In einer emotional geführten Diskussion hat sich der Gemeinderat Rottweil am Mittwochabend ganz knapp gegen eine Verpackungssteuer ausgesprochen. Bei Stimmengleichheit, hier 12:12 bei einer Enthaltung, gilt ein Antrag als abgelehnt. Die CDU vor allem hatte sich zuvor entsprechend positioniert, den Antragstellern von SPD+FFR und Grünen war es dagegen offenbar ein Herzensanliegen, es Städten wie Tübingen und Konstanz gleichzutun. Es hat nicht geklappt.
Wann gab es das schon mal? Eine eigene Social-Media-Kachel vonseiten einer Stadtratsfraktion? Jedenfalls, die CDU hat am Mittwochmittag nochmal Stimmung gemacht und für ihre Position geworben:

Nachhaltige Stadtentwicklung – aber nicht durch teure Steuern mit zweifelhafter Wirkung! Daher stellen wir uns gegen die Verpackungssteuer! 🪙
Unsere Kritikpunkte:
❌ erheblicher Verwaltungsaufwand und Bürokratie statt effektiver Wirkung
❌ unnötige Belastung gerade kleiner Gastronomien, Bäckereien und Einzelhändler statt auf Eigenverantwortung zu setzen
❌ widersprüchlich zum Ziel, wirtschaftliche Freiräume zu schaffen – wir müssen Bürokratie abbauen, nicht neue schaffenrottweil #verpackungssteuer #cdu #cdurottweil #ausdermitte
Und so hat sich die örtliche CDU – grafisch sehr gelungen, wie wir finden – auf Instagram positioniert:

Auch der Gemeinderat und Landtagsabgeordnete der FDP, Daniel Karrais, hat sich im Vorfeld festgelegt. Hier etwa auf der Facebook-Seite der NRWZ:

Bürokratiemonstrum?
Gegenteilig sah es etwa Ingeborg Gekle-Maier von den Grünen, die am Mittwochabend im Gemeinderat nachhaltig für eine Einführung einer lokalen Verpackungssteuer plädierte. Sie verwies auf Milliarden Verpackungen, die täglich in Deutschland weggeworfen würden. Dagegen müsse ein Zeichen gesetzt werden. Gegen den fraktionsübergreifenden Antrag, der die Verpackungssteuer auf den Weg bringen soll, könne eigentlich niemand sein, meinte sie. Das führte zu Murren bei CDU und FDP. Dabei seien die Bilanzen in Tübingen und Konstanz doch positiv, ergänzte Gekle-Maier. Das Murren wurde lauter. Der Straßenmüll gehe zurück und zugleich fließt Geld in die städtischen Kassen, argumentierte sie. Doch die Gegner der Verpackungssteuer im Rottweiler Rat konnten sich bei Gekle-Maiers Einlassungen kaum auf ihren Stühlen halten. Sie sehen die neue Steuer als ein Bürokratiemonstrum, das es zu verhindern gelte.
Monika Hugger hielt etwa entgegen, dass der Nachweis über die ausgegebenen Verpackungen viel Arbeit mache. „Es ist genau die Art von Bürokratie, die die Leute abgrundtief nervt“, so die CDU-Fraktionssprecherin. Man sei beieinander, dass der Müll von den Straßen weg müsse. Sie hält die Verpackungssteuer aber für verfehlt, ja sogar „bescheuert“. In der Gastronomie herrsche Fachkräftemangel, wer solle da noch die Verpackungen protokollieren? Und das rathaus müsse die Steuer obendrein abwickeln (was die Kämmerei ja schon für machbar gehalten hat).
Elke Reichenbach (SPD+FFR) hielt dem Mehraufwand, der im Rathaus für die Abwicklung der Steuer entstehe, entgegen, dass der Betriebshof der Stadt aktuell die Müllbeseitigung mitzutragen habe. Vor allem, wenn die Hängebrücke komme und die Besucherinnen und Besucher ihre Verpackungen zu diesem Ausflugsziel mitnähmen und dann wegwerfen würden. Das ließ den Freien Wähler Karl-Theodor Häring vorschlagen, zunächst die Hängebrücke abzuwarten und gegebenenfalls mit einer Steuer zu antworten. Darauf ging in der Folge niemand ein.
„Schlechte Stimmung in der Stadt“
FDP-Sprecher Daniel Karrais brachte seine Sicht auf die Steuer so auf den Punkt: „Das Ding ist bürokratisch, das mag in einer Großstadt nett sein, aber hier führt das nur dazu, dass man mehr zahlt für den Kaffeebecher.“ Es bringe einfach nichts, das in einer Kleinstadt einführen zu wollen.
Auch Rasmus Reinhardt (CDU) warnte: „Der Vorschlag kommt zu einem falschen Zeitpunkt“. Um dann weit auszuholen: Die Leute seien ohnehin schon „stinksauer wegen der Parkgebühren“. Die schlechte Stimmung sei da, eine weitere Steuer beinhalte eine politische Brisanz. Selbst die Seniorin beim Geburtstagsbesuch spreche einen auf die Parkgebühren an, sagte der Stadtrat. Reinhardt wollte seinen Bogen von den verlängerten Parkgebührenzeiten gerne weiter ausführen, wurde vom OB dabei aber mehrfach unterbrochen. Er möge doch bitte zur Tagesordnung zu sprechen, mahnte Ruf. Zur Verpackungssteuer. Diese nun einzuführen würde „weiter Ärger geben“, so Reinhardt. Es sei ein weiterer Verwaltungsaufwand für die Gastronomen, wenn sie etwa die Belege aufbewahren müssten, was diese wiederum ärgere.
12:12 bei einer ein bisschen bockigen Enthaltung
Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Gemeinderat in der sechsten Sitzungsstunde. FDP-Stadtrat Harald Sailer hatte genug gehört, beantragte den Schluss der Debatte, bekam diesen auch. Und die Abstimmung. Sie endete 12:12, obwohl 25 Stimmen abzugeben waren. Doch enthielt sich CDU-Rat Ralf Banholzer, weil er nicht mehr hatte reden dürfen (und wirkte dabei ein ganz klein bisschen bockig).
Bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt. Und um einen solchen handelte es sich bei dem bereits im Februar 2025 vorgetragenen Wunsch einer Verpackungssteuer in Rottweil. Viele Arbeitsstunden in der Rottweiler Kämmerei ein paar Facebook- und Insta-Postings später ist das Ding vom Tisch.