Grüne wollen Gratis-Wasser für alle in Rottweiler Geschäften – Rathaus: „Das braucht keine kommunale Unterstützung“

Die mitgebrachte Flasche einfach mit Leitungswasser auffüllen lassen – geht es nach den Rottweiler Grünen, soll dies in Rottweiler Betrieben, bei Einzelhändlern und anderen Geschäften, gratis möglich sein. Die Stadtverwaltung lehnt es dagegen ab, das Projekt, das auf den Namen „Refill Deutschland“ getauft wurde, umzusetzen. Grund: Es verursache unverhältnismäßig hohe Verwaltungs- und Koordinationsaufwände ohne erkennbaren Mehrwert. Es könne den Betrieben selbst überlassen werden, sich daran zu beteiligen.
Gestern erst haben die Rottweiler Grünen – hier im Verbund mit der Fraktion SPD+FFR – bei einer Verpackungsmüll-Vermeidungs-Initiative eine Niederlage einstecken müssen. Es wird bis auf Weiteres keine entsprechende Steuer in Rottweil geben, entschied der Gemeinderat denkbar knapp. Den Antrag dazu hatten die Fraktionen im Februar gestellt, jetzt wurde er behandelt. Nur eine Woche später ist ein Antrag aus dem vergangenen August an der Reihe: ein Antrag unter dem Titel „Teilnahme der Stadt Rottweil an der Kampagne ‚Refill Deutschland'“, oder: „Kostenloses Leitungswasser für Kunden und Gäste.“
Zum Hintergrund: Die Initiative „Refill Deutschland“ ist eine deutschlandweite Kampagne gegen Plastikmüll. Teilnehmende Betriebe und Einrichtungen kennzeichnen sich mit einem blauen „Refill“-Aufkleber und bieten kostenlos Leitungswasser zum Auffüllen mitgebrachter Trinkflaschen an. Die Refill-Stationen werden zudem auf einer interaktiven Online-Karte verzeichnet, sodass Interessierte schnell die nächste Möglichkeit zum Auffüllen ihrer Wasserflasche finden können. In den Worten der Initiative:
Refill-Deutschland ist eine einfache Idee mit großer Wirkung: Sie fördert den einfachen und kostenlosen Zugang zu Trinkwasser für alle. Wer mitmacht, trägt aktiv zur Reduzierung von Plastikmüll und zu mehr Umweltschutz bei.
Eigenwerbung
Refill Deutschland sucht nach eigenen Angaben ständig nach weiteren Menschen, Initiativen oder Organisationen, die mitmachen und Teil des Umweltprojekts werden wollen. Das will die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in Rottweil erreichen – und zwar über die Stadtverwaltung. Diese soll an der Initiative teilnehmen und die entsprechenden Aufkleber, über die sich teilnehmende Betriebe zu erkennen geben, diesen zur Verfügung stellen. Zudem sollen sich die städtischen Einrichtungen mit Publikumsverkehr „als Vorbild an der Aktion beteiligen“. Die Stadt solle die Initiative zudem auf ihrer Website bewerben, zudem in den sozialen Medien und im Amtsblatt, um Bürgerinnen und Bürger über das Angebot zu informieren. Und sie solle nach einem Jahr dem Gemeinderat über die Umsetzung und den Erfolg der Initiative berichten.

Denn: Die Aktion sei ein Beitrag zum Umweltschutz etwa durch Plastikreduktion, zum Klimaschutz, weil Leitungswasser eine bessere Ökobilanz habe als Flaschenwasser, zur Gesundheitsförderung, weil die Menschen mehr Wasser trinken könnten. Und es könne sich ein Imagegewinn für die Stadt Rottweil ergeben, weil diese sich als fortschrittliche und umweltbewusste Kommune präsentieren könne. Und nicht zuletzt könne der lokale Einzelhandel und die Gastronomie gestärkt werden, die neue Kunden gewinnen würden und ihrerseits ihr umweltfreundliches Image stärken.
Das Leitungswasser in Deutschland und insbesondere in Rottweil ist von hervorragender Qualität und wird streng kontrolliert. Es ist daher bestens als Trinkwasser geeignet und kann bedenkenlos konsumiert werden. Mit der Teilnahme an der Refill-Initiative setzt die Stadt Rottweil ein deutliches Zeichen für Umweltschutz und Nachhaltigkeit und leistet einen konkreten Beitrag zur Reduzierung von Plastikmüll und zur Gesundheitsvorsorge und Hitzeprävention zum Schutze der lokalen Bevölkerung.
Aus dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen
Eigentlich findet die Stadtverwaltung das alles ganz toll. Aber sie lehnt die Teilnahme an der Aktion „Refill Deutschland“ ab. Wirtschaftsförderer Alexander Stengelin erklärt dazu: „Die Stadtverwaltung begrüßt und unterstützt private Initiativen, die zur Abfallvermeidung, zum Klima- und Gesundheitsschutz beitragen. ‚Refill Deutschland‘ ist zweifellos eine solche Initiative. Gleichwohl ist eine Beteiligung der Stadtverwaltung derzeit nicht zielführend.“
Als Grund listet der Wirtschaftsförderer etwa den zu erwartenden Verwaltungsaufwand auf: „Die Stadtverwaltung ist im Unterschied zu einer privaten Initiative an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden. Eine Registrierung einzelner Betriebe als ‚Refill-Stationen‘ durch die Stadt würde eine flächendeckende, formalisierte Akquise voraussetzen. Jeder gastronomische Betrieb bzw. jede Einzelhandelsfläche müsste in geeigneter Weise informiert, dokumentiert und nach einheitlichen Kriterien behandelt werden. Dieser zusätzliche Prüf-, Kommunikations- und Dokumentationsaufwand steht in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Nutzen, den ein städtisches Engagement über das bereits bestehende private Engagement hinaus erzielen würde.“
Außerdem glaubt Stengelin, dass die Rottweiler Betriebe die Teilnahme durchaus aus eigener Kraft bestreiten könnten. „Selbstständig und ohne kommunale Unterstützung“, so Stengelin. Wenigstens ein Rottweiler Betrieb habe das bereits geschafft. Dagegen werde der Bereich Innenstadtmanagement innerhalb der Wirtschaftsförderung derzeit neu aufgestellt. „Personelle und zeitliche Ressourcen sind vorrangig für die Bewältigung akuter Themen gebunden (etwa Auswirkungen der neuen Parkgebührenordnung, Einführung RottweilCard)“. Auch nach eindeutiger Rückmeldung des Gewerbe- und Handelsvereins sollten die knappen Ressourcen zunächst auf diese dringenden Schwerpunkte konzentriert werden, so der Wirtschaftsförderer. Und schließlich stünde der Aufwand nicht im Verhältnis zum Nutzen. Die Kernleistung der Stadt bestünde im Wesentlichen in der Verteilung von Informationsmaterial und Aufklebern sowie in der Pflege einer städtischen Kommunikationskampagne, fasst Stengelin zusammen. Diese Aufgaben ließen sich einfacher, schneller und ressourcenschonender durch engagierte Privatpersonen oder Vereine wahrnehmen, ohne die städtische Verwaltungsebene einzubinden.
Und so rät die Stadtverwaltung dem Gemeinderatsausschuss, der kommenden Mittwoch über den Antrag der Grünen beraten soll, diesen abzulehnen.
Mehr Infos: https://refill-deutschland.de