälle – und besteht auf ihrem Hausrecht
Wir hielten das in dem Ausmaß nicht für möglich und haben uns an das Gasthaus gewandt. An die neuen Pächter des „Rössle“, einer alteingesessenen Gaststube in der Rottweiler Innenstadt, direkt oberhalb des „Schwarzen Tores“ gelegen. Die NRWZ hat erstmal nicht berichtet, weil wir gerne die Gegenseite hören. Die Wirtsleute haben sich Zeit gelassen.
Bis zu diesem Samstag. Da meldet sich die Wirtin telefonisch. Wo denn das Problem sei, fragt sie, wenn sie Leute des Lokals verweise? Das sei schließlich ihr Recht. Und was die Frage solle, ob Ausländer bei ihnen ein Problem hätten, sagt sie: „Haben Sie bei uns schon einen Ausländer gesehen? Bei uns sind keine Ausländer.“ Sie bestätigt damit nach unserem Verständnis den Rauswurf. Jenen, den der 28-Jährige nach eigenen Worten als „einen klaren Fall von Diskriminierung“ erlebt hat. Er ergänzt: „In einem Gasthaus sollte Gastfreundschaft selbstverständlich sein – unabhängig von Herkunft oder Aussehen. Es ist beschämend und traurig, wenn Menschen in unserer Gesellschaft auf so verletzende Weise ausgeschlossen werden.“ Wirtin und abgewiesener Gast liegen hier nicht auf einer Wellenlänge.
Im Dezember 2024 hat das aktuelle Pächterpaar das Rottweiler Rössle übernommen, mit neuem Konzept, wie der „Schwabo“ damals lobte, mit „handgeschriebenen Speisetafeln“, die einem „das Wasser im Mund zusammenlaufen“ ließen. Lange hatte die Gaststätte zuvor leer gestanden. Und mit dem neuen Pächter, mit dem männlichen Part des Paares, kam eigentlich Erfahrung in die Stadt. Er kochte bereits an renommierter Adresse, im „Hexenweiher“ im Donaueschinger Öschberghof, einem Italiener mit bester Reputation.
„Ein Gaumenschmaus“
Zunächst wurde das Gasthaus diesen Vorschusslorbeeren gerecht. „Ich war begeistert vom Gasthaus zum Rößle in Rottweil“, schrieb jemand online vor neun Monaten. „Das Essen war unglaublich lecker und auf den Punkt zubereitet – eine wahre Gaumenfreude. Die Servicekraft war äußerst aufmerksam, freundlich und zuvorkommend, sodass wir uns rundum wohlgefühlt haben.“ Oder: „Definitiv ein gastronomisches Kleinod höchster Güte mitten im Herzen von Rottweil“, wertete jemand vor acht Monaten. Und: „Wir waren eben zum zweiten Mal hier und das Essen war wieder ein Gaumenschmaus“, hieß es noch vor zwei Monaten. Und vor wenigen Wochen begann allem Anschein nach der Niedergang: „Ambivalente Erfahrung: Top-Küche, aber Schwächen bei Service und Ambiente.“ Die noch jüngeren Bewertungen sprechen eine deutliche Sprache, ein Beispiel: „Die Inhaberin wirkte egoistisch, harsch und extrem unfreundlich. Aufgrund ihres Auftretens kam es nicht zu einem Abendessen im Lokal.“
Aber es war wohl auch ein Abstieg mit Ansage. Ein Gast und Kenner der Gasthausszene in der Region, berichtet der NRWZ, dass er die Wirtin schon vor Monaten darauf hingewiesen habe, dass Rottweil gerne aus Gläsern trinke, nicht aus Pappbechern. Auch, wenn gerade Fastnacht sei.
Nun wird es, dem Vernehmen nach, wieder zu einem Leerstand kommen. So erklärte die Wirtin gegenüber der NRWZ, dass das „Rössle“ ohnehin bald schließen werde. Aus gut unterrichteten Kreisen wird bestätigt, dass der Pachtvertrag auf Ende Oktober 2025 gekündigt worden sei. Und auf „Kleinanzeigen.de“ wird das Lokal bereits als „Charmantes Restaurant in Rottweil“ angeboten. Wobei die aktuellen Pächter wohl einen Nachfolger wollen, der sie auslöst: „Ausstattung und Inventar sind nicht im Verkauf enthalten und werden separat in Rechnung gestellt.“
Die Wirtin sieht derweil die Schuld nicht bei sich. An die Rottweiler Bürgerinnen und Bürger gerichtet, sagt sie: „Wir machen Ihre Party nicht mehr mit!“ Sie werde gerichtlich gegen Leute vorgehen, die etwas gegen ihr Restaurant sagten, etwa gegen den „Schwarzwälder Boten“, der, ohne das Gasthaus beim Namen zu nennen, an diesem Samstag berichtet hatte. Sie fühle sich genötigt und wolle bis zum „Oberbundesgerichtshof in Bonn“ gehen, wie sie sagte, wobei sie dabei etwas unverständlich wurde. Dann legte sie unwiederbringlich auf.